Fabiennes Freund hat mit ihr Schluss gemacht. Doch das sind nicht die einzigen Sorgen der 16jährigen. Schon seit längerer Zeit fühlt sie sich unwohl und geht deshalb heimlich zu einem Psychiater, den sie von ihrem beim Ferienjob verdienten Geld bezahlt. Der stellt die Diagnose Asperger... Und Fabienne lernt eine Menge über sich selbst...
Das Buch ist wirklich originell illustriert und sehr schön gestaltet, wie ein Tagebuch, was sehr gut zu der Erzählung aus der Ich-Perspektive passt. Wirklich ein kleines Gesamtkunstwerk.
Die Altersempfehlung ab 14 Jahren finde ich recht passend. Meiner Meinung nach ein außergewöhnliches und sehr schönes, anspruchsvolles Jugendbuch.
"Der Herr Psychotherapeut und ich, wir sind per Sie. Das mag ich. Nicht weil mir das Sie so gefallen würde, sondern weil ich mit dem Du manchmal so meine Probleme habe. Das Du ist wie ein Treppchen, auf das die Leute steigen, um einen von oben herab zu behandeln. Dass Sie hat ein zu steiles Gefälle, davon rutschen sie ab."
"Nein, das stimmt nicht, ich werde nicht therapiert, ich werde diagnostiziert. Meine Familie weiß davon nichts, ich bezahle das selbst, von meinem Ferialpraktikumslohn, meine Familie soll davon nichts wissen, weil sie davon nichts wissen will. In meiner Familie ist man nicht komisch, und wenn man komisch ist, ist das normal, und wenn man meint, nicht normal zu sein, dann zerdenkt man dass nicht alles so, übertreibt nicht mal wieder, sondern stellt man sich gefälligst nicht so an, Fabienne!"
"Du bist unglaublich gescheit, aber zum Leben zu dumm." Das hat meine Mutter einmal zu mir gesagt. Jetzt habe ich die Gescheitheit wissenschaftlich bescheinigt, aber den anderen Kram leider auch."
"Es gibt Leute, die meinen, wir würden Filter über Fotos legen, um uns das Leben zu beschönigen. Und damit Unerreichbares herstellen. Ein unstillbares Verlangen erzeugen. Sehnen und Sucht. Aber ich glaube, wir brauchen die Filterfunktionen, damit die Dinge so aussehen, wie sie wirklich sind. Für uns. Die Größe des Sonnenuntergangs auf einem zu kleinen Bildschirm. Ein geliebter Mensch in Bewegung erstarrt. Die Kamera hat ein nacktes Auge. Unsere Wahrheit ist keine reine Abbildung."
"So ein Blödsinn, du bist doch nicht behindert, Fabi, das würde meine Mutter sagen. Was war das für ein Psychologe, was weiß denn der. Du hast sicher übertrieben, und ein Stück weit kann ich sie verstehen."
"... überlegte ich, ob ich es ihr sagen sollte, wieder und wieder. Würde es etwas ändern zwischen uns? Würde sie vielleicht manche Dinge auf einmal verstehen, so wie ich sie verstehe - oder würde sie mich nur anders sehen? Habe ich eine neue Entschuldigung oder endlich einen handfesten Anker für die Unzufriedenheit mit mir?"
"Vielleicht kann man einen anderen Menschen nie ganz kennenlernen, weil Menschen sich eben ständig ändern. Kaum hat man etwas über sie gelernt, bewegen sie sich schon wieder davon."
"Manchmal vergesse ich, dass ich einen Körper habe. Also nicht in dem Sinne, dass ich mich nicht spüre, im Gegenteil, ich fühle mich gut. Besser sogar. Aber wenn ich mich selbst nicht sehe, dann sehen mich auch andere nicht. Bis mich jemand erinnert."
"Vielleicht habe ich gar kein Asperger, vielleicht bin das gar nicht ich. Vielleicht habe ich nur zu oft und zu viel darüber gelesen und habe dem Psychologen genau das erzählt, was er hören wollte. Sollte. Und ich wollte auch nur. Eine Erklärung für manches. Eine Entschuldigung, kann sein."
"Ich bin nicht gestört, ich werde gestört. Vieles auf dieser Welt stört mein seelisches Wohlbefinden sogar ganz erheblich!"