Lehrer*innen der Grundschule sehen sich im Anspruch der Inklusion mit der Aufgabe konfrontiert, die mit ihm verbundenen und bisweilen verborgenen Normativitäten in die Eigenlogik der Alltagspraxis zu übersetzen. Die rekonstruktive Studie fokussiert, wie diese Professionalisierungsaufgabe im (berufs-)biographischen Sprechen bearbeitet wird. Der empirische Blick richtet sich dabei auf Fragen nach der Bedeutung pädagogischer Tradierungen, nach der Neuordnung des Verhältnisses zu anderen pädagogischen Akteur*innen und nach dem Umgang mit dem Abweichenden. Schließlich stellt sich die Frage nach einem Muster, das als professionalisierte Ausdrucksform einer Alltagsmoral der Praxis der Grundschule im Anspruch der Inklusion bezeichnet werden kann.Die Reihe 'Dokumentarische Schulforschung' versammelt gegenstandsbezogene und methodisch-methodologische Auseinandersetzungen an der Schnittstelle schulischer Gegenstandsfelder und Dokumentarischer Methode.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung . 15
I Theoretische Grundlagen . 17
1 Inklusion Wandel Kontrafaktizität . 17
1. 1 Der Anspruch der Inklusion als Affirmation des Wandels . 18
1. 1. 1 Inklusion als gesellschaftlicher Wandel . 18
1. 1. 2 Inklusion als grundschulischer Wandel . 22
1. 1. 3 Inklusion als professionsbezogener Wandel . 25
1. 2 Zum Inklusionsverständnis dieser Arbeit . 28
1. 2. 1 Inklusion als Sprachspiel . 28
1. 2. 2 Die Affirmation des Wandels als Verweis auf das Kontrafaktische . 32
1. 2. 3 Die Normativität der Inklusion: Ein Sprachspiel der Kontrafaktizität . 34
2 Grundschullehrer*innenberuf Überzeugungen Professionalisierung . 35
2. 1 Allgemeine Bestimmungen zur Arbeit in der Grundschule
im Anspruch der Inklusion . 35
2. 1. 1 Die Organisation Schule im Entwicklungsanspruch der Inklusion . 36
2. 1. 2 Organisation und organisationale Milieus . 39
2. 1. 3 Der Grundschullehrer*innenberuf zwischen Erwartungslast
und Degradierung . 40
2. 1. 4 Der Anspruch der Inklusion und die Arbeit in der Grundschule . 42
2. 2 Befunde zu Überzeugungen (beliefs) von Grundschullehrer*innen . 43
2. 2. 1 Zum Stand der Forschung zu normativ konnotierten
Lehrer*innenüberzeugungen . 44
2. 2. 2 Vertiefende Perspektive 1: Axiologische Überzeugungen
von Grundschullehrer*innen im Kontext Inklusion . 48
2. 2. 3 Vertiefende Perspektive 2: Inklusionsbezogene Überzeugungen
(angehender) Grundschullehrer*innen . 52
2. 3 Professionstheoretische Bestimmungen zum
Grundschullehrer*innenhandeln . 55
2. 3. 1 Das klassische Professionen-Modell
und pädagogische Professionalität . 55
2. 3. 2 Lehrer*innenhandeln im Anspruch der Inklusion im Spiegel
etablierter Professionstheorien . 57
2. 3. 3 Traditionen der normativen Frage nach einem
professionsbezogenen Ethos . 60
2. 3. 4 Eine praxeologische Bestimmung von Professionalisierung
und Professionalität . 62
2. 4 Die Übersetzung der Normativität(en) der Inklusion in eine Alltagsmoral des Grundschullehrer*innenhandelns als Professionalisierungsaufgabe . 66
3 Praxis Normativität Erkenntnisinteresse 69
3. 1 Sozialtheoretische Verortungen . 69
3. 1. 1 Pierre Bourdieu: Ein habitualisiertes Ethos
und Praktiken des Urteilens . 71
3. 1. 2 Joseph Rouse: Normative Praktiken
und die Normativität der Praxis . 74
3. 1. 3 Entwurf einer Perspektive einer praktischen Alltagsmoral:
Zwischen Stabilität und Dynamik . 76
3. 2 Ableitung des Erkenntnisinteresses: Drei Forschungsfragen . 78
II Methoden und Methodologie . 81
1 Begriffsbestimmungen und Verortungen . 81
1. 1 Alltagsmoral` als erkenntnistheoretische Kategorie . 81
1. 2 Zum Wissen der erziehungswissenschaftlichen Biographieforschung . 84
1. 3 Zur Verortung des Erkenntnisinteresses zwischen Subjektivität
und Objektivität . 86
2 Methoden und Methodenkombination . . 88
2. 1 Das narrativ-biographische Interview . 88
2. 2 Prämissen der Praxeologischen Wissenssoziologie . 93
2. 3 Relationale Typenbildung und der Vergleich von Fallgruppen . 100
2. 4 Zur forschungspraktischen Kombination von
narrativ-biographischem Interview und dokumentarischer Methode . . . . . . 105
2. 5 Reformulierung des Erkenntnisinteresses in methodologischer Sprache . 107
2. 6 Überlegungen zur Gültigkeit der Rekonstruktionsergebnisse
und zur Forschungsethik . . 109
2. 7 Feldzugang . . 113
III Ergebnisdarstellungen . 114
1 Zur Konstruktion des Samples . 114
2 Vier Eckfälle: Kontrastierende biographische Orientierungsrahmen . 116
2. 1 Eckfall Frau Reiser . . 116
2. 1. 1 Die eigene Kindheit: ein biographischer Normalverlauf . 117
2. 1. 2 Als Werkstudentin: Schulische Hierarchie
und normative Verhaltenserwartungen . 119
2. 1. 3 Erste berufliche Erfahrungen: Inklusion
und die Praxis des Rausnehmens` . 120
2. 1. 4 In Italien: Die autoritäre Lehrerin
und identitätsbezogene Erwartungen . 121
2. 1. 5 Die A-Grundschule: Zugehörigkeit und normative Freiheit . 124
2. 1. 6 Im Unterricht: Das Vibrationsding` und der Zappelphilipp` . 126
2. 1. 7 Biographischer Orientierungsrahmen:
Zwischen Erwartungslast und Zugehörigkeit . 128
2. 2 Eckfall Frau Nolten . . 130
2. 2. 1 Die eigene Kindheit: Vom Idyll der Insel in die Stadt . 130
2. 2. 2 Im Referendariat: Stigmatisierung` und Diskriminierung` . 133
2. 2. 3 Im jahrgangsgemischten Unterricht:
Inklusion und die Individualisierungsfalle` . 135
2. 2. 4 Als stellvertretende Schulleiterin:
Inkongruenz und die praktische Klugheit der Planarbeit . 138
2. 2. 5 Die A-Grundschule: Kongruenz und die Gefahr tradierter Normen . 142
2. 2. 6 Biographischer Orientierungsrahmen:
Ausgrenzende Normen und Familiarität . 145
2. 3 Eckfall Frau Akgündüz . 147
2. 3. 1 Die eigene Kindheit: Identitätsnormen
und die Distanz zum Autochthonen . 147
2. 3. 2 Die eigene Schulzeit: Gesellschaftliche Geschlossenheit
und Praktiken des Durchboxens` . 148
2. 3. 3 Im Geschichtsunterricht: Von Osmanen` und Österreichern` . 150
2. 3. 4 Die A-Grundschule: Lehramtsquereinstieg
als biographischer Umbruch . 152
2. 3. 5 Der Fall Maxims: Von Eigenverantwortlichkeit
zu differenzierter Verantwortlichkeit . 153
2. 3. 6 Biographischer Orientierungsrahmen:
Geschlossenheit und Verantwortlichkeit . 159
2. 4 Eckfall Herr Clausens . 161
2. 4. 1 Die eigene Kindheit: Der Vater und die Außenseiter` . 161
2. 4. 2 In der Moped`-Gang: Der Genuss der Jugend . 164
2. 4. 3 Als Schulassistent im Brennpunkt`:
Inklusion als historische Veränderung . 167
2. 4. 4 Besondere pädagogische Praktiken:
Ringen und Raufen`, Kletterförderung`, Aucouturier` . 168
2. 4. 5 Die A-Grundschule: Gelebte` Inklusion und ihre Fragilität . 172
2. 4. 6 Die Kolleg*innen: Zur Identitätsnorm des erfahrenen Pädagogen . 175
2. 4. 7 Biographischer Orientierungsrahmen: Erfahrung und Souveränität . 177
3 Relationale Typenbildung: Vier Ethos-Typen . 179
3. 1 Typ: Ethos des Harmonisierens . 181
3. 1. 1 Tradiertes ausklammern (A) . 181
3. 1. 2 Aufgehen im kollektiven Wir (1) . 185
3. 1. 3 Abweichende Schüler*innen als Herausforderung
pädagogischen Handelns (I) . 189
3. 1. 4 Zusammenfassung . 192
3. 2 Typ: Ethos des Provozierens . . 193
3. 2. 1 Tradiertes als Kontrastfolie (B) . 194
3. 2. 2 Das Selbst über den anderen (2) . 197
3. 2. 3 Abweichende Schüler*innen als Bestätigung
des pädagogischen Handelns (II) . 200
3. 2. 4 Zusammenfassung . 202
3. 3 Typ: Ethos des Adaptierens . 204
3. 3. 1 Tradiertes selektiv auswählen (C) . 205
3. 3. 2 Das Selbst mit den anderen (3) . 208
3. 3. 3 Abweichende Schüler*innen als Bestätigung
des pädagogischen Handelns (II) . 212
3. 3. 4 Zusammenfassung . 215
3. 4 Typ: Ethos des Monierens . 219
3. 4. 1 Mangel an Tradiertem (D) . 219
3. 4. 2 Das Selbst über den anderen (2) . 221
3. 4. 3 Abweichende Schüler*innen als Herausforderung
des pädagogischen Handelns (I) . 224
3. 4. 4 Zusammenfassung . 227
4 Differenzierungen zur Professionalisierung der Ethos-Typen . 230
4. 1 Erste Differenzierung: Gradierender Vergleich der interaktiven Praxen . 230
4. 1. 1 Die interaktive Praxis im Ethos des Harmonisierens . 230
4. 1. 2 Die interaktive Praxis im Ethos des Provozierens . 232
4. 1. 3 Die interaktive Praxis im Ethos des Adaptierens . 233
4. 1. 4 Die interaktive Praxis im Ethos des Monierens . 235
4. 1. 5 Zusammenfassender Vergleich der interaktiven Praxen
der Ethos-Typen . 236
4. 2 Zweite Differenzierung: Zur Rekonstruktion des Prinzips
einer praktischen Diskursethik` . 239
4. 2. 1 Die inklusive` A-Grundschule und die demokratische`
B-Grundschule im deskriptiven Vergleich . 240
4. 2. 2 Zwischen der Imagination des Schulischen
und der Praxis der Organisation:
Immanente` und exmanente` Kritik . 243
4. 3 Rückbezug des Prinzips der immanenten Kritik` auf das Kernsample:
Das Ethos des Adaptierens als professionalisiertes alltagsmoralisches Milieu . 247
IV Diskussion . 252
1 Diskussion der rekonstruierten Typen als alltagsmoralische Milieus
im Anspruch der Inklusion . 252
1. 1 Das alltagsmoralische Milieu des Ethos des Harmonisierens . 254
1. 2 Das alltagsmoralische Milieu des Ethos des Provozierens . 255
1. 3 Das alltagsmoralische Milieu des Ethos des Adaptierens . 257
1. 4 Das alltagsmoralische Milieu des Ethos des Monierens . 258
2 Diskussion der in den alltagsmoralischen Milieus
eingeschriebenen Verhältnisse von Stabilität und Dynamik . . 260
2. 1 Ethos des Harmonisierens: Beharrliche Stabilität
und unberechenbare Dynamik . 260
2. 2 Ethos des Provozierens: Störanfällige Gleichzeitigkeit von Stabilität
und Dynamik . 261
2. 3 Ethos des Adaptierens: Dynamische Anpassungen
an situative Unsicherheiten und stabile Handlungssicherheit . 261
2. 4 Ethos des Monierens: Fehlende Dynamik
und bisweilen machtvolle Stabilität . 262
3 Fazit: Das Ethos des Adaptierens als professionalisierter Modus
der alltagsmoralischen Übersetzung des kontrafaktischen Sprachspiels
der Inklusion . 264
3. 1 Pädagogische Tradierungen zur Ressource werden lassen . 266
3. 2 Individuelles Wissen und Können der Kolleg*innen nutzen . 267
3. 3 Abweichendes Schüler*innenverhalten als Aufgabe annehmen . 267
4 Limitationen der Befunde . 269
5 Ausblick . 270
Literaturverzeichnis 271
Tabellen- und Abbildungsverzeichnis . 285
Transkriptionsregeln 286