Heute wird Jugendsprache von vielen als moderne Verfallserscheinung empfunden, die bestenfalls nervt und unverständlich ist (Swag, LOL, Yolo), schlimmstenfalls zur Zerstörung des Deutschen beiträgt ( Bruder muss los" , I bims").
Matthias Heine zeigt jedoch, dass Jugendliche schon immer eigene Gruppensprachen nutzten - nach innen als Erkennungszeichen, nach außen als Abgrenzung und natürlich auch ganz einfach zum Spaß. Dazu zieht er Quellen wie Goethes Studentenwörtersammlung, Kästners " Emil und die Detektive" oder die deutschen Synchronisationen der Beatles-Filme heran.
Krass, dufte, kolossal - Jugendsprache ist kein Phänomen unserer Zeit.
Schon im 18. Jahrhundert pflegten die Studenten ihren eigenen Jargon und die Wandervogelbewegung lieferte den Nazis manches Lieblingswort. Matthias Heine zeigt, dass Jugendliche schon immer eigene Gruppensprachen nutzten - nach innen als Erkennungszeichen, nach außen als Abgrenzung und natürlich auch ganz einfach zum Spaß. Dazu zieht er Quellen wie Goethes Studentenwörtersammlung, Kästners »Emil und die Detektive« oder die deutschen Synchronisationen der Beatles-Filme heran.
Jugendliche haben unsere Muttersprache weder verhunzt noch zerstört. Ganz im Gegenteil: Seit der frühen Neuzeit haben sie unseren Alltagswortschatz um zahlreiche coole Ausdrücke und Wendungen bereichert. Entdecken Sie in diesem unterhaltsamen Sachbuch alte und vertraute Begriffe einer lebendigen Jugendkultur!
Besprechung vom 09.07.2021
Was laberst du, Digga?
Matthias Heine über die Geschichte der Jugendsprache
Matthias Heine rollt in seinem Buch die Geschichte der Jugendsprache in Deutschland anhand von historischen Wörterbüchern, literarischen und videografierten Quellen, Exzerpten, Anekdoten und historischen, mehr oder weniger gesicherten Fakten auf. Dabei zeichnet er ein Bild adoleszenter und postadoleszenter Lebensumstände. Chronologisch führt er durch die Geschichte und das Lexikon frühesten Studentenlebens und der Schülerschaft. Er weist auf die Bedeutung von Geheimsprachen hin, diskutiert die Jugendsprache in der Hitlerjugend und in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zu aktuellen Tendenzen des jugendlichen Lexikons.
Jugendsprache ist zu jeder Zeit ein Schmelztiegel sprachlicher Variationen, der sich auch aus dem Repertoire vorangegangener Generationen speist. Viele lexikalische Merkmale überdauern oder überspringen mehrere Generationen, sie werden reaktiviert und verändert. Bei der Darstellung dieser Phänomene wahrt der Autor nicht immer die wünschenswerte Neutralität, immerhin darf sein Werk durchaus Anspruch auf wissenschaftliche Seriosität erheben. Eine gewisse Voreingenommenheit zeigt sich etwa, sobald ideologisch belastete Begriffe (wenn auch in Anführungszeichen gesetzt) wie "Biodeutsche" fallen. Wenn es dann noch heißt, bei Kiezdeutsch handle es sich um einen "restringierten Code", wird deutlich, dass auch ganz persönliche Stellungnahmen das Buch angereichert haben. Ein Vorzug der Studie ist es gleichwohl, dass ihr Verfasser dennoch auf die von seiner Darstellung abweichenden Auffassungen der Wissenschaft eingeht. So lädt das Werk gewiss zu kontroversen Diskussionen ein.
NILS BAHLO
Matthias Heine: "Krass". 500 Jahre deutsche
Jugendsprache.
Dudenverlag, Berlin 2021. 272 S., geb.
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