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Die Gezeichneten

Ein Film von Carl Theodor Dreyer. PAL. DE

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Russland 1905. Das Zarenreich ist im Umbruch, überall entstehen revolutionäre Zellen, gleichzeitig ist
das Leben auf dem Land noch immer von mittelalterlich anmutender Armut und das geistige Klima
von abergläubischen Ressentiments geprägt. Hanne-Liebe, eine junge Jüdin, flieht vor den antisemitischen
Anfeindungen in die Stadt, zu ihrem zum Christentum konvertierten Bruder. Dort trifft sie ihre
Jugendliebe Sascha wieder, der bei einer revolutionären Gruppe mitarbeitet. Revolutionäre Aktionen
und der Judenhass treffen aufeinander
Dreyer verdichtet die Geschichte in kammerspielhaften Tableaus und erzählt von den Erschütterungen
zu Beginn der Moderne, vom Zusammenbruch der alten Welt und den damit einhergehenden Identitätskrisen.
Russland um 1905, am Vorabend der ersten russischen Revolution. Auf dem Land kündigt sich der historische Umbruch an, noch aber herrschen tief sitzende Ressentiments, insbesondere gegen die jüdische Bevölkerung. So verlässt die junge Jüdin Hanne-Liebe Segal ihr Heimatdorf und hofft, bei ihrem Bruder Jakow in St. Petersburg unterzukommen; er ist zum Christentum konvertiert, um in der Stadt als Anwalt arbeiten zu können. Hanne-Liebe trifft ihren alten Freund Sascha wieder, der sich einer revolutionären Gruppe angeschlossen hat. Zu dieser gehört der undurchsichtige Rylowitsch, der seine Genossen an die russischen Behörden verrät und als Wandermönch antisemitische Hetze betreibt. In Hannes Heimatdorf löst Rylowitsch ein Pogrom gegen die jüdische Bevölkerung aus, unterstützt von Fedja, Hanne-Liebes Spielkameraden aus Kindertagen. Hanne-Liebe und Jakow geraten in die gewaltsamen Ausschreitungen, als sie in ihr Dorf kommen, da ihre Mutter im Sterben liegt. Jakow wird von Rylowitsch erschossen, Hanne-Liebe wird in letzter Sekunde von Sascha gerettet.

Bei seiner Verfilmung folgt Dreyer zum Teil sehr getreu dem 1914 erschienenen dänischen Roman ELSKER HVERANDRE / DIE GEZEICHNETEN, der in Deutschland kurz nach dem Ende des 1. Weltkriegs sehr populär war und 1922 eine Auflage von 35.000 Exemplaren erlebte. Der Roman zeichnet ein naturalistisches Bild der Kräfte und Bewegungen, die in der russischen Gesellschaft am Vorabend der bürgerlichen Revolution von 1905 virulent waren, und konkretisiert diese am Schicksal von fünf jungen Menschen, die sich im Strudel der historischen Ereignisse begegnen, finden und verlieren.
 
In der zeitgenössischen Presse wird Dreyers Verfilmung als Großfilm angekündigt. Im Original war der Film 2.833 m, was einer Filmdauer  von 124 Minuten entspricht (bei 20 Bilder/Sec). Die aktuelle restaurierte Länge ist 2172 m, gleich 95',  es fehlen also 30 Minuten. Hält man Madelungs Romanvorlage dagegen, kann man sich gut vorstellen, dass Dreyer, möglicherweise inspiriert durch Griffith s INTOLERANCE, ein großes Filmepos über den jahrhundertealten Kampf der Konfessionen im Sinn hatte, zugespitzt auf den historischen Wendepunkt der bürgerlichen Revolution in Russland von 1905, die die Emanzipation der Juden historisch ermöglicht, und mit der Dreyer zugleich den Identitätskonflikt von Jakow thematisiert,  quasi stellvertretend für den Glaubensverlust in der anbrechenden Moderne. Gut vorstellbar ist auch, dass in der ursprünglichen zwei-Stunden-Fassung des Films eine sehr viel längere Exposition über die Einbettung der jüdischen Gemeinden im Alltagsleben des russischen Volks vor der Wende zum 20. Jahrhundert vorhanden war; in der nun vorliegenden restaurierten Fassung, die der russischen Exportversion der GEZEICHNETEN als der einzigen Überlieferung des Films folgt,  wirkt der Anfang sehr fragmentarisch und führt mit wenigen Zwischentiteln nur stichwortartig  in die Geschichte ein.
 
Trotz aller Kürzungen macht sich die besondere Qualität des Films bemerkbar. Dreyer verdichtet die Geschichte in kammerspielhaften Tableaus und erzählt von den Erschütterungen zu Beginn der Moderne, vom Zusammenbruch der alten Welt und den damit einhergehenden Identitätskrisen. Fern jeder Melodramatik geht es um verhängnisvolle Vorurteile zwischen Juden und Russen, innere und äußere Konflikte des konvertierten Jakow, um Aktionen der jungen Revolutionäre und die Passivität der bürgerlichen Intellektuellen - und schließlich um den langen Weg zwischen Trennung und Versöhnung.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
14. September 2018
Sprache
deutsch
Laufzeit
95 Minuten
Altersempfehlung
ab 0 Jahre
Reihe
ARTE EDITION
Autor/Autorin
Carl Theodor Dreyer, Aage Madelung
Kamera/Fotos von
Friedrich Weinmann
Regie
Carl Theodor Dreyer
Produziert von
Carl Theodor Dreyer
Gespielt von
Adele Reuter-Eichberg, Vladimir Gajdarov, Polina Piekowskaja, Sylvia Torf, Hugo Döblin, Johannes Meyer, Thorleif Reiss, J.N. Douvan-Tarzow, Richard Boleslawski, Emmy Wyda, Tatjana Tarydina, Elisabeth Pinajeff, Ivan Bulatov, Friedrich Kühne
Produktart
DVD
Gewicht
86 g
Größe (L/B/H)
193/136/17 mm
GTIN
9783848830152

Portrait

Carl Theodor Dreyer

Carl Theodor Dreyer, der zwischen 1918 und 1964 nur 14 Spielfilme gedreht hat, wird als einer der großen Meister des Kinos angesehen. - Geboren 1889 als uneheliches Kind einer schwedischen Dienstmagd in Kopenhagen, 1891 Adoption durch die streng protestantische Familie eines Schriftsetzers. Nach erfolglosen Versuchen als Cafémusiker und Buchhalter arbeitet Dreyer ab 1910 als Sportjournalist, 1912 wird er freier Mitarbeiter bei der Nordisk Film.

Der Tätigkeit als Cutter und Drehbuchautor folgt das Regiedebüt mit Præsidenten/Der Präsident (1918/19). Nach diesem Melodrama inszeniert er noch im selben Jahr mit Blade af Satans Bog/ Blätter aus Satans Buch einen weiteren Film für Nordisk. Der ökonomische Niedergang der dänischen Filmindustrie zwingt ihn, seine folgenden Projekte im europäischen Ausland zu realisieren: Prästänken/Die Pfarrerswitwe (1920) in Schweden, sowie in Deutschland Die Gezeichneten (1921) und Michael (1924); relativ unbekannt sind die beiden Filme, die zwischendurch in Dänemark entstehen, nämlich Der var engang/Es war einmal (1922), sowie Du sollst Du skal aere din hustru/Du sollst deine Frau ehren (1925). Sein bekanntester Stummfilm ist La passion de Jeanne d'Arc (1928), ein Höhepunkt in der filmischen Arbeit Dreyers.

In der Filmindustrie Europas gilt Dreyer als schwieriger und unprofitabler Regisseur. Als sein erster Tonfilm Vampyr (1931/32) nicht nur bei den Kinobesuchern, sondern auch bei der Kritik auf Desinteresse stößt, zieht sich Dreyer für zehn Jahre aus dem Filmgeschäft zurück. Erst bei Mødrehjælpen / Mütterhilfe (1942), einem Dokumentarfilm für die dänische Regierung über die Situation von Müttern, arbeitet er wieder als Regisseur. Während der deutschen Okkupation entsteht Vredens Dag / Tag der Rache (1943). Dreyers Werk über Glauben und Toleranz vor dem Hintergrund der Hexenverfolgungen verweist allzu deutlich auf die Besetzung Dänemarks durch Deutschland. Aus Angst vor Inhaftierung emigriert der Regisseur nach Schweden und dreht dort Två människor / Zwei Menschen (1945).

Nach dem Krieg arbeitet er erneut als Dokumentarfilmer für die dänische Regierung. 1952 wird er in Anerkennung seiner Verdienste zum Leiter des Dagmar Bio, Kopenhagens berühmten Filmpalastes, berufen. Erst mit Ordet / Das Wort (1955) kehrt Dreyer zum Spielfilm zurück. In seinem letzten Film, Gertrud (1964), verdichtet er die bestimmenden Motive seines Gesamtwerkes in der Geschichte einer Frau, die schließlich aus ihrer Isolation ausbricht. 1968 stirbt Dreyer, ohne sein größtes, über Jahre entworfenes Projekt, die Verfilmung des Lebens Jesu, realisiert zu haben.

Pressestimmen

'Fast das Beeindruckendste an dieser Neufassung ist aber die Musik, die Bernd Thewes dafür komponiert
hat. Er macht die Spannungen der drei Welten hörbar, der konservativen, bäuerlichen Provinz,
der revolutionären Jugend und des aufgeklärt-modernen, innerlich zerrissenen Bürgertums,
indem er russisch-jüdische Volksmusik, abstrakte Klänge und freitonale konzertante Musik immer
Neueinander wachsen lässt.' Süddeutsche Zeitung

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