Isaiah Quintabe, der geniale Privatdetektiv ohne Lizenz, der meistens für die einfachen Leute in Long Beach, L. A. , Probleme löst, stößt auf das Wrack des Autos, mit dem vor Jahren sein Bruder Marcus getötet worden war Schnell ist ihm klar: Es war kein Unfall, sondern Mord. Gleichzeitig meldet sich die damalige Freundin seines Bruders - ihre Halbschwester in Las Vegas steckt in Schwierigkeiten. Hoffnungslos spielsüchtig hatte die mit ihrem Freund versucht, die 14K-Triade zu erpressen. IQ und sein Sidekick Dodson machen sich auf nach Las Vegas, um die Situation zu entschärfen. Gleichzeitig regt sich der Verdacht, dass IQs toter Bruder Marcus vielleicht doch kein Heiliger war und Verbindungen zu dem ruandischen Gangster Seb Habimana hatte. IQ muss an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfen, denn zudem haben sich noch ein übler Kredithai und die Locos Surenos 13, eine mächtige Gang, an seine Fersen geheftet. Schwerstarbeit für IQ und Dodson, die zur Hochform auflaufen. Und im Hintergrund lauert ein düstrer Feind . . .
Besprechung vom 06.08.2018
Mord in Berlin, Las Vegas und Montevideo
Krimis in Kürze: Joe Ide, Lutz Wilhelm Kellerhoff und Mercedes Rosende
Es ist nicht leicht, ein Privatdetektiv zu sein. Im wirklichen Leben nicht, und erst recht nicht in der Literatur, wenn man den Job ernst nimmt. Zu viele Vorbilder und Archetypen, zu viele Epigonen und Karikaturen hat das Subgenre schon verkraften müssen. Insofern war es mutig von Joe Ide, als er in seinem ersten Buch "I.Q." vor zwei Jahren einen jungen Mann namens Isaiah Quintabe in die Welt setzte, einen afroamerikanischen Ermittler in Long Beach, der eher wie ein freundlicher Sozialarbeiter in seinem Kiez Probleme löst - wenn zum Beispiel ein schwer erziehbarer Schüler die Mitglieder der Naturwissenschaften-AG tyrannisiert.
Pittoresk oder harmlos geht es deswegen aber nicht zu, und das erkennt man auch bei IQs zweitem Auftritt in "Stille Feinde" (Suhrkamp, 399 S., br., 14,95 [Euro]) schnell. Er muss Prügel einstecken von der Gang der Locos Surenos, und er bekommt einen Auftrag, von dem er selber ahnt, dass der mindestens zwei Nummern zu groß für ihn ist. Er nimmt ihn an, weil die schöne Sarita ihn bittet, die Freundin seines vor Jahren bei einem Unfall verstorbenen Bruders. Mit seinem Sidekick Dodson muss er nach Las Vegas, wo chinesische Triaden lauern und ein beinharter Geldverleiher.
Der Reiz dieser Konstellation ist zugleich auch ihr Problem. Die ab und zu blutige Komik, die aus dem drastischen Missverhältnis zwischen der Spurbreite des Detektivs und dem Aktionsradius der Verbrecher entsteht, führt am Ende dazu, dass Isaiah deutlich mehr Heldentaten vollbringen muss, als der Glaubwürdigkeit der Figur guttut, nur damit der Plot nicht auseinanderfliegt.
Autorenkollektive waren zu der Zeit, in der der Roman "Die Tote im Wannsee" (Ullstein, 384 S., br., 16.- [Euro]; erscheint am Freitag dieser Woche) spielt, sehr beliebt, um den kleinbürgerlichen Individualismus zu überwinden und der Revolution zum Sieg zu verhelfen. Und sei es auch nur in Westberlin. Das hat nun das Kollektiv Lutz Wilhelm Kellerhoff nicht vor, zu dem sich die Journalisten Martin Lutz und Sven Felix Kellerhoff sowie der Drehbuchautor Uwe Wilhelm zusammengeschlossen haben. Ihr Plot setzt ein im Herbst 1968, kurz vor der sogenannten Schlacht am Tegeler Weg, einem Wendepunkt in der Geschichte der Studentenbewegung, an dem Pflastersteine flogen und hinterher die Gewaltdebatte heftig aufflammte.
Die Autorentroika macht nicht den Fehler, sich zu tief hinein in das studentische Milieu zu begeben und Achtundsechziger-Folklore zu produzieren. Der Mordfall ist das Zentrum, die Tote hat in der Kanzlei von Horst Mahler gearbeitet. Der junge Kommissar Heller hat zwar keine Sympathien für die APO, höchstens für eine junge Kommunardin, aber er hat einen Vater mit Nazivergangenheit und vor allem ältere Kollegen, die in die Kategorie "Hitlers willige Vollstrecker" fallen. Der Staatsschutz und Stasi-Spitzel spielen auch mit, wobei das Buch von der späten Erkenntnis profitiert, dass Karl-Heinz Kurras, der Mörder Benno Ohnesorgs, für die Stasi tätig war.
"Die Tote im Wannsee" ist nicht nur gut recherchiert, sondern mit Gespür für Timing erzählt. Es entsteht dabei ein lebendiger Querschnitt durch verschiedene Westberliner Milieus, der auch zeigt, wie sehr gerade hier Nazizeit, Nachkriegsschweigen und Wirtschaftswunderjahre einander noch überlagerten. Liebevoll und genau plaziert das Buch auch typische kleine Requisiten wie den Wackel-Dackel, Bluna und Toast Hawaii. Nur mit der Behauptung, dass man 1968 mit der U-Bahn-Linie 7 direkt von Charlottenburg zum Mehringdamm fahren konnte, ist der Roman seiner Zeit fast zehn Jahre voraus.
Man muss kein Lateinamerika-Kenner sein, um zu wissen, dass es mehr international anerkannte Fußballer aus Uruguay gibt als Schriftsteller. Umso neugieriger wird man dann, wenn ein Krimi aus dem Land auftaucht, in dem weniger Menschen leben als in Berlin. Mercedes Rosendes "Krokodilstränen" (Unionsverlag, 224 S., geb., 18.- [Euro]) erzählt eine Geschichte von Verlierern, brutalen Gaunern, einem zwielichtigen Anwalt und dem spektakulären Überfall auf einen Geldtransporter, bei dem so ziemlich alles anders läuft als geplant. Eine eher müde Kommissarin mit dem schönen Namen Leonilda Lima geht der Sache nach, und es gibt zwei Frauen, die beide Úrsula López heißen, was dem Plot seinen ganz besonderen Twist gibt.
Die sechzigjährige Rosende, eine gelernte Juristin, hat eine angenehm lakonische Art, die gutgeölte Mechanik eines Plots ist ihr weniger wichtig als die Eigenarten ihrer Figuren, sie wechselt spielerisch Tempo, Tonlagen und Erzählperspektiven, ohne dass das je manieriert wirkte. Und wie nebenbei lässt sie den Schauplatz anschaulich werden - die kleine, schäbige, verwinkelte Welt der Altstadt von Montevideo. Von dieser Erzählerin läse man gerne mehr.
PETER KÖRTE
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