Shakespeares Stücke sind Schauplätze der Hoffnungen und maßlosen Wünsche und der Verzweiflung und des Hasses. In seinen Frauenfiguren und in den sich um sie entwickelnden Handlungen wird die Szene zum überzeitlichen und immer gültigen Beweis von der paradoxalen Verfasstheit der Welt.
Die sterbliche Wahrheit des prosaischen Lebens begegnet in diesem Großgemälde der Frauenwelt Shakespeares eher am Rande. Sie hat in Shakespeares dichterischem Kosmos nur einen kleinen Auftritt. Sein Leben bleibt uns bis heute verschlossen. Sein Werk aber leuchtet hell und durchleuchtet in den Charakteren seiner Mädchen und Frauen, die in seinen Stücken auftreten, die Welt und zeigt ihre gebrechliche Verfassung. Heinrich Heine hat versucht, das "weltliche Evangelium, wie man die Shakespeareschen Dramen nennen möchte", mit Blick auf ihre holde und unholde Weiblichkeit zu durchleuchten. Es geriet ihm eher zum unbedeutenden Nebenwerk. Dagegen macht diese Arbeit eine große Rechnung im Namen seiner Frauengestalten auf: Sie sind den Männern in der Liebe wunderbarerweise fast immer überlegen, leider auch im Hass und in der Niedertracht. Die ausdeutende Kontrafaktur des Autors schafft, gespeist von großer Theatererfahrung, Einblicke in die Werkstatt des größten Dramatikers der Weltliteratur.