Am Anfang dachte ich: was für ein großartiger Krimi! Eine Frau wurde erschossen, ein Polizist dabei verletzt und einer außergewöhnlichen Ermittlerin mit großen Problemen, die 'Lieblingssyrerin' eines Kollegen, Fariza Nasri, halbe Bayerin, gelingt es unter Missachtung dienstlicher Vorschriften, Licht in den Fall zu bringen. Gut und spannend beschrieben.Doch dann reißt dieser Handlungsfaden ab und ich vermisste Fariza. Plötzlich sind wir in Syrien, mitten im Bombenkrieg, ohne Zweifel gut und eindringlich geschildert, die Flucht zweier Kinder, die später mit ihrem Vater als Asylsuchende in München auftauchen, aber so ohne Zusammenhang mit dem bisherigen.Und so geht das weiter: außer Fariza nehmen wir detailliert an der Gedankenwelt und den Problemen dreier anderer Ermittler oder ehemaliger Kriminalbeamter teil, darunter der wohl bekannteste 'Held' des Autors, der schweigsame Tabor Süden, jetzt Detektiv, der sich mehr schlecht als recht durchs Leben schlägt. Das war mir - zusammen mit den anderen vorkommenden Personen - zu viel an kaputten gestörten Menschen.Dennoch hat mir die psychologisch ausgefeilte Charakterisierung der Personen gut gefallen. Kein Zweifel, Friedrich Ani kann schreiben. Aber leider fand ich den Plot verwirrend. Es war von allem zu viel. Zu den vielen kaputten Leben gesellte sich viel Gesellschaftskritik, was ich eigentlich sehr schätze, aber nicht in diesem Übermaß und dann wieder fallen gelassen. Die Handlung wurde zunehmend verworrener und es erforderte ganz schön viel Aufmerksamkeit und Konzentration, die vielen Personen und Handlungsstränge im Kopf zu behalten. Alles hat mit allem zu tun und fügt sich irgendwann zusammen.Allzu detaillierte Szenen, z.B. Vernehmungsgespräche, wechselten mit gerafften Berichten über vergangene Vorkommnisse. So fragt sich der Leser z.B., was es mit Farizas Problemen auf sich hat, die mehrfach angedeutet werden. Es kommt mir so vor, als ob der Autor irgendwann feststellte: oh, so viele Seiten schon, ich muss zum Ende kommen, aber dem Leser noch schnell erklären, was da mit Fariza los war. Und einige Handlungsstränge müssen noch zum Ende kommen... Das führt dann leicht zu unglaubwürdigen Vorfällen zum Schluss.Kurz und gut: meine anfängliche Begeisterung für diesen Krimi - oder sollte man es eher als Gesellschaftsroman bezeichnen - schwand immer mehr. Ich war sogar versucht, nur zwei Punkte zu geben, aber das würde dem sprachlichen Vermögen des Autors und seinen Charakterstudien nicht gerecht.