INHALT:
Hamburg, 1948: Nach wie vor arbeitet Ida Rabe bei der weiblichen Polizei der Davidwache auf St. Pauli. In ihrem Arbeitsfeld sind Frauen noch immer in der Unterzahl und haben es schwer, ernst genommen zu werden. Idas heimlicher Traum, Kriminalkommissarin zu werden, ist bisher nicht realisierbar. Frauen dürfen weder Waffen mit sich führen, noch Tötungsdelikte untersuchen.
Doch als sich Vera Pape an Ida wendet, die von einem Mann misshandelt wurde, der kurze Zeit später tot aufgefunden wird, kann die Schutzpolizistin sich unmöglich nur Bagatellen, wie dem Diebstahl von Kaninchen und Hühnern, widmen! Vera Pape wird des Mordes verdächtigt. Warum schweigt sie? Ida muss etwas unternehmen!
Außerdem steht eine größere Polizei-Aktion bevor: Die neue Währung der D-Mark wird eingeführt, weshalb große Mengen Bargeld transportiert und an die Bevölkerung ausgegeben werden soll. Die Polizei wird in Alarmbereitschaft versetzt und das Interesse der zwielichtigen Unterwelt ist geweckt ...
----
MEINUNG:
Bei "Alte Schuld" handelt es sich um den Folgeband von "Altes Leid." Es ist der zweite Fall für die Polizistin Ida Rabe, der ein Jahr später spielt.
Im Grunde genommen, kann das Buch auch ohne Vorkenntnisse aus dem vorherigen Teil gelesen werden. Trotzdem würde ich empfehlen, mit Band 1 zu starten, der für mich übrigens ein großes Highlight war.
Ich mag die Kombination aus historischem Roman und Krimi sehr gerne, vor allem im Zusammenspiel mit einer taffen, starken Protagonistin.
Als geschichtlichen Hintergrund haben wir hier die Situation, wenige Jahre nach Kriegsende. Es liegen noch immer zahlreiche Trümmer auf den Straßen, es wird viel geklaut und auf dem Schwarzen Markt verkauft und die Währungsreform steht kurz bevor.
Für mich kam erneut besonders gut zur Geltung, wie Frauen damals zum Teil behandelt wurden. Misshandlungen oder andere Vergehen an Frauen wurden von vielen männlichen Polizisten als hysterisch abgetan und unter den Tisch gekehrt. Und Frauen bei der Polizei wurden oft nicht ernst genommen, ihnen wurde kaum etwas zugetraut ("Ja, die weiblichen Gehirne sind eben klein") und sie mussten sich um Bagatellfälle kümmern, zu denen auch häufig die Anliegen von Frauen und Kindern zählten.
Das macht beim Lesen immer wieder wütend und man ist froh, dass sich seitdem in Deutschland vieles getan hat.
Es gibt mehrere Fälle, bei denen man anfangs noch nicht weiß, wie sie miteinander zusammenhängen.
Doch mit der Zeit setzen sich die Puzzleteile zu einem großen Gesamtbild zusammen.
Die verschiedenen Perspektiven sind gut aufeinander abgestimmt, harmonieren miteinander und sorgen für Spannung in der Geschichte.
Die Sprache ist eher einfach gestaltet, ich fühlte mich gut unterhalten.
Vom Cover her hätte ich vermutlich nicht nach der Lektüre gegriffen, es spricht mich nicht wirklich an. Da der erste Band jedoch ein Highlight war, habe ich das Buch dennoch zur Hand genommen.
Auch wenn ich eigenwillige Protagonist*innen immer wieder gerne mag, und Ida dafür bewundert habe, wie sie sich mutig den vielen männlichen Kollegen entgegenstellt, fand ich ihre Rolle zum Teil etwas unglaubwürdig. Ständig ermittelt sie heimlich auf eigene Faust, hält sich überhaupt nicht an Absprachen und macht, was sie möchte, ohne, dass es Konsequenzen gibt.
So kann man sich als Polizistin (ohne Waffen und mit geringer Ausbildung) schnell in gefährliche Situationen bringen!
Das hat mich immer wieder geärgert und ich hätte sie mehrfach gerne geschüttelt!
----
FAZIT: Ein leichter Unterhaltungsroman, der mir insgesamt gut gefallen hat. Er zeigt anschaulich auf, wie schwierig es die ersten Frauen bei der Polizei hatten, ernst genommen zu werden. Und wie Anliegen von Frauen und Kindern häufig verharmlost wurden.
Die vielen Alleingänge bei der Arbeit von Polizistin Ida Rabe dagegen fand ich eher unglaubwürdig.
Von mir gibt es daher 4/5 Sterne.
----
(C. N.: Missbrauch, Gewalt, Misogynie)