Spannend, aber etwas zu gewollt. Nils entwickelt sich leider nicht. Solider Thriller.
Hauptkommissar Nils Trojan wird zu einem grausamen Mord gerufen. Das männliche Opfer wurde geknebelt, gefoltert und der Kopf im Ofen angebrannt. Für die Ermittler gibt es keine Anhaltspunkte und sie tappen im Dunkeln. Da passiert bereits der nächste Mord. Zur gleichen Zeit wird die zehnjährige Sophie entführt. Zuvor hatte sie zu ihrer Mutter etwas von einer Hexe erzählt. Trojan hat das Gefühl, dass die zwei Fälle zusammenhängen und das Ganze erinnert ihn mehr und mehr an ein bekanntes grimmsches Märchen.Rasant und spannungsreich hat der Autor einen wieder durch die Geschichte gejagt. Es gab viele Wendungen, viele Thesen, die sich aber teils wieder in Luft auflösten. Viele Perspektivwechsel und die Grausamkeiten haben einen den Atem innehalten lassen. Als ich dann bemerkt habe, um welche Thematik es geht und wie es plastisch dargestellt wurde, hat es mich doch so ekeln lassen. Manche Personen gehören einfach weggesperrt.Auch wenn das Buch spannungsreich war und mich durch die Seiten fliegen lassen hat, gibt es doch ein paar Punkte, die mich gestört haben.Zum einen waren es doch sehr viele Perspektivenwechseln - mehrmals im Kapitel und ohne Ankündigung. Man war einfach im nächsten Absatz bei einer anderen Person. Es hat mich zwar jetzt nicht so sehr verwirrt, wie es andere Rezensenten geschrieben haben, aber es hat mich schon gestört. Dadurch wirkte die Handlung teils abrupt und auch etwas abgehakt. Ich weiß nicht, ob man das anders lösen hätte können. Länger in einer Perspektive bleiben, die Szene nicht künstlich zu unterbrechen (denn es gab teils Minicliffhanger an Perspektivenenden) und auch die Frage, ob all die Perspektiven überhaupt nötig waren.Als Zweites hat mich gestört, dass die Verbindung zum Märchen "Hänsel und Gretel" ein Bisschen zu sehr gewollt und dies künstlich in die Richtung getrieben wurde. Die Geschichte hätte auch wunderbar funktioniert, wenn es nicht die Verbindung zu dem Märchen gegeben hätte. Ich meine, die Morde mit dem Ofen waren schon ungewöhnlich, aber das hatte ja einerseits auch noch einen zweiten Grund und man hätte es nicht so auf das Märchen beziehen müssen.Ich fand ja zum Beispiel auch total seltsam, dass die Ermittler überhaupt in Betracht gezogen haben, dass es ein weiblicher Täter war. Da wurden erwachsene, kräftige Männer ermordet. Es ist doch für die meisten weiblichen Personen gar nicht möglich dies so auszuführen und schon gar nicht die, die man verdächtigt hat. Ich meine, dann hätte ja das Täterbild für eine Frau darauf abzielen müssen, dass diese Kampferfahrung hat, besonders kräftig ist und damit überhaupt in der Lage ist, ihren Opfern überlegen zu sein.Ja und dann noch mein übliches Problem mit der Reihe: Nils Trojan. Ich werde mit ihm einfach nicht warm und seit Band 1 hat er keinerlei Entwicklung durchlebt. Er stürzt sich immer noch in die Arbeit, dass er eigentlich längst einen Burn-Out haben müsste. Er hat mit Panikattacken zu tun und seit er mit seiner Therapeutin zusammen ist, hat er sich keine Neue gesucht. Eigentlich hätte er mit seinem Lebensstil längst zusammenbrechen müssen. Ich weiß auch nicht, was Jana an ihm findet. Außer, dass er ständig mit Abwesenheit glänzt und nur vorbeischaut, wenn er seinem Libido befriedigen muss, eigentlich nichts Besonderes an ihm ist. Und seine Verhörmethoden mag ich immer noch nicht. Entweder er ist komplett unsensibel oder er verbindet sich zu persönlich mit seinem Gesprächspartner. Jemand anderes, der die Verhöre übernimmt, fände ich da angebrachter. Auch legt er seine Grenzen als Polizist gern mal selbst fest, als sich an die Gesetze zu halten.Es gibt dementsprechend viele Baustellen an dem Protagonisten für mich, dennoch finde ich ihn komischerweise nicht unsympathisch. Ich mag es zum Beispiel, dass er nicht so ein Stereotyp Ermittler ist - raucht, Kaffee an Mast trinkt und ungenießbar ist. Gut, dass seine Familie nicht mehr intakt ist, trifft zwar auf ihn zu, aber immerhin führt er eine Beziehung, die ja zumindest längerfristig ist.Aber mit seinen psychischen Problemen finde ich ihn für seinen Job ungeeignet, wenn er da nicht an sich arbeitet. Und da ist ja jetzt seit zwei Bänden stillstand.Fazit: Schreibtechnisch und von der Handlung her hat mich die Geschichte in ihren Bann gezogen. Es war spannend, aber es gab ein paar Sachen, die mir nicht so zugesagt haben. Zudem fehlt mir die Entwicklung von Nils. Dennoch war das für mich ein solider Thriller. 3 Sterne.