Ein kleines Zeichen nur, ein Wink eines jungen Mädchens, und Thomas betritt auf der anderen Straßenseite ein Haus. Aber war es wirklich ein Zeichen? Und was ist das für ein Haus, in dem Thomas sich zunehmend verirrt? Ein Haus mit Krankenhauszimmern, Verhörräumen und Büros einer verschwommen bleibenden Justiz, deren Repräsentanten, Wächter und Beamte, mehr verbergen als sie zu erkennen geben. Thomas wird immer tiefer in eine bedrückende Welt hineingezogen, die den Einzelnen nur in seinen unbestimmten Verdopplungen, seinen Entfremdungen und Auflösungen hervorbringt und die eine labyrinthische Ortlosigkeit ohne Außerhalb bildet. Mehr als ein bloßer »Anblick der Bürokratie« (Sartre) scheint es um das »Zeichen eines Desaster« zu gehen, das die Geschichte des 20. Jahrhunderts kennzeichnet.
Aminadab, 1942 erstmals veröffentlicht, ist der zweite von drei Romanen Maurice Blanchots, der, mehr als 70 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung, erstmals in deutscher Sprache erscheint.
»Um an die Dichtung von so komplexen Werken wie
Aminadab
zu rühren, wären beträchtliche, vielleicht übermäßige intellektuelle Mittel notwendig.« Emmanuel Levinas
»Die seltsame Pension, die Thomas in
Aminadab
betritt (angezogen, gerufen und erwählt vielleicht, nicht aber ohne gezwungen zu sein, zahlreiche verbotene Schwellen zu überschreiten), scheint einem Gesetz unterworfen, das man nicht kennt; an seine Nähe und Abwesenheit erinnern ständig verbotene und offene Türen, das große Rad, das unleserliche oder leere Lose verteilt, ein überhängendes Obergeschoss, aus dem die Aufforderung zum Eintreten kam und weiterhin anonyme Anweisungen kommen, zu dem aber niemand Zugang hat; als einige versuchten, das Gesetz in seinem Schlupfwinkel aufzuspüren, fanden sie nur die Monotonie des Ortes, an dem sie längst schon waren, Gewalt, Blut und Tod, Zusammenbruch, Resignation und Verzweiflung schließlich und das freiwillige tödliche Verschwinden im Außen: Denn das Außen des Gesetzes ist so unzugänglich, dass man bei dem Versuch, es zu erreichen und zu besiegen, nicht etwa der Strafe verfällt, die das endlich bezwungene Gesetz wäre, sondern dem Außen dieses Außen einem Vergessen, das tiefer ist als jedes andere.« Michel Foucault