Der Roman erschien 1998 unter dem Originaltitel "Elogio de la madrastra". Doña Lukrezia ist gerade vierzig Jahre alt geworden, sie ist glücklich verheiratet mit Don Rigoberto. Beide lieben sich sehr, was sich auch in einem ausgefüllten Sexualleben zeigt. Don Rigoberto könnte man als Körperpflegefetischist bezeichnen. Besonders glücklich macht Doña Lukrezia jedoch ihr Verhältnis zu ihrem Stiefsohn, dem ca. 11-jährigen Alfonso. Doch dann bemerkt sie, dass sein Interesse an ihr weit über eine kindliche Liebe hinausgeht und ertappt sich dabei, dass sie ähnlich empfindet.Vargas Llosa ist ein Wortakrobat, der wie nur wenige versteht, mit Sprache umzugehen, mit ihr zu spielen. Ein Beispiel: "Seine Ohren waren groß und schön gezeichnet; beide, wenn auch mehr das linke, tendierten dazu, sich am oberen Ende vom Kopf zu entfernen und sich nach vorne zu krümmen, entschlossen, sämtliche Geräusche der Welt für sich allein in Beschlag zu nehmen. (Diana Tb, 02/2000, S. 41) Ein weiteres Beispiel ist, die Tätigkeiten der Körperreinigung als "einsame hygienische Exerzitien" zu bezeichnen. (ebd., S. 154) Für die treffliche Übersetzung aus dem Spanischen ins Deutsche gebührt der Übersetzerin Elke Wehr ein ausdrücklicher Dank. Diese Stärke spielt der Autor auch in diesem Roman vortrefflich aus. Es gibt wohl wenige, die eine Stuhlgangsitzung, die Reinigung der Ohren oder die Kürzung der Zehennägel so schön in Worte fassen können, dass man als Leser dabei fast Genuss verspürt. Was natürlich erst recht dann bei der Lektüre der erotischen Szenen der Fall ist.Inhaltlich macht der Roman aber leider nicht besonders viel her, ein bisschen Liebe, ein bisschen Sex wobei ein frühreifer Junge, dessen Charaktereigenschaften letztendlich offen bleiben, eine entscheidende Rolle spielt. Ich tendiere dazu, dass er als besonders raffiniert und böswillig erscheinen soll, bin mir aber nicht sicher. So gar nicht hat sich mir erschlossen, was die immer mal wieder eingestreuten Beschreibungen/Interpretationen von Bildern mit der Geschichte zu tun haben, außer dass es auch bei ihnen um Nacktheit und Sexualität geht. Mehr ist nicht. Zwei Sterne.