»`der Täter`, sagte Dr. Lee mit einer Heftigkeit, die sie überraschte, `ist böse.`«Weit entfernt von häscherischen Tatort-Absurditäten, bluttriefenden Details, bewegt sich Bettina Boll in erfrischender Realität der Polizeiarbeit. Boll, alleinerziehend, Halbtagskraft, nicht unbedingt ordentlich, eine Frau mitten im Leben.Diverse Kanaldeckel werden in der Pfalz immer wieder geöffnet. Nicht unweigerlich ein Fall für die Kripo. Kopf nach unten, mit dem Hintern nach oben, der guckte noch heraus, 130-150 kg, eine weibliche Leiche steckt kopfüber im Abwasserkanal. Bettina Boll ermittelt. Zusammen mit Kollegen hat sie die undankbare Aufgabe, sämtliche Kanaldeckel zu inspizieren, zu prüfen, ob nicht weitere Leichen versteckt sind. Gerade hatte sie ein Winzigkeit Luft in ihrem Leben, Sommerferien, die Kinder waren im Zeltlager. Gullydeckel, Befragung von Anwohnern, eine weitere Leiche wird gefunden. Bettina wird in eine Soko abkommandiert. Tante Elfriede wird ins Krankenhaus abtransportiert. Boll ist die einzige Verwandte und sie hat kein gutes Verhältnis zur Tante. Elfriede lebt allein, ein wenig verwahrlost. Nun muss ein Pflegeheim organisiert werden. Die Kinder kommen bald zurück. Der Chef macht Druck im Ermittlerteam, wie soll man alles unter einen Hut bekommen? Nessa, die Kollegin von Bettina, nicht unbedingt ihre beste Freundin, funkelt Bettina an. Denn Ackermann hat mit Nessa Schluss gemacht. Die ahnt, es bahnt sich etwas mit Bettina an. Wie reagieren die Kinder von Ackermann und Bettina auf eine Beziehung? Als wenn die Arbeit nicht genug Stress mit sich bringt, steckt Boll mit ihren privaten Gefühlen in Turbulenzen, lässt sie kaum Luft holen.Polizeiarbeit ist ein Zusammenspiel eines Teams, Puzzlearbeit, Morgenbesprechung, Leitstelle. Jeder Polizist führt einen kleinen PC oder ein Tablett dabei, gibt unverzüglich seine Informationen weiter, die Zentrale sortiert, jeder hat Einblick in den Verlauf. Kriminalkommissarin Bettina Boll begibt sich einmal mit jenem, dann mit einem anderen Kollegen auf Recherchearbeit, auch fährt sie mal allein in ihrem zugemüllten Ford Taunus zu einer Befragung. Übergewichtige, Magersüchtige, eine Diätgruppe, skurrile Typen, Hausfrauen, wer mauert, wer lügt? Die Ermittlung erscheint kompliziert. Kann Bettinas Kollege Radduz, der chaotische Computernerd, Licht ins Dunkel bringen?Essstörungen sind das Leitthema dieses Krimis. Nebenbei erfährt der Leser einiges aus der Szene. Monika Geier beschreibt unaufgeregt Polizeiarbeit, wie sie in der Realität aussieht. Unmengen von Einzelinformationen müssen zum großen Ganzen zusammengesetzt werden. Was ist wichtig, was führt in eine Sackgasse? Der Plot ist logisch und durchdacht, genaue Ermittlungsarbeit und pfiffige Kombination von Sachverhalten führen letztendlich zum Täter. Tante Elfriede, der Albtraum Bettinas Kindheit. Tina ist die Einzige, die verblieben ist. Es ist ihr Los, sich um die Tante zu kümmern, die sie in ihrem zugemülltem Haus findet.»Bettina drückte die Tür weiter auf und machte einen Schritt in den Raum. Sie versuchte, durch den Mund zu atmen, aber das half nicht viel. Der Geruch war entsetzlich und Bettina dachte, ihre Tante sei tot. ... Die Decke war voller Flecken, die Kot und Essensreste oder beides sein mochten. Bettina schluckte mehrere Male heftig und schmerzhaft ...«Eine klug aufgebaute Geschichte, die richtige Polizeiarbeit schildert und das Privatleben der Ermittler durchleuchtet, die es nie einfach haben, ihre Arbeit mit der Familie unter einen Hut zu bekommen. Bettina muss auch schon mal klarstellen, dass sie nur Teilzeit angestellt ist. Ein guter Schuss Humor würzt die Gesamtkomposition. Dieser Krimi zeigt realgetreu Menschen wie du und ich. Ein sanfter Krimi, aber garantiert nicht auf leisen Sohlen.