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Das Gespräch der Geschlechter

Eine Philosophie der Zustimmung | Zustimmung macht Sex schön!

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Seit der #MeToo-Bewegung steht die Frage der sexuellen Gewalt im Zentrum der Debatten über Geschlechtergerechtigkeit. Sexuelle Zustimmung gilt vielen als Zauberformel für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Zugleich ist sie notorisch schwer zu definieren und wirft zahlreiche Probleme auf, wie die Philosophin Manon Garcia in ihrer meisterhaften Analyse zeigt. Sie taucht tief ein in unser philosophisches Erbe sowie die liberale Tradition und legt deren Grenzen offen.

Drei Probleme der Philosophie der Zustimmung macht Garcia aus: ein rechtliches, ein moralisches und ein politisches. Was muss getan werden, damit sexuelle Übergriffe und sexuelle Belästigung wirksam bestraft werden? Wie kann man sich Liebes- und Sexualbeziehungen vorstellen, die nicht auf sexistischen sozialen Normen beruhen? Und wie können wir verhindern, dass die geschlechtsspezifischen Ungerechtigkeiten, die sich in Liebes- und Sexualbeziehungen manifestieren, fortgeschrieben werden? Von John Locke und John Stuart Mill über feministische Theoretikerinnen bis hin zu Michel Foucault und den Praktiken des BDSM zeichnet dieses Buch eine neue politische Kartografie unserer privaten Leben. Fazit für das zukünftige Gespräch der Geschlechter: Wir müssen lernen, die »Gleichheit zu erotisieren«, nicht die Herrschaft.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
09. Oktober 2023
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
332
Altersempfehlung
Ab 16 Jahre
Autor/Autorin
Manon Garcia
Übersetzung
Andrea Hemminger
Verlag/Hersteller
Originalsprache
französisch
Produktart
gebunden
Gewicht
440 g
Größe (L/B/H)
211/132/33 mm
ISBN
9783518588062

Portrait

Manon Garcia

Manon Garcia, geboren 1985, ist nach Stationen in Harvard und Yale Professorin für Praktische Philosophie an der Freien Universität Berlin. In Frankreich zählt sie zu den einflussreichsten und meistgelesenen Philosophinnen ihrer Generation. Ihre Bücher sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. Für

Das Gespräch der Geschlechter. Eine Philosophie der Zustimmung

erhielt sie 2022 den Prix des Rencontres philosophiques de Monaco.

Pressestimmen

»Das Buch ... zeigt, wie wir besseren Sex haben können. Und fordert nebenher zum Nachdenken über (weibliche) Autonomie auf.« Livia Lergenmüller, neues deutschland

»Garcias klare Denk- und Schreibweise macht das Buch leichtverdaulich ... Begründungen sindverständlich strukturiert, und wichtige Gedankengänge werdenhäufig noch einmal zusammengefasst. Dank der vielenBeispiele und konkreten Vorschläge kann man als Lesersicherlich auch etwas für das eigene Liebesleben mitnehmen.« Anton Benz, Spektrum

»Was Garcias Buch lesenswert macht, ist ihre Nähe zum Zeitgeist, ohne dabei in Phrasen abzurutschen. Einwände werden immer wieder erklärt, entkräftet oder eingebettet, gleichzeitig das Buch, auch durch die Übersetzung von Andrea Hemminger, gut verständlich.« Lorenz Füsselberger, der Freitag

»Dafür öffnet Garcias kluges Buch die Augen: Gelingender sexueller Konsens ist mehr als eine Frage des Willens. Er ist eine sinnlich vermittelte Kör per rung, die von der Sprache getragen wird.« Anna-Lisa Dieter, DIE ZEIT

»Garcia schreibt als Feministin. Und sie gibt dem Problem der sexuellen Zustimmung seine volle Wucht zurück.« Petra Gehring, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Es ist der präzise Blick auf diverse Begriffe und ihre Geschichte rund um die sexuelle Selbstbestimmung der Frau, der Das Gespräch der Geschlechter so bereichernd macht.« Katrin Gottschalk, taz. die tageszeitung

»Manon Garcia stellt die geistesgeschichtlich fundierte Theorie [zu Me Too und dem sexpositiven Feminismus] zur Verfügung.« Marie Schmidt, Süddeutsche Zeitung

»Die Philosophin Manon Garcia analysiert mit großem Feingefühl und mit Sorgfalt ein Konzept, das heute als perfektes Kriterium zur Unterscheidung von Gut und Böse, von Sex und Vergewaltigung gilt: die Zustimmung.« Le Monde

»Manon Garcia bietet eine meisterhafte Analyse des Begriffs der Zustimmung und fordert dazu auf, unsere Praktiken zu revolutionieren.« L Obs

Besprechung vom 25.10.2023

Zu oft zählt nicht, was man will, sondern was erwartet wird
In der Falle der Intimität: Manon Garcia denkt über das Problem der sexuellen Zustimmung nach

Das Grundproblem hat sich herumgesprochen: Weder ist Sex erst dann eine Vergewaltigung, wenn das Opfer durch physische Verletzungen nachweisen kann, dass es sich gewehrt hat, noch ist jeder Sex gut, vor welchem eine Frau nicht rechtzeitig unmissverständlich (und nachweisbar) Nein gesagt hat. Nicht einvernehmlicher Sex hat viele Gesichter - und auch die Grenze zur Vergewaltigung ist praktisch schwer zu ziehen. Das Recht hat begonnen, hier mit Kriterien zu arbeiten wie dem Ausdruck fehlender Zustimmung (der beachtet werden muss) oder auch der Forderung nach expliziter Zustimmung (ohne die Sex als Vergewaltigung zu werten ist). Letzteres ist das viel beachtete schwedische Modell.

Freilich bleibt es auch mit dem Zustimmen so eine Sache: In der gelebten Realität ist es oft nur ein Dulden, ein Nachgeben oder die Entscheidung für das kleinere Übel, weil anderes in der Situation "nicht geht", nicht zuletzt aus Angst. Die Grauzone ist empirisch belegt. Geschlechtsverkehr ist von Frauen nicht immer gewollt, findet aber statt, weil die Gesellschaft zu vieles als vermeintlich einvernehmlich akzeptiert.

Dass Vergewaltigungen überdies nicht primär durch Fremde, sondern oft im privaten Umfeld und in Beziehungen stattfinden, macht die Sache nicht einfacher. Zu Vorurteilen, denen zufolge Frauen durch Schweigen zustimmen oder sogar "wollen", wenn sie sich sträuben, kommt die Falle der Intimität hinzu: Es ist schwierig, jemanden, den man kennt und dessen Wünsche einem nicht egal sind, in guter Form zurückzuweisen. Im Zweifel zählt, was erwartet wird, und weniger, was man will.

Mit ihrem Buch über "Das Gespräch der Geschlechter" stellt die Philosophin Manon Garcia die Doppelfrage nach der rechtlichen und der moralischen Wertung von nicht einvernehmlichem Sex. Politische Grundbedingungen inklusive: Heterosexueller Sex aktiviert asymmetrische Rollenbilder, denn nicht nur hinsichtlich der initialen Rolle beim Sex, sondern auch hinsichtlich des Anspruchs auf Lustgewinn, hinsichtlich des Wertes der Penetration und vieler weiterer Facetten erotischer Möglichkeiten (oder des Erotik-Verzichts) sind Frauen und Männer unterschiedlich sozialisiert.

Garcia schreibt also als Feministin. Und sie gibt dem Problem der sexuellen Zustimmung seine volle Wucht zurück. Dies gelingt ihr, eben weil sie die Vergewaltigung von einem bloßen "schlechten" Sex unterscheidet, wobei letzterer nicht strafbar ist und auch nicht sein sollte, jedoch problematisch ist und sogar viel über das Zustimmen lehrt - weshalb die Untersuchung ihn ähnlich ernst nimmt wie die Vergewaltigung selbst.

In sieben Kapiteln entfaltet Garcia, wie das "aus dem Bereich des Rechts geerbte Vokabular der Zustimmung" eine liberale Errungenschaft darstellt, schon im Recht aber fundamental mehrdeutig bleibt: bloße Annahme eines Angebotes oder authentischer Willensakt, stillschweigend zu unterstellen oder eigens zu artikulieren, einmaliges Formerfordernis oder handelnd zu bekräftigendes Mittun? Fatal ist, dass speziell im Feld der Sexualität sich an ein juridisch-formales Verständnis der Zustimmung oft nicht nur die Deutung der Legalität, sondern auch der Legitimität dessen, was man tut, anschließt. "Erlaubt" (mein Gegenüber hat sich verpflichtet, etwas zu akzeptieren) und "gut" (mein Gegenüber "will" und ich bin also auch moralisch berechtigt dies zu tun) wird also verwechselt.

Garcia zeigt ausführlich, wie hier unsere Rechtstradition inzwischen zwar den Sex als eine Art Vertragsangelegenheit in die Hände beider Seiten legt, das Kriterium der Zustimmung jedoch formalistisch verkürzt, sodass es in der schon angesprochenen Grauzone umso sicherer versagt. Ein Beispiel hierfür sind die Rückgriffe auf das Schema des Vertrags im BDSM, also in als einvernehmlich vereinbarten sadomasochistischen Praktiken. Garcia nimmt die Kritik hieran zum Anlass einer lesenswerten Rekonstruktion der Dilemmata der Frauenbewegung, die sich genau an dieser Frage, ob BDSM-Verträge Gewalt in "befreiten" Sex ummünzen können, spaltet - in eine vermeintlich antisexuelle Fraktion (die diese Frage verneint) und eine "queere", die dem liberalen Vertragsmodell anhängt.

Noch komplexere Überlegungen werden an dem Punkt fällig, der den Feminismus wirklich fordert: Wie kritisiert man den Sachverhalt, dass Frauen gegen ihren eigenen Willen Sex akzeptieren, ohne den Wert der Zustimmung zu schmälern, ohne diesen Frauen also als bloße Opfer der Verhältnisse Mündigkeit und Selbstverantwortung abzusprechen? Garcia holt hier etwa mit Foucault, Beauvoir und anderen weit aus und hebt hervor, es gebe eine "Kontextabhängigkeit" und Relativität des Zustimmens von Frauen. "Strukturelle Gewalt" hätte man früher womöglich gesagt.

Der letzte Teil des Buches skizziert sexuelles Einvernehmen als egalitäre Option: Die Metapher hierfür ist diejenige des Gesprächs. Sex ist vielleicht nicht Verhandeln, aber doch immer wieder Explikation. Auch hierbei soll das Zustimmen - allem voran das Sprechen darüber - nicht etwa überwunden werden, sondern sich gleichsam anreichern, sodass es seinen juridischen Beigeschmack verliert. Letztlich zählt insbesondere eine über Aufklärung hinausgehende, offene Erziehung, die den Sex aus unguter, wortloser Intimität befreit.

Ausgerechnet die Bioethik wird als Feld genannt, in welchem man gute Erfahrungen mit Skripten für schwierige Gespräche gemacht habe (gemeint sind etwa Patientenverfügungen). Nüchtern sieht Garcia die Chancen für Recht, Strafjustiz oder überhaupt schnelle Lösungen: "Zum einen können die Ungerechtigkeiten der Grauzone niemals durch das Strafsystem aufgelöst werden, und zum anderen wird uns das Recht nicht die Art von sexuellem Gespräch erlauben, die für ein nicht nur moralisches, sondern auch freudvolles und erfülltes Sexualleben notwendig ist."

In seinen Erwägungen ist das Buch zuweilen ein wenig umständlich. Der Mut zum großen Bogen macht das aber wieder wett. Worüber man allerdings immer neu stolpert ist die Übersetzung von "consentement" als "Zustimmung". Die Übersetzerin hat sich in ihrer Übertragung ins Deutsche gegen das rechtsbegrifflich (wie auch in der Bioethik) viel näherliegende "Einwilligung" entschieden. Warum sie das tut, warum damit sogar der Code civil angeblich von "Zustimmung" spricht, wäre mindestens eine erläuternde Fußnote wert gewesen. PETRA GEHRING

Manon Garcia: "Das Gespräch der Geschlechter". Eine Philosophie der Zustimmung.

Aus dem Französischen von Andrea Hemminger. Suhrkamp Verlag, Berlin 2023. 332 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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