Parts Per Million, der neue Roman von Theresa Hannig, erschienen 2024 bei TOR/S. Fischer, beschäftigt sich mit einem brennenden Thema, der (notwendigen?) Radikalisierung der Klimabewegung, die seit Jahren auf der Stelle tritt, weil Lobby und Politik ihrer Stimme nicht zuhören.
Im Zentrum des Romans steht Johanna, eine Autorin auf der Suche nach einem neuen Stoff, die auf die Klimabewegung aufmerksam wird und im Rahmen ihrer Recherche von der Beobachterin zur Mitstreiterin wird, die am Ende entscheidend für die Radikalisierung der Bewegung ist und miterleben muss, wie sie selbst sich immer weiter verändert und die Bewegung mit ihr bis zur Eskalation.
Hannig hat eine enorme Recherchearbeit geleistet und bereitet die gefundenen Informationen meist sinnvoll auf gerade im ersten Teil noch etwas trocken, später besser in die Handlung integriert. Ihre Nahe-Zukunft-Prognose ist erschreckend realistisch und brutal hier muss sich niemand vormachen, dass es sich um Fiktion handelt. Über jedem Kapitel finden sich reale Klimameldungen unserer Zeit und auch die politische Entwicklung in Deutschland ist leider nur konsequent gedacht. Und auch die Protestbewegung stellt Hannig wirklich gut dar. Hier könnte also ein Knallerroman entstanden sein wäre da nicht die Hauptfigur Johanna und ihre Entwicklung, die ich leider von vorn bis hinten unglaubwürdig fand. Innerhalb von kürzester Zeit durchläuft sich eine Blitzentwicklung von der das Klimathema weitestgehend ignorierenden Person zum Kopf der Aktivist:innenszene, die sich radikalisiert und zur Klimaterroristin wird. Dabei verhält sie sich immer wieder maximal pubertär und entwickelt am Ende auch noch einen Kink auf Gewalt ich persönlich konnte diese Figur leider zu keinem Zeitpunkt ernst nehmen, ebenso wie ich auch mit so einigen Zufällen in dem Roman oder wirklich aberwitzigen Konstruktionen (klauen wir doch mal eben drei scharfe Fliegerbomben aus dem Rhein) überhaupt nicht mitgehen konnte. Schade auf, dass viele anentwickelte Themen sich im Nichts verlieren, die Familie von Johanna verschwindet ab der Mitte des Romans letztlich und auch ein Mensch, zu dem sie sich am Anfang des Romans extrem hingezogen fühlt, ist auf einmal doch nicht mehr relevant. Und auch das Ende hat mich eher verstimmt, da ich auch hier das Handeln einer Figur nicht glaubhaft finden, denn es ist nach der ganzen Geschichte nicht vorstellbar, dass diese wirklich denkt, mit ihrem Tun ihr Ziel zu erreichen. Ihr seid Millionäre. Wir sind Millionen. So sehen es die Parts Per Million und so wichtig und wahr ist dieser Satz. Ich befürchte nur, mit diesem Buch wird er nicht dazu führen, dass Menschen ihn Realität werden lassen.
Und so kann ich leider nicht mehr als 2 Sterne vergeben, was ich wirklich schade finde, aber Johanna blieb für mich durchweg ein Konstrukt. Für die dargestellten Informationen würde ich gerne 5 geben, aber die Handlung und vor allem die Figuren hat mich zu keinem Zeitpunkt gecatched. Vielleicht klappt das besser bei Menschen, die nicht feministisch und nicht vorgebildet im Bereich Klima sind. Für die Fakten ist es allemal ein lesenswertes Buch.