Russland um 1820/1830. Bürokraten, Landadel und dazwischen Pawel I. Tschitschikow, der Tote Seelen kaufen möchte. Großartig!
Pawel Iwanowitsch Tschitschikow kommt eines Tages in die Stadt N.N. und macht sich bald bei den wichtigsten Bürgern der Stadt bekannt und beliebt. Dann bereist er die Umgebung und besucht die Großgüter der Landadligen, zu denen ganze Dörfer nebst Bevölkerung (Leibeigene) gehören. Ziel seiner Besuche ist es, den überraschten und ziemlich ahnungslosen Adeligen bereits verstorbene, aber noch in Revisionslisten eingetragene Leibeigene abzukaufen. Aus welchem Grund er diese "toten Seelen" aufkaufen möchte, erzählt er nicht und erst im letzten Kapitel des 1. Teils des Buches erfährt man auch als Leser endlich, was ihn auf diese verrückt erscheinende Idee gebracht hat. Das besondere an dieser Geschichte sind die herrlichen Charaktere die Gogol erschaffen hat. Jeder/jede Adlige den er aufsucht ist eine ganz eigene Persönlichkeit, die Gogol meisterhaft zum Leben erweckt und in wunderbaren, teils sehr komischen Szenen vorführt. Es wird gegessen (teilweise wird auch dermaßen unverschämt gefressen, dass man es kaum glauben kann), getrunken, erzählt und verhandelt. Fast immer erreicht der hartnäckige Gast sein Ziel und reist um einige "Tote Seelen" reicher ab. Am Ende des 1. Teils ist er wieder in der Stadt und läßt seine "Einkäufe" gerichtsfest machen. Allerdings machen inzwischen Gerüchte über den seltsamen Ankäufer die Runde und es wird ungemütlich für den anfangs so beliebten Gast. Teil 2 zeigt den etwas gealterten Tschitschikow wieder unterwegs im Land. Leider existieren zum 2. Teil des Buches nur noch einige umfangreiche Fragmente, da Gogol kurz vor seinem Tod das fertige Manuskript verbrannt hat. Somit erfährt man nur noch bruchstückhaft wie es dem Spitzbuben Tschitschikow weiter ergangen ist. Die dtv Ausgabe mit der sehr schön zu lesenden Übersetzung durch Vera Bischitzki ist ergänzt um einen umfangreichen Anmerkungsteil, einen Lebenslauf des Autors, Anmerkungen der Übersetzerin sowie einem Nachwort. Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen, selbst die erkennbar unvollständigen, nicht überarbeiteten Fragmente des 2. Teils. Ein großer Verlust für die Literatur an sich, dass Gogol sein auf 3 Teile angelegtes Werk nicht vollendet hat.