Der 15-jährige Óscar besucht ein Internat in Barcelona. In seiner Freizeit unternimmt er immer wieder Streifzüge in die Umgebung und begegnet so, mit einigen mystischen Wirren, Marina und ihrem kranken Vater Germán. Es entwickelt sich eine Freundschaft; nach und nach werden die Beiden für Óscar eine zweite Familie und Marina seine beste Vertraute. Gemeinsam geraten Oscar und Marina dank jugendlicher Neugier auf die Spur der geheimnisvollen, rätselhaften Geschichte des berühmten Liebespaares Michael Kolwenik und Ewa Irinowa. Bald stecken sie unabwendbar in einem grauenvollen Abenteuer, dass sie das Leben kosten könnte. Und immer wieder begegnen sie dem schwarzen Schmetterling!Dieses Buch ist eine der düstersten, furchteinflößendsten Horrorgeschichten und gleichzeitig die faszinierendste Liebesgeschichte. Ganz zart und sanft entsteht aus enger Freundschaft ein kleines Pflänzchen Liebe zwischen Óscar und Marina. Nicht nur die unheimlichen Abenteuer, sondern auch das Mysteriöse um Marina und ihren Vater geben diesem Buch wieder den ganz typischen, unvergleichlichen und leicht melancholischen Charme der Zafón ausmacht.Carlos Ruis Zafón ist ein Sprachjongleur, der mit reichstem Vokabular den Leser begeistern kann. Grauenvollste Charaktere kann er genauso gut zeichnen wie liebenswerte; mit seiner Kunst haucht er ihnen spürbares Leben ein. Seine außergewöhnliche Phantasie lässt Handlungsorte und Szenarien entstehen, die so überwältigend und packend beschrieben sind, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann. Man ist von all den Eindrücken magisch verzaubert.Darüber hinaus verarbeitet der Schriftsteller in diesem Roman alles, was in den Schauerromanen des neunzehnten Jahrhunderts Rang und Namen hatte: Faust- und Golem-Sagen, siamesische Zwillinge und deutsche Schäferhunde, Grabschänder und Leichenräuber, lebende Marionetten, untote Kreaturen und gotische Wasserspeier, "Der Graf von Monte Cristo" und E. T. A. Hoffmanns "Sandmann", die mad scientists und verrückten Millionäre Jules Vernes und Villiers de L'Isle-Adams "Künftige Eva". Selbst Kafka bekommt seinen Platz in dieser bunten Vielfalt, wenn auch nur als viel zu intelligenter Kater der Protagonistin. Ewa, die russische Sängerin, ist das wiedergeborene Phantom der Oper: Seit ihr Ziehvater durch ein Säureattentat ihre Schönheit und Stimme zerstörte, spukt sie unerlöst durch das Gran Teatro Real. Ihr Wohltäter ist ein Doktor Frankenstein, der in Prag aus der Kanalisation kroch und in Barcelona mit der Erfindung genialer Prothesen unermesslich reich wurde; seine Tochter heißt Maria Shelley.Das was die deutsche Übersetzung teils an Feinheiten vermissen lässt, durch einige recht seltsame Übersetzungen, brilliert im spanischen Original um so heller: Zafóns Sprache. Übertrieben, bildgewaltig und poetisch verleiht er Allem trotzdem einen zarten, sensiblen Zauber und eine gruselige Faszination.Mein Fazit: Kein wirkliches Jugendbuch mehr, aber noch nicht so umfangreich und detailliert wie seine folgenden Werke, brilliert Zafón trotzdem wieder durch seine Sprache und ideenreiche Verknüpfungen. Erstmalig erzählt er explizit die Geschichte in der Geschichte und fesselt den Leser dadurch um so mehr. Sprachlich ist das spanische Werk für mich ein Genuss gewesen, den ich so im Deutschen nicht ganz so ausgeprägt hatte und ich kann nur jedem der noch vor den etwas umfangreicheren Werken Zafóns zurückschreckt, Marina auch als Einstieg absolut ans Herz legen.