Mit einer feinen Sprache, die ihrer ganz eigenen Melodie folgt, hat Amélie Nothombs "Klopf an dein Herz" begonnen, um sich darauffolgend als bissiger, cleverer und alles andere als braver Lesesnack zu enttarnen. Meisterlich gelingt es ihr ein messerscharfes Psychogramm über Mutterschaft als Wendepunkt, krankhafte Eifersucht und die Liebe mitsamt ihrer Ausprägungen zu zeichnen, das aufwühlt.
Konträr zur zärtlichen Eleganz ihrer Sprache stechen die fauligen Abgründe der menschlichen Seele zwischen übersteigerter Selbstliebe, giftigem Neid auf die eigene Tochter und grenzenlosem Narzissmus hervor. Amélie Nothomb benötigt gerade einmal 151 Seiten, um eine große Bandbreite an Emotionen in ungeahnter Intensität durchleben zu lassen. Auf traurige Einsamkeit folgt brennende Wut, angefacht durch die Gegensätzlichkeit der erdrückenden oder gar fehlenden Mutterliebe, begleitet von schier unendlicher Bewunderung für dieses kluge, weise Mädchen, das trotzdem ihren Weg geht und mit ihrem großen Herzen gleichzeitig niederträchtige Menschen anzuziehen scheint.
Abgeleitet von Alfred de Mussets Aussage "Klopf an dein Herz, denn dort sitzt das Genie" seziert Amélie Nothomb den pulsierenden Kern unserer Existenz, indem sie die eigene Rhythmik des Lebens, das ab und zu aus dem Takt geraten kann, psychologisch raffiniert wie anwidernd abstoßend in eine charmante wie scharfzüngige Erzählung verpackt.