Der Krimi "Inselgeister" von Autor Bent Ohle spielt auf Amrum und erscheint im Emons Verlag.
Die Ruhe und Einsamkeit während des Corona Lockdowns auf Amrum ist beendet, die erste Fähre des Tages erreicht mit Touristen die Insel. Auch Inselpolizist Nils Petersen ist bei der Ankunft der Fähre dabei. Doch die Freude über das neue Aufleben des Tourismus währt nicht lang, denn an Bord befindet sich ein Toter, wie sich herausstellt, wurde er vergiftet. Als wenig später auch noch ein Mann von einem scheinbar harmlosen Inselgast entführt wird, gibt es für Nils reichlich Arbeit. Er bekommt Unterstützung von Oberkommissar Hagen aus Niebüll. Die Ermittlungen führen in die deutsch-deutsche Vergangenheit und Nils Petersen kommt einem längst vergessen geglaubten Verbrechen auf die Spur.
Der Tote auf der Fähre stellt sich als Mordfall heraus und wird von Oberkommissar Hagen untersucht, der auf die Mithilfe von Nils Petersen angewiesen ist, der als Ortskundiger die Befragung der vielen Gäste an Bord der Fähre übernimmt. Seine Tochter Anna unterstützt ihn mit Internetrecherchen.
Als auf der Insel noch eine Entführung gemeldet wird, hat Nils Petersen alle Hände voll zu tun. Nach und nach kristallisieren sich Verbindungen zu dunklen Stasi-Machenschaften heraus. Der Krimi wird auf zwei Handlungsebenen erzählt, der Mord und die Entführung spielen in der Gegenwart, haben aber ihren Ursprung in der Vergangenheit, als ein junger Mann bei einem Sportwettkampf seine Flucht aus der DDR wagt.
Beim Lesen dieser Rückblenden lief es mir kalt den Rücken runter, denn die brutale Art und Denkweise der Stasi-Mitarbeiter ist mir aus Erzählungen von Verwandten bekannt. Diese unmenschliche Systemtreue hat den DDR-Bürgern nicht nur das Leben schwer gemacht, sondern auch vielen Flüchtenden das Leben gekostet. Besonders schlimm ist vor allem die Tatsache, dass diese Funktionäre auch nach der Wende weiterhin ihr Schäflein im Trockenen hatten und ohne Aufarbeitung ihrer Vergangenheit bestimmte politische Positionen innehatten.
Bent Ohles Erzählstil ist flüssig, situationsbeschreibend und gut zu lesen, die Spannungskurve hält sich auf einem relativ hohen Level und steigt am Ende noch einmal an. Mir gefallen besonders die realistisch beschriebenen Stimmungen, die während der Flucht und bei der Entführung meine Sinne absolut gefesselt haben.
Bei der Ausarbeitung der Charaktere hat der Autor sein ganzes Können gezeigt und führt seinen Lesern vor Augen, wie hier die Grenze zwischen Recht und Unrecht verschwimmt und alte Schuld die späte Rache einfordert. Die tragischen Schicksale sind aus der Sicht der Veranlasser schnell vergessen, aber nicht bei den Leidtragenden früherer Verbrechen.
Absolut spannend wird hier eine Fluchtgeschichte zu DDR-Zeiten mit ihren düsteren Folgen erzählt.
Bei diesem Krimi baut sich die Spannung schon am Anfang durch den Toten auf und wird durch die Entführung und die Fluchtgeschichte immer weiter angehoben, weil man diese hautnah miterlebt. Ein absolut interessanter Fall, der sich mit der Stasi Vergangenheit auseinander setzt und spannende Lektüre auf zwei Handlungsebenen bietet. Eine frühere Flucht aus der DDR wird zum Dreh- und Angelpunkt für gegenwärtige Taten und das macht die besondere Tiefe dieses Krimis aus.
Mein neues Krimi-Highlight, weil hier Schuld und Rache und eine spannende Ermittung den Blick in die deutsch-deutsche Vergangenheit lenken. Absolut fesselnd und tiefer gehend als so mancher andere Krimi!