Norman Ohlers Der totale Rausch - Drogen im Dritten Reich öffnet ein Themenfeld, über das ich zuvor nie wirklich nachgedacht hatte. Umso mehr ich mich jedoch mit den Inhalten auseinandersetze, desto deutlicher wird mir, welche erschreckende Rolle Rauschmittel im nationalsozialistischen System spielten. Ohler zeigt eindrücklich, wie weit verbreitet der Konsum von Medikamenten, Stimulanzien und harten Drogen war und nicht nur bei der Bevölkerung, sondern besonders auch bei Militär und Führungselite. Dadurch wird verständlicher, wie Menschen zu Handlungen fähig waren, die heute unbegreiflich erscheinen. Die Kombination aus fanatischer Ideologie, systematischer Manipulation und chemischer Stimulierung schuf eine Realität, in der Gewalt und moralische Grenzüberschreitungen immer weiter normalisiert wurden. Gerade diese Perspektive macht das Buch so wertvoll: Es erklärt nicht entschuldigend, aber erhellend, welche zusätzlichen Faktoren das Funktionieren der NS-Maschinerie begünstigten. Für das Verständnis, wie es zu den unvorstellbaren Taten kommen konnte, bietet Ohler einen wichtigen Baustein, einen, der erschüttert, aber zugleich hilft, historische Abläufe differenzierter zu begreifen.Der totale Rausch ist daher ein bedeutsames und aufwühlendes Werk, das eine bislang wenig betrachtete Ebene des Dritten Reiches sichtbar macht und dazu anregt, über menschliche Verantwortung und Manipulierbarkeit neu nachzudenken.