Ok, vornweg, ich hab erst den Film gesehen und jetzt dieses Buch gelesen. Damals wusste ich nicht, dass es ein Buch dazu gibt und nun nach so langer Zeit, habe ich auf mein löchriges Gedächtnis gehofft. Ganz so löchrig ist es nicht, dennoch war es eine tolle Leseerfahrung. Ich war überrascht, wie wenig in einem Buch passieren kann und ich nichtsdestotrotz wissen will, wie es weiter geht. Eigentlich erleben wir nicht mehr als den Alltag harter Arbeit. Die Protagonistin kämpft täglich ums Überleben, nachdem sie eines Morgens in der Jagdhütte ihrer Cousine aufwacht und eine unsichtbare Wand die Icherzählerin vom Rest der Welt abschirmt. Sie, alleine in der Jagdhütte, mit ihren Tieren und der Natur. Geschrieben wie ein Bericht erfahre ich, wie sie diese Zeit körperlich uns seelisch meistert. Das schönste dabei sind die Gedanken, die ihr kommen. Regte mich selbst zum Nachdenken an und schenkt viel Raum für Interpretationen. Ich konnte ambivalente Gefühle zum Muttersein herauslesen, Gesellschaftskritik, Fragen zur Identität und Umwelt. Ich habe mich gefragt, ob die Wand eine Depression darstellen soll? "Es gab keine Gedanken, keine Erinnerungen, nur das große stille Schneelicht. Ich wußte, daß diese Vorstellung für einen einsamen Menschen gefährlich war, aber ich brachte nicht die Kraft auf, mich dagegen zu wehren." (S.148)Ich habe die Wand auch teilweise positiv gedeutet: endlich weg von dem gesellschaftlichen Druck, keine Luxusgüter, keine Gedanken zum Äußeren, keine Normen. Wie verhalte ich mich, wenn von außen keine Einflüsse auf mich einwirken?"Es ist ja keiner da, der mich darauf aufmerksam machen könnte. Niemand sagt mir, wie ich aussehe, und ich selber denke nie darüber nach." (S.151)"Aber ich verstehe, warum die anderen immer in der Übermacht waren. Lieben und für ein anderes Wesen sorgen ist ein sehr mühsames Geschäft und viel schwerer, als zu töten und zu zerstören. Ein Kind aufzuziehen dauert zwanzig Jahre, es zu töten zehn Sekunden." (S.161)Ganz viele Fragen, die ich mir während dem Lesen gestellt habe. Kein Buch zum nebenher Weglesen, sondern eins, bei dem ich innehalte, nachdenke, versuche die Gedanken der Protagonistin weiter zu denken und zu übertragen. Unglaublich, wenn ich darüber nachdenke, dass Marlen Haushofer dieses Buch 1963 geschrieben hat und ich heute noch all die Gedanken nachvollziehen kann. War eine besondere Leseerfahrung und kann ich allen weiterempfehlen, die gerne beim Lesen nachdenken.