In ihrem neuen fesselnden Roman Der längste Schlaf entführt uns die deutsche Autorin Melanie Raabe auf eine abenteuerliche und mitreißende Reise, die tief in den faszinierenden Themenkreis rund um Schlaf, Schlaflosigkeit, Geister der Vergangenheit und prophetische Träume eintaucht. Der Roman kombiniert geschickt Elemente aus dunkler Familiengeschichte, Psychothriller und Liebesgeschichte mit zahlreichen übersinnlichen Mystery-Elementen, sodass er sich mit seiner abwechslungsreichen und stimmigen Mischung nicht eindeutig einem einzigen Genre zuordnen lässt, sondern am ehesten im Bereich des Magischen Realismus verortet werden kann.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Wissenschaftlerin und führende Schlafforscherin Mara Lux, die in London lebt und nach dem frühen Unfalltod ihrer Eltern kaum noch Verbindungen nach Deutschland hat. Seit langem hat Mara mit den Traumata ihrer Vergangenheit zu kämpfen; zudem leidet unter schwerer Insomnia, da ihre Träume auf mysteriöse Weise bisweilen real zu werden scheinen.
Mit ihrem ausdrucksstarken, eindringlichen Schreibstil gelingt es der Autorin hervorragend, uns allmählich in die rätselhafte Geschichte rund um die faszinierenden Protagonistin Mara hinein zu ziehen und eine mysteriöse, dichte Atmosphäre herauf zu beschwören. Gekonnt lässt sie interessante Aspekte der Schlafforschung und Traumdeutung in die spannende, vielschichtige Handlung einfließen. Gemeinsam mit Mara begeben wir uns in die deutsche Provinz, um die rätselhaften Hintergründe einer anonymen Erbschaft eines alten, verwunschenen Herrenhauses zu ergründen.
Von Beginn an hat mich besonders der eingestreute zweite Handlungsstrang in seinen Bann gezogen, der aus einer zunächst unbekannten Ich-Perspektive erzählt wird. Seine Bedeutung für die Haupthandlung erschließt sich erst im Verlauf der komplexen Geschichte und sorgt für eine besondere emotionale Tiefe. Die zahlreichen mysteriösen Geschehnisse und übernatürlichen Elemente tragen erheblich zur Spannung bei und verleihen dem Thriller eine besondere Note.
Melanie Raabe gelingt es hervorragend, ihre vielschichtigen Figuren lebendig werden zu lassen. Mit ihren speziellen Eigenarten wirken sie glaubwürdig und sehr authentisch. Insbesondere die geheimnisvolle Hauptfigur Mara ist eine facettenreiche Persönlichkeit, die es allmählich mit ihren unheilvollen Träumen und ihrer einzigartigen Gabe zu ergründen gilt. Anfangs erscheint sie als etwas unnahbar und kontrolliert, geplagt von Ängsten, Schuldgefühlen und Unsicherheiten, den schmerzvollen Dämonen aus der Vergangenheit und ihren beklemmenden Träumen möchte sie sich nicht stellen. Doch je mehr man schließlich über ihr Leben und die mysteriösen Hintergründe erfährt, desto faszinierender wird ihr starker Charakter. Schließlich fiebert man der Auflösung des dunklen Geheimnisses rund um das Herrenhaus Limmerfeldt und den Hintergründen der Erbschaft regelrecht entgegen.
Gekonnt beleuchtet Raabe in ihrem nachdenklich stimmenden Roman auch den Umgang mit Träumen, den Verlust geliebter Menschen und den Geistern der Vergangenheit aus unterschiedlichen Perspektiven.
Die Autorin versteht es, uns mit einer dichten, oft düster-mysteriösen Atmosphäre zu fesseln und mit einigen überraschenden Verwicklungen bis zum stimmigen Ende zu begeistern.
FAZIT
Ein faszinierender, fesselnder Roman - mit einer emotionalen, vielschichtigen Geschichte, interessanten Charakteren und einem tollen Mystery-Flair!