Wie im richtigen Leben ...
Darum geht's:Er nennt sich selbst Ten, weil er es schaffen will, im Laufe der Zeit zehn Menschen zu ermorden und damit durchzukommen. Die Mordkommission hat bisher nicht einmal alle Todesfälle als Morde identifiziert und bei denen, die ganz klar Gewaltverbrechen sind, fehlt jede Spur zum Täter. Einzig der Journalist Niessen hat eine Idee, doch er findet damit nirgends Gehör. So fand ich's:Die Schlägerei, in die Ten verwickelt wird, endet für sein Gegenüber tödlich und Ten entdeckt unerwartet, dass ihm das einen enormen Kick einbringt. Er will diesen Rausch wieder erleben. Er will wieder morden. Wir verfolgen aus der Perspektive des Täters, wie es dazu kommt, dass er immer wieder tötet und ich konnte erstaunlich gut nachvollziehen, was ihn treibt und wie er seine Mordmethoden verfeinert. Ein Sympathieträger ist er nicht, aber sein Charakter ist in sich schlüssig, interessant und nachvollziehbar und ich kann mir gut vorstellen, dass die Gedankengänge im Kopf eines Serienmörders auch genau so ablaufen. Neben dem Journalisten Niessen ist auch Kommissar Kanther von der Mordkommission mit einigen der ungeklärten Mordfälle befasst. Er ist zunehmend genervt von Niessen, der immer wieder mit seiner Theorie ankommt, dass der Täter ein Polizist sein muss. Davon will Kanther nichts hören, im Gegenteil, er verdächtigt seinerseits Niessen, selbst der Täter zu sein. Auch diese beiden sind keine Figuren, mit denen man sich gerne identifizieren möchte, doch sie sind total aus dem Leben gegriffen und keine Superhelden und deswegen mochte ich sie, mit all ihren Unzulänglichkeiten und Macken. Der Autor Andy Neumann verfügt über Insiderwissen, was den polizeilichen Alltag angeht, denn er ist BKA-Beamter. Er hat einen gefälligen, leicht lesbaren Schreibstil, doch für meinen Geschmack war die Erzählung etwas zu ruhig und hätte eine dicke Portion mehr Spannung vertragen können. Ich wurde nicht komplett in die Geschichte mitgerissen, sondern hätte das Buch die meiste Zeit über auch gut mal pausieren können, um dann ohne Hast weiterzulesen. Ich hatte recht früh eine Vermutung für die Auflösung und tatsächlich kam es auch so, was mich selbst ein wenig überraschte. Denn meistens tappe ich in jede Falle und lasse mich täuschen. Am Ende ist die Mordserie aufgeklärt, aber einen ordentlichen Cliffhänger gibt es doch, was sehr für eine Fortsetzung spricht. Auch wenn mir dieser erste Band besonders in der ersten Hälfte etwas zu langatmig war, würde ich sehr gerne erfahren, wie es weiter geht. Gegen einen etwas knackigeren, flotteren zweiten Band hätte ich überhaupt nichts einzuwenden!