Mit diesem Buch habe ich über ein Jahr (!) gekämpft. Ich fand das Cover fröhlich und vor allem die Idee gut, sich dem Thema "queer" in Form eines Reiseblogs zu nähern. Aber der Schreibstil ist nicht meins und auch die Fotos hatten für mich nur wenig Charme. Irgendwie fand ich es aber schade, ein Buch von zwei sympatischen, kreativen Menschen abzubrechen. Daher habe ich mich mit ein paar Monaten Abstand nochmal rangewagt. Aber auch diesmal hatte ich das Gefühl, dass ein Blog nicht als Buch funktioniert.Worum geht es?Das Buch beleuchtet die Anfänge der beiden Blogger, als Paar und als Autoren, gibt Einblicke in die queere Community und erzählt von den Reisen der beiden rund um den Globus. Bereiste Länder sind u.a. Kanada, Island, Japan, die USA und der Kontinent Südamerika.Wie hat mir das Buch gefallen?Die Optik das Buches fand ich schön. Jeder Autor hat ein Sympbol, das in den Kapiteln anzeigt, wer gerade erzählt. Da sich die Schreibstile beider ähneln, ist das praktisch. Ich fand das hübsch gestaltet. Es gibt große und kleine Text-Kästchen mit zusätzlichen Tipps und Verlinkungen, die jedoch manchmal mitten in den Text gefügt sind. Nicht schlimm, hätte man aber besser lösen können. Die Schriftarten haben mir gut gefallen, sie passen zu den eckigen Übersichtskarten.Außerdem sind die Texte relativ kurz, in konsumierbare Kapitel unterteilt und nicht mit Tipps überfrachtet. Die Werbung für Hotels oder Ausflugsziele beschränkt sich auf wenige.Die Fotos, meistens Pärchenfotos mit Landschaft, sind schön, aber nicht so überragend. Die Autoren beschreiben sehr detailliert, WIE die Bilder jeweils entstehen, vor allem, was das Timing betrifft, den richtigen Winkel usw. Sie scheinen sehr perfektionsistisch zu sein und das fand ich sympatisch. Auf den Bildern sehe ich das nicht. Aus meiner Sicht hat das mehrere Gründe: Auf dem Handy und selbst als Taschenbuch sind die Bilder zu klein, um die Kraft von Menschen UND Natur darzustellen. Außerdem gibt es pro Reiseziel oft nur ein oder zwei Bilder. Vielleicht wollten die Autoren den Leser oder die Leserin nicht langweilen. Ich konnte mich nicht in die Reiseziele fallen lassen und das hat viel Charme genommen.Anfangs geht es oft um das Thema "queer" und auch queere Veranstaltungen werden besucht. Später wird das weniger, aber die Orte werden immer auf ihre Queer-Freundlichkeit getestet. Ich fand's toll, noch einmal einen Überblick über die Anfänge queerer Kulur zu kommen und die Lebensgeschichten beider zu lesen.In einigen Passagen werden auch kurze Dialoge mit Einheimischen geführt. An diesen Stellen wirkt das Buch journalistisch und mir gefiel, dass es weg vom persönlichen Klang des Textes geht. Auch Gespräche zwischen den beiden sind enthalten. Das soll den Text auflockern. Aber leider wirkt beides gekünstelt. Dass Dialoge in journalistischen Texten aufbereitet werden, ist normal. Denn keiner will lesen, wie jemand stammelt oder den Faden verliert. Aber hier wirkten die Passagen nicht authentisch. Die Figuren haben keinen eigenen Stil. Die Gespräche haben wahrscheinlich stattgefunden, aber so nacherzählt liest sich das gekünstelt.Ohnehin war der Schreibstil nicht meins. Jeder Leser:in hat andere Präferenzen, aber für mich wirkte es holprig. Als hätte man das Erlebte in eine literarische, erzählenden Form gepresst, die aber nicht passt. Ich fühlte mich nicht nah bei den Figuren, sondern als würde mir jemand ständig beschreiben WIE toll etwas ist.Auch die Schattenseiten, die der Klappentext ankündigt, werden wenig beleuchtet. Dass es frustierend ist, wenn man einen Sonnenuntergang verpasst und das Bild nicht schön wird, verstehe ich. Aber ich hätte mir mehr Konflikte und mehr Einblicke in die Arbeit hauptberuflicher Reiseblogger gewünscht. Das Abwägen zwischen Finanzen und Freizeit, der Kampf um Deadlines und moralische Werte.Eine der bewegendsten Momente im Buch war für mich, als sich die beiden als Drag-Queens auf einer queeren Kreuzfahrt stylen. Beide waren mit dem Thema in Berührung gekommen, hadern aber damit, das in der Praxis umzusetzen. Diesen Kampf, als Paar und als Menschen, fand ich liebenswert und ich hatte das Gefühl den beiden nahe zu sein.FazitSowohl das Buch als auch der Blog leben von der Beziehung, die man zu den Autoren hat. Es ist ein queeres Pärchen, das den Traum vom toleranten Leben in schöner Umgebung darstellt, im ein Lächeln auf den Lippen und nur wenig Wolken am Horizont. Ich finde das wichtig. Aber als Buch funktionieren die Texte für mich nicht. Es sind Reiseberichte, die sich leicht lesen lassen, aber sprachlich nicht geschliffen sind. Auch die Anzahl praktischer Infos ist eher klein. Besser ist, die Originaltexte auf dem Blog zu suchen. Auch wenn man dort mit HTML-Codes, englischen Texten und auffälliger Werbung zu kämpfen hat, sind mehr Verlinkungen und Fotos enthalten und andere Medien wie Instagram eingebunden. Dort sind sie besser konsumierbar.