Wenn mir eines nach nun fünf gelesenen Büchern von Lisa Jackson klar ist, dann das es einige Gemeinsamkeiten zwischen den Büchern gibt. Nicht nur, dass der Täter stets tief religiöse Ansichten hat und nach seiner persönlichen Rache lechzt, dabei selbst gedanklich in Sünde versinkt, sondern auch einen ganz bestimmten Ort in New Orleans - genau richtig für einen Thriller: das Our Lady of Virtues, eine längst geschlossene psychatrische Anstalt, die abbruchreif ist und trotzdem weiterhin seinen Schrecken verbreitet. So viele düstere, unglaubliche und geheimnisvolle Geschichten triefen noch zwischen diesen verschimmelten Wänden und besonders der Name einer Patientin - Faith Chastain - taucht immer wieder auf. Und auch wenn ich diesen Band bereits einmal gelesen und rezensiert habe, bevor ich die ersten beiden Bücher der Reihe kannte, bin ich froh darüber, dass man nichts verpasst, wenn man mit - wie ich - mit Band drei "Shiver" begonnen hat. Natürlich ist es schöner alle Seiten zu kennen, aber Jackson schreibt es so selbstverständlich, dass es nicht unbedingt nötig ist die ganze Reihe zu kennen. Allerdings ist nach der letzten Seite klar, dass die Geschichte rund um Detective Rick Bentz und Detective Reuben Montoya noch nicht beendet ist. Ehrlich gesagt hatte ich nach "Shiver" ein wenig Angst erneut in den Strudel des Bekannten zu geraten. Ein Thriller muss schocken, überraschen, darf nicht so offensichtlich sein. Leider setzt die Autorin nicht nur gemeinsame Charaktereigenschaften zwischen den Detectives ein und gibt ihnen fast ähnliche Liebesgeschichten, sondern zeigt den Täter jeden Buches auf die exakt gleiche Weise: fanatisch religiös, auf Rache sinnend, immer nach der weiblichen Hauptfigur lechzend und sich selbst für seine sexuellen Fantasien verachtend. Wenn man bereits ein paar Bücher der Rache Reihe kennt, werden weitere Handlungen und wie sich Charaktere verhalten, etwas zu vorhersehbar, was den Spaß am lesen deutlich einschränkt.Zum Glück war es mit "Cry" deutlich anders. Ok, nicht alles, aber schon zu Beginn des Buches ist die Athmosphäre eine ganz andere und zeigt dem Leser neue Perspektiven in die Geschichte einzutauchen.Schnell scheint festzustehen, dass Eve Renners Verlobter Cole Dennis sie erschießen wollte. Nach einem Streit, in dem es darum ging, dass Eves alter Jugendfreund Roy Kajak sie mitten in der Nacht in eine abgelegene Hütte im Sumpf bestellt, weil er Beweise hätte, zögert sie nicht sich sofort auf den Weg zu machen. Sie belügt Cole um den wahren Grund von Roys Anruf. Als sie in der Hütte ankommt, findet sie Roy tot vor, mit durchgeschnittener Kehle. Noch während sie den Notruf wählen will, sieht sie im Spiegel ein vertrautes Gesicht mit einer Waffe, die direkt auf sie schießt.Wo bliebe aber der Nervenkitzel, wenn es so einfach wäre? Nein, es ist alles andere als einfach, denn während Cole als ehemaliger Strafverteidiger noch härter von der Polizei unter die Lupe genommen wird und Eves Zeugenaussage durch ihre schwere Kopfverletzung zu Gedächtnislücken führt, erfährt der Leser wie sehr es den Täter quält, dass seine Eve ihm diesmal entkommen ist. Im Grunde erzählt "Cry" also zwei Geschichten, die ineinander fließen. Jackson hat mich diesmal wirklich dran gekriegt. Ich habe erschrocken die Augen aufgerissen, einige Zeilen erneut gelesen, weil ich nicht glauben wollte, was ich da gerade erfahren habe und gerade wenn ich dachte es verstanden zu haben, gab es eine neue Wendung, die noch unglaublicher war. "Cry" bietet einfach alles: Vertrautheit zu bekannten Charakteren - Bentz, Montoya, sogar Bentz' Tochter Kristi - die ebenfalls neue Dinge erfahren, die sie mit diesem Fall in einen ganz speziellen Zusammenhang bringen, weitere Geheimnisse aus der Our Lady of Virtues, ein familiäreres Lesegefühl durch wiederkehrende Charaktere wie Abby Chastain, die nun mit Montoya verlobt ist. Manche Charaktere mag man, andere machen es einem schwer sie zu mögen und zu Kristi Bentz habe ich ein ganz schwieriges Verhältnis: Sie ist stur, aber auch tough, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, sind ihr die Konsequenzen völlig egal und auch nach ihren bisherigen traumatischen Erfahrungen verstehe ich nicht, wieso sie so ist wie sie ist.Dieses Buch zu lesen war ein einziger Nervenkitzel und auch wenn ich manchmal leicht die Augen verdreht habe, weil Charakter A mal wieder nicht von Charakter B angezogen werden will, ja sogar wütend darüber wird, es zu Streit kommt und plötzlich die sexuelle Spannung gewinnt und alles vergessen zu sein scheint, konnte ich es in einem Ruck mit wenig Pausen lesen. Nichts war wirklich offensichtlich, auch wenn man merkt, dass Jackson ihre Charaktere gerne auf ähnliche Weise agieren lässt. Für mich ist "Cry" ein Lesevergnügen gewesen, dass man auch lesen kann, wenn man die anderen Bücher nicht kennt. Fazit:Das vierte Rache Buch der New Orleans Reihe konnte mich diesmal mit einigen Wendungen wirklich überraschen. Es gibt Betrug, verletzte Gefühle, Unsicherheit darüber, wem man vertrauen kann, alte Familiengeheimnisse und nicht zuletzt ein spannendes Finish für den Mörder. Die Verbindungen zur psychatrischen Anstalt bieten genug dunkle Ecken für Geheimnisse und Grausamkeiten, die nur Stück für Stück ans Licht kommen, bis sich die Ereignisse am Ende wieder überschlagen und auf wenigen Seiten alles abgehandelt wird. Das war schon etwas schade, denn das Ende ist so abrupt und erklärt eigentlich nur, dass die Geschichte für Bentz noch nicht zu Ende ist. Gerne hätte ich - wie auch schon in den Büchern davor - mehr darüber erfahren, wie das Trauma verarbeitet wird."Cry" ist ein spannender Thriller, den man als Fan dieses Genres unbedingt lesen muss.