Heimatlos in Tel Aviv - so lautet der Untertitel der als Familiengeschichte des Autors beworbene zweite Teil der Familiensaga aus der Feder von Rafael Seligmann. Geschildert wird das Leben des jungen Juden Ludwig Seligmann und seines Bruders Heinrich nach deren Flucht nach Tel Aviv, wie sie es schaffen, ihre Familie nachzuholen, dort zu überleben und mehr oder weniger Fuß zu fassen.
Den ersten Teil der wohl als Trilogie angelegten Geschichte mit dem Titel Lauf, Ludwig, lauf habe ich nicht gelesen. Wann der dritte Teil erscheinen soll, konnte ich nicht eruieren.
Es soll die authentische Geschichte der Familie Ludwig Seligmann sein, erzählt aus der Feder des Sohnes. Jedoch lässt der Vorsatz im Buch, in dem steht, dass lediglich die engsten Familienmitglieder sowie die beiden im Buch genannten Freunde Siegfried Herrligkoffer und Karl Seiff reale Personen waren. Alle übrigen Protagonisten sind Fiktion. Nachdem das Buch aber von den fiktiven Charakteren lebt, frage ich mich, in wieweit das Beschriebene tatsächlich erlebt worden sein kann. Leider äußert sich der Autor dazu nicht.
Mir hat an dem Buch vor allem die Schilderung der geschichtlichen Fakten gefallen. Der Palästinakonflikt ist wohl für die meisten Laien nur schwer zu durchschauen. Hier schafft es der Autor, die Fakten so aufzubereiten, dass man sie als interessierter Laie gut verstehen kann. Ganz offensichtlich kommt hier der Journalist im Autor durch. Für mich persönlich ein Glück für das Buch, denn leider ist er kein Erzähler. Die Sprache ist in großen Teilen - also vor allem in den erzählerischen - merkwürdig gestelzt. Die real existierenden Personen blieben für mich unbelebt und hölzern, im Gegensatz dazu wurden die fiktiven Charaktere - allen voran Lewinsohn - plastisch und lebhaft gezeichnet. Bei den Schilderungen von Orten und Landschaften geht es nicht ganz so zugeknöpft zu. Erklärt der Autor in den geschichtlichen Fakten die Zeitsprünge, so machen sie dem Leser in den erzählerischen Teilen das Leben schwer. Wie auch die erzählerischen Perspektivwechsel, die nicht unbedingt schlüssig sind.
Das Buch ist hochwertig aufgemacht, allerdings fehlt das Lesebändchen. Leider schien es in einigen Teilen so, als seien Lektorat und Korrektorat nur über die Seiten gehuscht, was in meinen Augen nicht passieren dürfte.
Meine Bewertung des Buches fällt deshalb zwiegespalten aus: Ginge es um die Bewertung als Sachbuch - also ohne die erzählte Geschichte - bekäme es von mir 4 von 5 Sternen. Die erzählte Geschichte selbst bekäme von mir lediglich 2 von 5 Sternen. Damit erhält das Buch gut gemeinte 3 von 5 Sterne von mir.