"Wie konnte das Ganze nur so aus dem Ruder laufen?" - das fragen sich alle Beteiligten in Eva Ehleys Sylt Krimi "Böser Abschied". Und auch die Leserschaft steht vor der Frage, wieso der Junggesellenabschied am Hörnumer Strand mit einem Toten endet und wieso Oberkommissar Sven Winterberg, der bei der Feier seine Waffe dabeihatte, spurlos verschwindet. Die meisten Beteiligten leiden an alkoholbedingtem Gedächtnisverlust und Kommissarin Silja Blanck und ihr Team haben in ihrem neun Fall mit den Ermittlungen alle Hände voll zu tun.Aber von vorn."Oberkommissar Sven Winterberg hat die ganze Zeit gewusst, dass es ein Fehler war." - aber wie groß der Fehler war, stellt er erst spät fest. Zu spät. Er sitzt mit acht ehemaligen Klassenkameraden am Hörnumer Strand, trinkt zu viel, raucht und stellt fest, dass er die anderen Teilnehmer des Junggesellenabschieds schon zu Schulzeiten nicht leiden konnte und dass sich daran auch die ganzen Jahre nach dem Abitur nichts geändert hat. Beim Aufeinandertreffen von Malte (dem zukünftigen Bräutigam), Jan-Hendrik, Holger, Paul, Guido, Flo, Fabi und Mahmut ist es wie bei den üblichen Klassentreffen: Und du? Verheiratet? Kinder? Mein Haus, mein Boot, mein Auto. Bei diesem Treffen kurz vor Maltes Hochzeit sind aber auch noch große Mengen Alkohol im Spiel. Als Sven um Mitternacht "einen ordentlichen Salut auf unseren Bräutigam" schießt, sind die Anwohner in Strandnähe nicht besonders erbaut. Sie hatten sich auch schon wegen des Lärms bei der Polizei beschwert. Am nächsten Morgen wird ein Toter in den Dünen gefunden, der mit der Feier überhaupt nichts zu tun hatte, sondern sich zu einem Schäferstündchen mit einer Frau getroffen hat. Hat Sven wirklich einen Menschen auf dem Gewissen?Das Buch ist für mich fast überladen mit den vielen Charakteren, Zeugenaussagen, Gedächtnislücken, den Fragen nach "wer mit wem?" und den vielen (auch überraschenden) Querverbindungen aus Vergangenheit und Gegenwart. Alles in allem habe ich ziemlich lang gebraucht, um in die Geschichte zu finden, was vielleicht auch daran liegt, dass es mein erstes Buch der Autorin war. Hat man sich aber einmal in den Krimi heineingefuchst und es geschafft, die jeweiligen Personen auseinanderzuhalten, dazu aber im Hinterkopf behalten, wer zu wem gehört - dann ist das Buch wirklich spannend.Die Charaktere sind gut beschrieben, die Landschaft noch besser und der Plot ist kompliziert, aber clever konzipiert. Die neun Teilnehmer am Junggesellenabschied, die Rivalitäten, der viele Alkohol, die umfassenden Gedächtnislücken - alles beinhaltet auch eine gewissen psychologische Komponente, die dem Buch ein gewisses Etwas gibt. Sprachlich ist das Buch gut geschrieben und leicht zu lesen. Der kurze Zeitrahmen von etwa 48 Stunden, in dem sich die Handlung abspielt, gibt dem Ganzen noch etwas mehr Tempo (die Geschichte beginnt am Samstag, 21. Juni um 23.34 Uhr und endet mit der Lösung des Falls am Montag, 23. Juni um 23.51 Uhr). Damit ist der Spannungsbogen verhältnismäßig hoch, dazu gibt es eingeschobene kurze Kapitel mit innerem Monolog eines unbekannten Menschen, der um sein Leben kämpft.Nachdem ich mich am Anfang mit dem Buch sehr schwergetan habe, bin ich froh, dass ich es nicht beiseitegelegt habe. Es war unterhaltsam und spannend und die Charaktere haben mir so gut gefallen, dass ich gerne noch weitere Teile der Serie lesen möchte. Von mir daher fünf Sterne.