In Anti erzählt Maja (7) von ihrer Kindheit in den 70ern im Ruhrgebiet. Ihre Eltern Dieter und Dora sind getrennt, Maja lebt bei ihrem Vater, besucht aber regelmäßig die Kommune, in der ihre Mutter und ihr Bruder Jo wohnen.
Die Eltern sind politisch aktiv, haben Ziele und Ideale und kämpfen für eine bessere Zukunft. Maja wächst frei und antiautoritär auf. Dieser Lebensentwurf führt in der Schule mitunter zu Mobbing, sie ist anders und erlebt Vorurteile und Ausgrenzung. Besser ist die Situation in dem Kinderhort, in dem Maja viel Zeit verbringt. Dieser ist ein zweites Zuhause für sie und bietet die Möglichkeit zur Kreativität und Selbstbestimmung.
Wenn Maja nicht in der Schule oder im Hort ist, ist sie mit ihren Freunden auf der Straße unterwegs. Dort gibt es in den 70ern wenig Raum zum Spielen für Kinder, aber das hält Maja, Aljoscha, Nicole und all die anderen nicht auf. Aber auch hier begegnen sie Herausforderungen, denn nicht jede Begegnung ist harmlos und friedfertig. Aber Maja wäre nicht Maja, die mutige, unvoreingenommene und fantasievolle Drachenprinzessin, wenn sie nicht auch in solchen Situationen einen Plan hätte.
Mit Anti habe ich eine Kindheit in den 70ern im Ruhrgebiet erleben und erlesen dürfen. Maja wächst ohne Verbote und mit viel Ermutigung auf. Sie erzählt so, wie sie ihr Leben erlebt offen, geradeaus und dem Alter entsprechend. Maja ist neugierig, manchmal etwas forsch und geprägt von ihrer familiären Situation und den Idealen und Ansichten, die sie vorgelebt bekommt, aber natürlich nur bedingt versteht. Sie hat keine Berührungsängste mit ihr unbekannten Gegebenheiten, ist mutig und voller Phantasie.
Anti ist allerbeste Unterhaltung. Eine Rückblende in eine Zeit des Aufbruches. Der Krieg liegt zurück, man schaut nach vorne, möchte modern und anders sein, den Muff alter Zeiten loswerden, andere Lebenskonzepte und -entwürfe ausprobieren und gestalten. Maja erlebt durch ihre Eltern und deren Umfeld diesen Umbruch, ist bei Demonstrationen und Hausbesetzungen dabei, kann jedoch altersbedingt natürlich nur bedingt verstehen, was passiert. Sie lebt eine freie Kindheit, erscheint glücklich und zufrieden.
Es gibt aber auch ein, zwei Situationen, die berühren, sei es als sie mit Dieter die Schultüte kauft und es sich für sie falsch anfühlt, selbst die Süßigkeiten auszuwählen oder der Besuch mit Dora in der Kirche.
In den 70ern wurde auch noch herzhaft vors Schienbein getreten und wenn man es auf der Straße mit lästigen Kindern zu tun hatte, dann ging man eben mal mutig durch die Kanalisation, um bis zum Sanktnimmerleinstag seine Verfolger mit üblen Geruch abzuschrecken.
Es findet sich in dem Buch der eine oder andere kleine Fehler, den ich aber fröhlich als anti-korrekte Rechtschreibung angesehen habe.
Der Moment, in dem Maja den Drachen küsst ist einfach wunderbar - so wunderbar wie das Buch.
Laut Autorin ist es kein autobiographisches Buch, jedoch von ihrem Leben inspiriert. Danke für die schöne Geschichte. Lesenswert!