Schon seit sie ein Kind war, träumte Scarlett von Caraval. Jahr für Jahr schrieb sie dem Meister des magischen Spiels, Legend, Briefe, in der Hoffnung, eines Tages Teil seiner zauberhaften Illusionen zu sein. Doch nun ist Scarlett kein Kind mehr und hat ihre Träumerei aufgegeben. Doch ausgerechnet dann lädt der Meister selbst sie zum Spiel ein... "Es ist nur ein Spiel", so lautet die oberste Regel Caravals. Egal was passiert, glaub nicht alles, was du siehst. Was ist real, was eine Illusion? Magie lauert an jeder Ecke. Mit anderen Worten: Das Setting Caraval ist mysteriös und faszinierend, voller Geheimnisse und Lügen. Die Magie des Spiels, des verwunschenen Ortes und der Rätsel hat die Autorin mit ihrem märchenhaften Schreibstil, den man vielleicht auch schon aus anderen Werken aus ihrer Feder kennt, sehr gut umgesetzt. Caraval spielt in der gleichen Welt wie die später erschienene Serie "Once Upon a Broken Heart" und die Autorin streut auch schon im ersten Band Hinweise auf Charaktere, die man später möglicherweise in anderen Büchern wiederfindet. An der Stelle muss ich aber sagen: Was mich bei Once Upon A Broken Heart" bereits gestört hat, taucht auch hier wieder auf. Klar, der Fokus in den meisten Geschichten der Autorin liegt auch auf einer romantischen Geschichte, die direkt mit der Haupthandlung verknüpft ist und vor Intrigen nur so strotzt. Dennoch kann einem das ständige hin und her der Protagonistin auch mal auf die Nerven gehen. Scarlett ist im Vergleich nicht so naiv wie Evangeline, auch hat sie keine rosarote Weltanschauung, dennoch ist sie sehr fixiert darauf, verheiratet zu werden (an einen Mann, den sie nicht mal kennt) und auch sonst schien sie, abgesehen vom Beschützerinstinkt für ihre wilde Schwester, kaum eigene Interessen und Eigenschaften zu haben. Liebenswert war sie natürlich trotzdem, ich wünsche mir nur häufig bei Stephanie Garbers Büchern, dass die Protagonistinnen mehr Interessen als immer die große Liebe, bunte Kleider und gutaussehende Männer hätten. Wir sind ja schließlich nicht bei Bridgerton. Caraval ist ein interessanter Auftakt zu einer Geschichte, die garantiert in den nächsten zwei Bänden noch einiges mehr zu bieten hat, ein Buch, das sich wirklich magisch und geheimnisvoll anfühlt, das aber auch einige Fragezeichen hinterlässt und nicht auf ganzer Linie überzeugen kann, was vielleicht auch daran liegt, dass beinahe alle Charaktere kaum oder nicht mal das zwanzigste Lebensjahr erreicht haben, außerdem auch daran, dass manche Dinge nur unzureichend mit ominöser Magie erklärt werden oder auch einfach nicht besonders realistisch erscheinen - eben wie in einem Märchen. Wen das nicht stört, dem schenkt Caraval eine märchenhafte Reise in ein Land der Illusionen, Lügen und Rätsel, in dem auch die Romantik (und vielleicht auch das Drama) nicht zu kurz kommen. Aber wer weiß, wohin es Donatella und Scarlett wohl als nächstes verschlägt...