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Zur Welt kommen

Elternschaft als philosophisches Abenteuer

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Svenja Flaßpöhler und Florian Werner kennen einander seit fünfzehn Jahren, vor zehn Jahren kam ihre Tochter zur Welt, vor drei Jahren ihr Sohn. Eine Philosophin und ein Literaturwissenschaftler: Natürlich wurden da am Frühstückstisch nicht nur Lätzchen gewechselt und Bananenbrei vom Boden gewischt. Es wurde auch über die philosophischen Dimensionen der Elternschaft diskutiert. Bereichert ein Kind die Liebe oder ersetzt es sie? Wie verändert das Elternsein die Wahrnehmung der Zeit? Und warum fühlt man sich als Vater beim Babyschwimmen geschlechtslos? Die Kinder wurden größer, die Berge mit Gesprächsnotizen auch: So entstand dieses Buch.

Mit »Zur Welt kommen« legen Flaßpöhler und Werner keinen Ratgeber vor, der das Stillen, Wickeln und Füttern optimieren will. Sondern eine Philosophie für Mütter und Väter, die jene existenzielle Dimension ausleuchtet, die in dem einfachen Satz steckt: Ein Mensch kommt zur Welt. Ein ebenso persönliches wie tiefsinniges, kurzweiliges wie erhellendes Buch für Menschen, die, indem sie Kinder bekommen, ebenfalls neu geboren werden.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
18. März 2019
Sprache
deutsch
Auflage
Originalausgabe
Seitenanzahl
221
Autor/Autorin
Svenja Flaßpöhler, Florian Werner
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Gewicht
340 g
Größe (L/B/H)
205/134/25 mm
ISBN
9783896675620

Portrait

Svenja Flaßpöhler

Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des »Philosophie Magazin«. Seit 2013 ist sie Mitglied der Programmleitung des Philosophiefestivals phil.COLOGNE und seit 2017 Jurorin des »Bayerischen Buchpreises«. Ihr Buch »Mein Wille geschehe. Sterben in Zeiten der Freitodhilfe« (2007) wurde mit dem Arthur-Koestler-Preis ausgezeichnet, ihre Streitschrift »Die potente Frau« wurde ein Bestseller. Svenja Flaßpöhler lebt mit ihrem Mann und den beiden gemeinsamen Kindern in Berlin.

Florian Werner, 1971 in Berlin geboren, ist promovierter Literaturwissenschaftler, spielt Fußball in der Deutschen Autorennationalmannschaft, lehrt als Gastdozent an verschiedenen Hochschulen und arbeitet für den Hörfunk. Seine Bücher, darunter Die Kuh. Leben, Werk und Wirkung (2009) und Schnecken. Ein Portrait (2015), wurden u.a. ins Englische, Spanische und Japanische übersetzt und mehrfach ausgezeichnet, etwa als "Wissenschaftsbuch des Jahres und mit dem "Literaturpreis Umwelt des Landes Brandenburg. Zuletzt erschien Die Weisheit der Trottellumme Was wir von Tieren lernen können bei Blessing (2018).

Pressestimmen

»Sie wagen sich ins Ungewisse. Svenja Flaßpöhler und Florian Werner haben als Paar ein Buch über ihre Elternschaft geschrieben: selbstironisch, klug und nachdenklich.« Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT

»[...]eine Hymne auf die Elternschaft [ ] Inspirierend sowohl für Menschen, die Eltern werden wollen, als auch für solche, die es bereits sind.« FALTER

Frankfurter Allgemeine Zeitung - RezensionBesprechung vom 17.03.2019

Was soll ich machen? Lass es! Tu es!
Svenja Flaßpöhler erlebt Elternschaft als philosophisches Abenteuer. Sheila Heti nicht

Seit einiger Zeit hat die Mutter, Mutterschaft, das Elternwerden, alles, was mit Babys und der Veränderung des Lebens zu tun hat, den Buchmarkt erobert. Man könnte sogar sagen, die Mutter ist die neue Pariserin, also der beste Weg, ein Buch möglichst zielstrebig an den Mann, also die Frau zu bringen. Nur geht es bei diesem neuen Genre nicht darum, den Frauen zu erklären, warum andere Frauen, also Pariserinnen, das mit dem Dünn-, Verführerisch-, Schön-, Erfolgreich- und Dreifach-Mutter-Sein so viel besser hinbekommen als sie. Sondern ganz im Gegenteil darum, werdenden Müttern einen halbwegs realistischen Einblick in das zu geben, was das Mutter-Sein für eine Frau von heute tatsächlich bedeuten kann. Viel Verwirrung, Angst und auch ein bisschen Leid.

Die amerikanische Essayistin Lauren Elkin schrieb vor ein paar Monaten in der "Paris Review" über diese Welle von Mutterbüchern, sie sei ein "neuer Kanon". Eine Alternative zu den zur Verfügung stehenden Ratgebern, die den Perfektionsdrang der meisten Mütter wahrscheinlich nur förderten. Elkin sieht das als feministische Entwicklung des Schreibens über ein ja immerhin exklusiv weibliches Erlebnis. Und wahrscheinlich hat sie damit auch recht. Für Nicht-Mütter und Frauen, die auch nicht vorhaben, an diesem Status demnächst etwas zu ändern, sind solche Bücher trotzdem unlesbar, weil die Ambition, den Druck, den die Gesellschaft auf eine werdende Mutter ausübt, zu entlarven, in den meisten Fällen in persönlichen Befindlichkeiten verpufft. Vielleicht auch, weil man, wie Rachel Cusk es in ihrem phantastischen Buch "A Life's Work" schrieb, als Nicht-Mutter aus einer Art Selbstschutz für Muttergeschichten taub bleibt: Würde man die Wahrheit kennen, keiner würde mehr Kinder machen. Eine Ausnahme ist das im vergangenen Jahr erschienene "Mothers. An Essay on Love and Cruelty" von Jacqueline Rose. Sie durchleuchtet die Figur der Mutter, den Druck, den patriarchale Gesellschaften über die Mutterschaft ausüben, kulturgeschichtlich, und damit für alle interessant.

In Deutschland sind gerade zwei Bücher erschienen, die sich mit der Mutterschaft und dem Elternwerden beschäftigen: Svenja Flaßpöhlers und Florian Werners Buch "Zur Welt kommen" und Sheila Hetis "Mutterschaft". Anders als Hetis Memoir ist "Zur Welt kommen" nicht die Selbsterkundung einer Frau, sondern die eines Paares, das einem die Elternschaft, wie der Untertitel verrät, als "philosophisches Abenteuer" verkaufen will. Dazu stellen die beiden eine Art Elternwerden-Register auf: 44 Begriffe von "Anfangen" über "Muttermund", "Penis", "Stammbaum", "Schmerz" bis zu "Aufhören", unterteilt in die Blöcke "Die Tochter" - "Der Sohn". Manche werden von Svenja Flaßpöhler, Chefredakteurin des "Philosophie Magazins", bearbeitet, manche von Florian Werner. Gekennzeichnet werden sie durch ein Männlichkeits- und Weiblichkeitssymbol. Ab und zu, vielleicht um den Eindruck eines philosophischen Disputs zu unterstreichen, reden, beziehungsweise schreiben, sie sich auch dazwischen, was sie irgendwie süß oder lustig zu finden scheinen, einen beim Lesen aber eher peinlich berührt.

Viel schlimmer ist aber ihre Wortwahl: Da "tigert" sie, als die Wehen einsetzen, "durch den Raum wie ein Raubtier", will eine "Löwenmutter" sein, er planscht im "pullerwarmen Wasser", sie schreibt von "Männlein" und "einem Paar, das aufbricht in die Zukunft der Fruchtbarkeit". Das klingt, auch wenn es auf den Philosophen Levinas verweist, gruselig. An vielen Stellen wird man, allein wegen der Sprache, von leichtem Ekel überfallen. Manchmal ist es auch einfach der Inhalt, der befremdet: Werners pornographische Assoziationen beim Babyschwimmen oder Flaßpöhlers Gedanke, der Vater könne, indem er seinen Nachnamen weitergibt, die symbiotische Verbindung von Mutter und Kind "öffnen", eine Frau, die ihm das verweigere, hänge zu sehr an ihrer "weiblichen Allmacht". Toll ist auch, wenn die Autorin von "Die potente Frau", die während der #MeToo-Debatte erklärte, die Frauen würden es sich in ihrem Opferstatus viel zu bequem machen, meint, die ganze "Regretting Motherhood"-Debatte sei "typisch weiblich". Sie würde mal wieder beweisen, dass Frauen sich das Leben gern unnötig schwermachen: Sie bereuen Dinge, die nun mal nicht zu ändern seien. Männer täten das nicht.

Hier und da gibt es ein paar ganz lustige Gedanken: Etwa, dass der Körper der Mutter für den Sohn das erste Fahrzeug ist und kleine Jungs deshalb, offenbar trotz Gendertheorie, oft Autos mögen. Oder Werners Beschreibung des schwangeren Körpers, den er nicht, wie die meisten freundlich behaupten würden, wunderschön, sondern eher "grotesk", ja nahezu zum Totlachen findet. Sonst liest sich dieser mit philosophischem Puderzucker überstreute Dialog der Ehepartner Flaßpöhler-Werner aber einfach zu selbstsicher, man möchte fast sagen zu "potent", sich selbst zu ernst nehmend und, zumindest für Nicht-Fans, zu intim.

Intim wird es bei Sheila Heti, das muss man der Fairness halber sagen, auch. Die kanadische Schriftstellerin schreibt von Streitereien und Anal-Sex-Versöhnungen mit ihrem Freund Miles, darüber, wie sie verhütet, nämlich durch Rausziehen, von ihren Träumen, ihrer Periode, ihrem Eisprung, der Spirale, die sie sich gleich wieder entfernen lässt, und so weiter. Sie dreht sich von Anfang bis Ende des Buches nur um sich selbst, oft auch einfach viele Seiten lang im Kreis. Sie zwingt einen, ihr in ihrer Unentschlossenheit und Unsicherheit, ihrer existentiell-philosophischen Selbstbefragung auf Schritt und Tritt zu folgen, und geht einem damit natürlich über weite Teile ganz furchtbar auf die Nerven. Nur greift Heti in "Mutterschaft" auch das Thema auf, ob man überhaupt ein Kind haben will. In unseren westlichen Gesellschaften hat ja, zumindest bis auf weiteres, jede Frau die Wahl. Sie kann sich für oder auch gegen die Mutterschaft entscheiden. Nur scheinen die wenigsten der Mutterbuch-Autorinnen diese, von Frauen immerhin hart erkämpfte Option, überhaupt je in Betracht gezogen zu haben. Wenn man Hetis qualvolles Grübeln liest, versteht man auch ganz gut, warum: Wahrscheinlich ist es schwieriger, sich gegen etwas zu entscheiden, das als natürliche Entwicklung eines Frauenlebens gilt, als sich dieser Norm einfach zu unterwerfen und zu hoffen, dass das mit dem Mutterglück am Ende doch irgendwie stimmt. Oder wie sie schreibt: "Es liegt eine Art Traurigkeit darin, etwas nicht zu wollen, was dem Leben so vieler anderer Bedeutung verleiht."

Ob sie ein Kind will oder nicht, das weiß sie das ganze Buch über nicht. Tatsächlich tendiert sie aber von Beginn an zu "nein". Aufgetaucht ist die Frage an ihrem 37. Geburtstag. Um sie herum bekommen all ihre Freundinnen Kinder, und drängen sie dazu, das Gleiche zu tun. "Weil sie wollen, dass du das gleiche Handikap hast wie sie", sagt ihr Freund, der schon eine Tochter hat und kein weiteres Kind will. Sie glaubt: Eine Frau, die Kinder bekommen kann, sich aber bewusst dagegen entscheidet, sei für andere nicht ganz normal, ja sogar bedrohlich. Die Mutterschaft sei in gewisser Weise ein Weg, Frauen in ihren Dreißigern, also wenn sie gerade anfangen, ihr Leben halbwegs im Griff zu haben, aus dem Verkehr zu ziehen. Wer weiß schon, welchen Ärger sie anstellen würden, wären sie ganz frei, schreibt sie. "Als Frau kannst du nicht einfach sagen, du willst kein Kind", heißt es an einer anderen Stelle. "Du musst schon einen ausführlichen Plan oder eine Vorstellung davon haben, was du stattdessen machen willst. Und das sollte lieber was Großartiges sein."

Sheila Heti hat so einen Plan. Sie will weiter Bücher schreiben, etwas in die Welt bringen, das nicht sterben kann: "Ein Buch lebt in dem Menschen fort, der es liest, es kann nicht ausgelöscht werden." Flaßpöhler sagt, sie habe immer gedacht, zum Schaffen müsse man einsam leben, aber festgestellt, dass beides zusammen funktionieren kann. In "Mutterschaft" behauptet Hetis Freund Miles, eins von beiden müsste zwangsläufig leiden, da sowohl Kunst als auch Kinder maximale Aufmerksamkeit fordern. Heti zumindest entscheidet sich für die Kunst und gegen das Kind und schreibt nach Jahren des Hin und Her, wie erleichtert sie sei, dass sie es durch diese "fruchtbaren" Jahre geschafft hat, sich zu ihrer eigenen Freiheit durchzukämpfen, ohne einzuknicken.

Das Schönste an Sheila Hetis Buch sind aber gar nicht die Überlegungen zur Mutterschaft. Es sind jene Passagen, in denen die Autorin das Verhältnis zu ihrer Mutter, dieses schwierig-schöne Band, befragt. Hetis Mutter war eine von Depressionen geplagte Frau, die ihr Leben, so schreibt es die Autorin, dem ihrer eigenen Mutter gewidmet hat. Sie wollte, dass das Leben ihrer Mutter durch das ihre Sinn macht. Und in etwa das will Heti durch ihr Schreiben auch erreichen: "Wir richten unsere Liebe rückwärts, um das Leben unserer Mutter mit Schönheit und Bedeutung zu erfüllen. Vielleicht bedeutet Mutterschaft, dass man seine Mutter würdigt." Hetis Mutterschaft wäre demnach mit "Mutterschaft" erreicht. Auf eine für Mütter, Nicht-Mütter, potentielle Mütter und sogar für Männer lesenswerte Art.

ANNABELLE HIRSCH.

Svenja Flaßpöhler, Florian Werner: "Zur Welt kommen. Elternschaft als philosophisches Abenteuer". Blessing, 224 Seiten 18,50 Euro.

Sheila Heti: "Mutterschaft". Übersetzt von Thomas Überhoff. Rowohlt, 320 Seiten, 22 Euro. Die Autorin liest am 20. März in Zürich, am 21. März in Berlin und am 22. März in Köln.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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