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Zauber der Stille

Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten | Der Nummer 1 SPIEGEL-Bestseller zum Jubiläumsjahr: 250 Jahre Caspar David Friedrich

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»So elegant und mühelos erzählt. Dieses neue Buch von Florian Illies zu lesen, ist wie einen Billy-Wilder-Film zu schauen - einfach großartig.« Ferdinand von Schirach

Mit Florian Illies kann man Vergangenheit plötzlich als Gegenwart erleben. In »Zauber der Stille« breitet er erstmals die abenteuerlichen Geschichten Caspar David Friedrichs vor uns aus. Eine wilde Zeitreise zu dem Mann, der für die Deutschen die Sehnsucht erfand.

Friedrichs abendliche Himmel wecken seit Jahrhunderten die leidenschaftlichsten Gefühle: Goethe macht ihre Melancholie so rasend, dass er sie auf der Tischkante zerschlagen will, Walt Disney hingegen verliebt sich so heftig in sie, dass er sein »Bambi« nur durch Friedrich'sche Landschaften laufen lässt. Von Hitler so verehrt wie von Rainer Maria Rilke, von Stalin so gehasst wie von den 68ern, von der Mafia so heiß begehrt wie von Leni Riefenstahl - am Beispiel von Caspar David Friedrich werden in diesem mitreißend erzählten Buch 250 Jahre deutscher Geschichte sichtbar. Und Friedrich, der Maler, wird zu einem Menschen aus Fleisch und Blut.

Nach »1913« und »Liebe in Zeiten des Hasses« das dritte große historische Epochenportrait von Florian Illies.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
25. Oktober 2023
Sprache
deutsch
Auflage
7. Auflage
Seitenanzahl
256
Autor/Autorin
Florian Illies
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Abbildungen
4 farbige Abbildungen
Gewicht
462 g
Größe (L/B/H)
214/141/28 mm
ISBN
9783103972528

Portrait

Florian Illies

Florian Illies, der »große Geschichtenerzähler« (»Süddeutsche Zeitung«), verwandelt die Vergangenheit in seinen Büchern in lebendige Gegenwart. Er verwebt in seinem mitreißenden und humorvollen Stil kurze Miniaturen zu großen historischen Panoramen und Epochenporträts. Mit seinem Welterfolg »1913. Der Sommer des Jahrhunderts« begründete Illies ein neues Genre.

Illies, geboren 1971, studierte Kunstgeschichte in Bonn und Oxford. Er war Feuilletonchef der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«, leitete das Auktionshaus Grisebach und ist jetzt Mitherausgeber der »ZEIT«. Bei S. FISCHER erschien zuletzt das inzwischen in 18 Sprachen übersetzte Buch über die 1920er und 1930er Jahre »Liebe in Zeiten des Hasses«. Sein Kunst-Podcast »Augen zu« (gemeinsam mit Giovanni di Lorenzo) gehört zu den meistgehörten Podcasts deutscher Sprache.


Pressestimmen

Der letzte große Erzähler des deutschen Bildungsbürgertums erklärt Caspar David Friedrich und dessen Welt. SPIEGEL Bestseller

Es ist ein Wunder, wie vital er Friedrichs Schwermut und Versunkenheit in seinem Buch Zauber der Stille präpariert. Lars Grote, Märkische Allgemeine

das Buch ist wie eine Zeitreise Katja Riemann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

ein ideales Geschenk für alle Kunst- und Kulturfans n-tv

Stilistisch ziemlich vollendet präsentiert der Autor Anekdoten und Tatsachen von und über den Künstler quer durch die Zeiten und verbindet sie zu einem lesenswerten Porträt. National Geographic History

Er springt unverkrampft in der Geschichte hin und her. Diese Reise durch die Zeiten ist so klug wie unterhaltsam, bisweilen absurd und komisch. Juliane Rohr, n-tv

Mit Klarheit und Hingabe erzählt Illies das Leben Friedrichs. () Sein Buch ist Einladung zum Innehalten und Ermutigung zum genauen Sehen zugleich. Denis Scheck, Der Tagesspiegel

So intensiv wie Autor und Kunsthistoriker Florian Illies dürfte sich kaum jemand mit dem Leben von Friedrich auseinandergesetzt haben. dpa

Herrlich rätselhaft wie ein Krimi liest sich auch Illies' Buch, denn Friedrichs Bilder haben ein wechselvolles Nachleben. Daniel Arnet, SonntagsBlick

Was lllies gelingt, ist eine Vergegenwärtigung der Geschichte durch kurze, blitzlichtartige literarische Anekdoten, in denen man wie mit einer Handkamera (...) direkt in die Bilder hineingeführt wird. Niklas Maak, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Mit erzählerischer Kraft bringt Florian Illies Leben und Werk näher und holt den deutschen Maler vom Sockel. Katharina Rustler, Der Standard

ein federleichtes, wunderbares Buch Tim Felchlin, SRF 2

Bitte lesen Sie Florian Illies Zauber der Stille. ZEIT Wissen

Illies breitet vor uns das Leben des Künstlers als ein großes Abenteuer aus. Bunte

Weit mehr als eine Biografie legte im Herbst der mit einem unnachahmlichen Themen-Gespür gesegnete internationale Bestseller-Autor Florian Illies vor. Knut Cordsen, BR24

Das ist ein literarisches Vergnügen, ein kleines Wunder. Keine Sekunde langweilig, nie belehrend, mit einem wunderbaren Witz. Christine Westermann, Stern

sein geistreiches und elegant geschriebenes Buch Philipp Meier, Neue Zürcher Zeitung

von berückender Kunstfertigkeit Cornelius Pollmer, Süddeutsche Zeitung

Illies ist ein Meister der fiktiven Einfühlung, (...) gleichermaßen lehrreichen wie unterhaltsamen Künstlerporträt. Gerrit Bartels, Der Tagesspiegel

Florian Illies ist einer der ganz großen Erzähler, die es hierzulande gibt. NDR Kulturjournal

Wer Friedrich kennenlernen will, muss Illies lesen. Walter M. Straten, Bild am Sonntag

Durchgängig fesselnden Wanderungen durch Zeit und Raum Stefan Trinks, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Das kann Illies wirklich gut, aus Geschichte Abenteuergeschichten machen. Thorsten Jantschek, Deutschlandradio Kultur Studio 9

ein zauberhaftes Buch über den großen Romantiker Christia Sigg, Abendzeitung

Mit Verve und Sinn für Effekt. Des Autors Glück, diese Bilder zu betrachten, das springt auf den Leser über. Tilman Krause, Welt am Sonntag

ein überaus beziehungsreiches, sehr unterhaltsam zu lesendes Buch Wolfgang Schneider, Südwestrundfunk/Lesenswert

geschmeidig und amüsant erzählt Jens Dirksen, Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Blendend recherchiert und im Stil so lebendig wie schon im Vorgänger 1913 . Thomas Schürmann, Hörzu

Was für ein Wunderbuch. Elke Heidenreich, Süddeutsche Zeitung

eines der schönsten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Ein ganz, ganz wunderbares Buch. Klug, lesbar, leicht [...] und tief beeindruckend. Sehr, sehr schön. Elke Heidenreich, SPIEGEL Bestseller - Mehr lesen mit Elke Heidenreich

sehr wahrhaftig und in der Gegenwart verankert (...) Wirklich eine Kunst! Katja Eßbach, NDR Kultur

Ein unkonventionell gestricktes und beglückend schönes Buch Frank Dietschreit, rbb Kultur

ein facettenreiches literarisches Denkmal (...) fulminant gelungen (...) Illies erzählt Geschichten wie diese abenteuerlich gut Max Moor, ARD (ttt Titel, Thesen, Temperamente)

Besprechung vom 11.11.2023

Ruhige Romantik? Ach was!

Diese Kunstwerke haben auch Walt Disney inspiriert: Florian Illies erzählt die Geschichte wichtiger Bilder von Caspar David Friedrich.

Auf überraschende Weise fängt Florian Illies zu Beginn seines Buchs über Caspar David Friedrich dessen Kernmotiv ein, das Zusammenspiel von Feuer, Wasser, Erde und Luft. Alle vier Elemente umgeben Friedrich in der Ekphrasis von Illies' Einstiegs-Tableau-vivant: Bei einer Bootsfahrt vor Greifswald während der Flitterwochen mit Line, seiner aus Dresden gekommenen Frau, ist der Maler von Wasser umgeben und vom Wind umweht. Er empfindet das für ihn bislang unbekannte Gefühl glühender Liebe und erfährt etwas Neues, das er sogleich malen will.

Friedrich wird durch das geblähte Segel zum Fixieren des in seinem Inneren "Gesehenen" animiert, da das Arbeiten auf einer über einen Holzrahmen gespannten Leinwand tatsächlich an den Eindruck des Segels denken lässt. Friedrich wird somit gerade nicht als der kauzige Außenseiter im Elfenbeinturm seines Ateliers porträtiert, sondern als Mensch aus Fleisch und Blut. Für diese Interpretation benutzt lllies Passagen aus Briefen des Malers, in denen dieser beispielsweise seinem Bruder Christian gegenüber schwärmt, er habe noch nie im Leben so viel geschlafen, gegessen und "gelepscht" - worauf Illies im nächsten Halbsatz dezent die Ankündigung des ersten Kindes der beiden Eheleute folgen lässt.

Auch der folgende harsche Szenenwechsel und Zeitensprung zum 6. Juni 1931 mit dem brennenden Münchner Glaspalast ist wohlbegründet: Dort gingen nicht weniger als neun Gemälde Friedrichs in Flammen auf, darunter "Ostseestrand", Friedrichs Sehnsuchtsbild über seine Heimatstadt, der "Hafen in Greifswald", der Blick aus dem Fenster seiner Atelierwohnung in "Augustusbrücke in Dresden" sowie die innige "Abendstunde" mit seiner Frau und der sie umarmenden Tochter Emma. Der Schriftsteller und Journalist Eugen Roth war von drei Uhr morgens an Augenzeuge für eine Münchner Zeitung, sein Bericht der Brandkatastrophe wimmelt vor in Sprache übersetzten Metaphern von Bildern und Zeichnungen Friedrichs, die Roth auch sammelte.

Grenzen der Metaphernverliebtheit des Autors zeigen sich dort, wo die Bilder loriothaft leicht schief hängen. Zu erwähnen, das Hitlers Nichte Geli Raubal kurze Zeit nach der Brandkatastrophe "das Feuer gegen sich eröffnen", sich also entleiben wird, fügt der Causa Friedrich nichts hinzu. Ebenso wenig zielführend erscheint der etwas zu phantasievolle biographische Bogen der permanent verbrannten Finger des jungen Friedrich beim Kerzenziehen in der väterlichen Werkstatt, weshalb er lieber Künstler geworden sei. Als solcher aber versage er lebenslang beim Zeichnen von Menschen, weil er sie "in unentrinnbarer Familientradition" wie Kerzen in die Länge ziehe.

Dagegen sind bildliche Wendungen wie "Sein Charme wedelt welpenhaft in alle Richtungen" über das Liebesleben des schillernden Kunsthändlers und Friedrich-Vermittlers Wolfgang Gurlitt rilkehaft treffend. Sie werden auch nicht getrübt von dem vielleicht persönlich gefärbten Kommentar: "Muss man erst mal hinbekommen."

Die Wiederholung dieses anfangs bewundernden Seufzers ist beim zweiten Mal bloße Ironie, obgleich historisch gedeckt, wenn der Autor Gurlitts "tollkühnsten Coup" beschreibt: Der gewiefte Händler, der seine Kunstsammlung während des Zweiten Weltkriegs in einem Bergstollen neben jenem einlagerte, in dem sich die Rembrandts, Michelangelos und übrigen Schätze für Hitlers geplantes "Führermuseum Linz" befanden, kaufte die eigene Kollektion in der Nachkriegszeit als Linzer Museumsdirektor für den nicht nur damals sagenhaften Betrag von 1,6 Millionen Mark für "sein" Museum an. Unter anderem veräußerte Gurlitt damals sein halb verbranntes, übel "restauriertes" und deshalb nahezu unverkäufliches Friedrich-Gemälde "Uttewalder Grund" an sich selbst - und zwar in seiner Eigenschaft als Direktor.

Bei weiteren Unglücken wie dem Abbrennen der elterlichen Kerzenzieherei im Jahr 1901 gingen nochmals neun bedeutende Gemälde zugrunde, beim Feuer im Dresdner Taschenberg-Palais mindestens zwei und ungezählte weitere im Flakbunker Friedrichshain 1945 und bei den Bombardierungen Deutschlands. Und so wird klar: Friedrich ist nach seinem Tod und dem Zweiten Weltkrieg auch deshalb in Vergessenheit geraten, weil sein meist unsigniertes OEuvre stark dezimiert wurde - seine von vielen unverstandene Avantgarde-Haltung tat ein Übriges.

Was aber hat das Disney-Filmkitz Bambi mit Feuer und Friedrich zu schaffen? In einer Filmszene erahnt es witternd den durch das Lagerfeuer der Jäger verursachten Waldbrand. Und Disney kaufte 1935, als er auf Deutschlandreise - Hitler ist bekanntlich ein erklärter Freund von dessen Produktionen - in München die Reaktion auf sein Werk "Die lustige Palette - Im Reiche der Micky Maus" mit eigenen Augen in den bayrischen Kinos sehen wollte, 149 Bücher. Darunter befanden sich etliche mit Friedrich-Abbildungen. Illies geht so weit zu mutmaßen, dass Disney von Thomas Mann auf Felix Saltens Buch mit dem Rehkitz Bambi als potentiellem Stoff für einen Zeichentrickfilm aufmerksam gemacht wurde. Nachweisbar ist zumindest, dass Disney und Mann im Sommer 1938 gleichzeitig von der Harvard-Universität die Ehrendoktorwürde verliehen wurde und beide beim festlichen Dinner danach Tischnachbarn waren. Und Fakt ist, dass Disney von seinen Zeichnern für die Hintergründe des Films Friedrich-Bilder wie "Morgennebel im Gebirge" oder die "Felsenschlucht" getreu zitieren ließ, weil ihn deren schwer zu beschreibende mysteriöse Grundstimmung begeisterte.

Friedrich stammte aus Greifswald und hielt sich gerne in der Nähe des Wassers auf, das ebenso grenzenlose Freiheit jenseits jeder Alltagslimitierung verheißt, wie es große Gefahren birgt. Bei der Rettung des ins eiskalte Wasser gefallenen kleinen Friedrich kam der Bruder Johann Christoffer ums Leben. In keinem Bild wird diese Ambiguität des flüssigen Elements deutlicher als in "Gescheiterte Hoffnung" von 1824, dem kleinen Schiff der Sehnsüchte, das von den Eisschollen zermalmt wird. Illies deutet das Bild zu Recht als persönlich gehaltenen Mahlstrom der eigenen gescheiterten Hoffnung auf einen dauerhaften Professorenposten an der Dresdner Akademie, der dem Künstler unter anderem dabei geholfen hätte, die Schulden beispielsweise für die 300 Taler teure antinapoleonische Kriegsausrüstung inklusive Pferd für seinen Freund Kersting zu refinanzieren.

Die Offenheit der weit zu deutenden Form der alles vernichtenden Eisberge hat dafür gesorgt, dass das Bild bis heute das meistadaptierte und -zitierte Gemälde der deutschen Kunst bleibt, bis hin zum Film "Titanic" und dem 1922 vom Bauhaus-Direktor Walter Gropius errichteten Denkmal für die Opfer des Kapp-Putsches. Selbst die Verschmutzung der Eisschollen mit Erde erkennt Illies, mit der Friedrich für dieses Grab in eisiger See Teile seines eigenen gemalten Epitaphs "Mein Begräbnis" von 1804 volle 36 Jahre vor dem tatsächlichen Ableben ausformulierte; hervorzuheben ist auch der heute so gerühmte "Tetschener Altar" als Grabbild für die früh verstorbene Schwester Dorothea, der einst von Carl Friedrich von Rumohr als unerhörtes Einschleichen eines erdigen Landschaftsbildes in die religiöse Malerei scharf kritisiert wurde.

Die gültige Synthese aus Himmel, Meer und Land, mithin aus den Elementen Luft, Wasser und Erde, bildet für Illies der "Mönch am Meer". Zu Recht beschreibt er den verschwindend kleinen Menschen angesichts der überwältigenden Natur als Auflösung des Subjekts in ebenderen Elementen, sieht nur die 13 Möwen des Bildes als bleibend an. Das im Gemälde fehlende Feuer kommt durch die Ergänzung des berühmten Kleist-Zitats hinein, der nicht nur konstatierte, dass es vor diesem Bild sei, als würden einem die Augenlider weggeschnitten, sondern der auch vom Erlöschen jedes Lebensfunkens in ihm schrieb - und der sich kurz nach Abfassung dieser Zeilen und dem Verlust von Vater und Schwester erschoss. Noch weniger bekannt ist - und das spricht für die zu ziehenden Wissensgewinne aus Illies' Zeitsprüngen - dass Samuel Beckett den "Mönch am Meer" am 31. Januar 1937 in Berlins Alter Nationalgalerie sah und zur Blaupause seines "Warten auf Godot" machte.

Es gilt somit auch nach Lektüre dieser durchgängig fesselnden Wanderungen durch Zeit und Raum mit Friedrichs Bildern unverändert, was Alexandr Turgenew im Angesicht des "Tetschener Altars" schrieb: "Vor seinen Bildern kann man träumen, aber man kann sie nicht klar verstehen. Denn auch in seiner Seele sind sie nicht eindeutig." STEFAN TRINKS

Florian Illies: "Zauber der Stille". Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten.

S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023. 256 S., Abb., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon Olaf_L am 07.09.2024
Der (un-)vergessene Friedrich Pünktlich rund um Caspar David Friedrichs 250. Geburtstag habe ich mir Florian Illies' Beitrag zum Jubiläumsjahr zugelegt und gelesen. Um mit dem Positiven anzufangen: Ja, es liest sich gut und flüssig, ist stellenweise amüsant, unterhaltsam und informativ. Illies hat sicher viel recherchiert (oder recherchieren lassen); dabei kam er sozusagen vom Hundertsten in Tausendste, und so interessant die Infos manchmal sein mögen, so haben sie oft nur noch wenig oder gar nichts mehr mit Friedrich zu tun. Recht mühsam etwa wird ein Bogen geschlagen von Ernst Jünger 1942 in Paris zu Friedrichs "Mönch am Meer" (S.114). Weil Friedrich mal in Wiek war, folgt ein Exkurs zur Sprengung der Nordstream-Pipelines, weil die ¿schuldige¿ Yacht dafür auch in Wiek lag (S.127), und so fort. Das mag feuilletonistisch gut geschrieben sein, und es füllt Seiten, auf denen sich sicher interessanteres über Friedrich selbst sagen ließe. Schließlich ist das Buch eh nicht sonderlich dick (250 großzügig bedruckte Seiten). Illies' Buch erfüllt keine wissenschaftlichen Ansprüche - und will das offenbar auch nicht, was ja auch legitim ist. Am Ende wird zwar etwas weiterführende Literatur aufgelistet; 12 Bücher, zumeist Werk-Sammlungen. Woher die übrigen Informationen kommen, erfährt man nicht; Fuß- oder Endnoten gibt es keine. Haben Verlag und Autor befürchtet, dadurch Käufer abzuschrecken? Aber wenigstens ein Namens- oder Ortsverzeichnis hätte man anfügen können; das ist Standard! Was eher noch schmerzhafter ist: Das Buch enthält keine Abbildungen, die diese Bezeichnung verdienen. Zu Beginn der vier Buch-Abschnitte (recht willkürlich benannt nach den vier klassischen Elementen) findet sich jeweilseinBild des Künstlers, gedruckt in eher bescheidener Qualität auf dem normalen Papier, nicht auf Hochglanz-Papier, wie bei Bildteilen eigentlich üblich. Das könnte auch einen der peinlichsten Fehler in dem Buch erklären: Auf S.229 heißt es in Bezug auf den (mutmaßlichen) Käufer des berühmten ¿Wanderer über dem Nebelmeer¿: "Warum kauft er dann ausgerechnet eines der ganz wenigen Bilder des Nadelbaumliebhabers Friedrich ohne jeden Forst?" Nun, wenn man die Reproduktion des ¿Wanderers ...¿ auf S.190 ansieht, könnte man die Frage verstehen. Schaut man sich aber das Original oder eineguteReproduktion an, so sieht man: Auf dem Bild ist sehr wohl Wald zu sehen, und gar nicht so wenig! Leider ist das nicht der einzige Schnitzer des Autors; stellenweise geht wohl die Fantasie mit ihm durch: So etwa auf S.31, als Illies mutmaßt, dass Thomas Mann 1938 Walt Disney dazu angeregt haben könnte, ¿Bambi¿ zu verfilmen. Der Film kam 1942 in die Kinos, und die Produktion eines Zeichentrickfilms dauert zumeist bedeutend länger als vier Jahre. Tatsächlich hatte Disney ¿Bambi¿ schon 1932 im Blick als Vorlage für einen abendfüllenden Film. (Und um's meinerseits besser zu machen als Illies, hier die Quellenangabe dazu: Neal Gabler: Walt Disney, 2006, S.213 ff.) Dass er das Märchen von den "Jahresendflügelpuppen" in der DDR (S.195) wiederholt ... Geschenkt! Bedenklicher finde ich einen Punkt, der mehrfach wiederholt wird: Dass der Maler nach seinem Tod, ja noch zu Lebzeiten vergessen wurde. "Am Ende des 19. Jahrhunderts kennt niemand mehr dessen Namen." (S.36) Noch etwas zugespitzt meint Illies in der ARTE-Doku ¿Caspar David Friedrich - Die Entdeckung der Unendlichkeit¿: "Kein Mensch interessierte sich für Caspar David Friedrich, und zwar für den ganzen Rest des 19. Jahrhunderts. Man kann es heute gar nicht mehr glauben: Der berühmteste Maler des 19. Jahrhunderts war eigentlich im 19. Jahrhundert völlig vergessen. Es hing kein Bild von ihm in irgendeinem deutschen Museum, er wurde nicht gesammelt, nicht gezeigt, nicht geliebt, er war in keinem Lexikon des 19. Jahrhunderts vertreten, und erst um 1900, mit der Jahrhundertausstellung, die 1906 stattfand, kehrte Friedrich überhaupt wieder zurück ins Bewusstsein." Im Buch nennt Illies ausnahmsweise zwei Autoren-Namen, die Friedrich verschweigen sollen, die Kunsthistoriker Adolf Rosenberg und Richard Muther (S.152). Es war für mich nicht schwer, Bücher aus jener Zeit zu finden, die Friedrich sehr wohl erwähnen: "Friedrich, Caspar David, ein genialer Landschaftsmaler [...] Seine Gemälde tragen ein ernstes und eigenthümliches Gepräge [...] In seinen Bildern ist der poetische Gedanke vorherrschend und mächtig in der einfachen Auffassung." (G.K. Nagler: Neues allgemeines Künstler-Lexikon, 1835-1852, Band 1, S.179f.) "Friedrich, Caspar David [...] zeichnete sich in der Landschaftsmalerei durch eine eigenthümliche, poetisch gefärbte Richtung aus, welche dieser am Schluß des 18. Jahrhunderts meißt geistlos und vedutenartig betriebenen Kunst neue Bahnen eröffnete. [...] Als in späteren Lebensjahren seine Kräfte unter dem Einflusse des Alters abnahmen und das schon früher wenig gepflegte Colorit immer grauer und nebelhafter wurde, trat der Zeitgeschmack, welcher sich von der Romantik abwendete und sich für blendende Farben begeisterte, mit Friedrich's Richtung in Widerspruch, und den früher gespendeten überschwänglichen Lobsprüchen folgte unverdienter, herber Tadel." (Allgemeine Deutsche Biographie, 1878, Band 8, S.64ff.) "Es waren diess Caspar David Friedrich, und Johann Christian Dahl. Beide waren auf [Ludwig] Richters Entwicklung nicht ohne einen gewissen Einfluss. War dem ersteren der besondere Vorzug eines künstlerisch gebildeten Auges geworden, das ihn freilich manchmal zu absonderlichen Abwegen führte, so war Dahl ein so strenger gewissenhafter Darsteller der wirklichen realen Natur [...]" (A. Stern, A. Oppermann: Das Leben der Maler [...] vom sechzehnten bis zum neunzehnten Jahrhundert, 1864, S.543). "In auffallendster Weise mager, dürftig und scharf und hart gezeichnet, erscheinen die Bilder von C.D. Friedrich, in welchen eine eigenthümliche Naivetät sich ausspricht. [...] [Er] ist ein höchst origineller Künstler in Bezug auf die Gegenstände und den Geist seiner Bilder, worin eine wunderlich trübe Poesie sich mit sehr unvollkommenen Mitteln ausspricht." (Hermann Becker: Deutsche Maler, 1888, S.335 & 372) Man könnte eine Doktorarbeit über das Bild Friedrichs in der Literatur im 19. Jahrhundert schreiben! Die Bandbreite der Bewertungen ist bemerkenswert; angesichts dessen erstaunt es nicht, wenn es (mindestens) zwei Autoren gibt, die den Namen Friedrich verschweigen. Ob dies die Regel war? Aufgrund meiner Schnell-Recherche scheint es eher die Ausnahme gewesen zu sein. Auch dass Friedrichs Werke nicht in den Museen oder Galerien hingen, erscheint mir fraglich: Wilhelm Schäfers Führer durch die Königliche Gemäldegalerie zu Dresden von 1860 nennt immerhin zwei Friedrich-Gemälde. Man mag sich aus heutiger Sicht wundern über die unterschiedlichen Urteile, die über Friedrich gefällt wurden. Dass sich der Geschmack und die Moden in der Kunst mit der Zeit ändern, ist freilich nichts Neues. Auch Friedrich kam halt zeitweise aus der Mode. Illies überspitzt das, ob nun wissentlich oder nicht; wirklich vergessen war der Maler nie, und natürlich wurde er auch gesammelt; sonst hätten seine Bilder (oder jedenfalls viele davon) ja nicht überlebt. Auch andere Punkte überspitzt er, etwa die angebliche Unfähigkeit Friedrichs, Menschen zu malen. Man sollte also nicht alle Aussagen Illies' auf die Goldwaage legen. Wie gesagt: Es ist kein wissenschaftliches Werk, aber es ist gut geeignet für den Einstieg in die (Gedanken-)Welt des Künstlers und seiner Zeit. Für die weitere Beschäftigung empfehle ich (zusätzlich zu Illies' Literaturangaben) ein Werk, das bereits zum 200. Geburtstag erschien und nur noch antiquarisch erhältlich ist: Jens Christian Jensen: Caspar David Friedrich - Leben und Werk, DuMont 1974. Es enthält auch mehr und qualitativ besseren Abbildungen ...
LovelyBooks-BewertungVon Stephan58 am 12.08.2024
Illies ist für seinen feuilletonistischen Stil und die Umsetzung seiner Recherchen in lebensnahe Schilderungen bekannt. Auch in diesem Buch. Er bringt den Lesern den romantischen Maler Caspar David Friedrich nahe, seine Lebensumstände, seine Vorstellungen vom Malen und wie die bekanntesten seiner Werke entstanden sind und zunächst in der Kunstwelt eher abgelehnt werden, bei Goethe sogar zu einem Zornausbruch geführt haben, wo Friedrich doch zeitlebens gerade von ihm anerkannt werden wollte. Friedrichs Freundschaft mit dem norwegischen Landschaftsmaler Johann Christian Clausen Dahl, der in der Natur mit wenigen Pinselstrichen beeindruckende Wolkenformationen zu malen verstand, während Friedrich sich dazu in sein Atelier zurückziehen und seine überwältigenden Himmelsansichten aus dem Geist heraus formen musste. Die Einflüsse auf Friedrichs Werk, seine Religiosität, die in seinen Bildern immer auch das Andere, das Göttliche durchscheinen lässt und seinen unermüdlichen Schaffensprozess bringt Illies in seiner überzeugenden Charakterisierung des Malers nahe.