Die goldene Feder - Geschichten aus dem alten Orient hat mir sehr gut gefallen. Das Buch wurde von Marianne Labisch herausgegeben und enthält zehn großartige Geschichten, die der Leser in die Welt von Tausendundeiner Nacht mitnehmen.
Das Cover des Buches fand ich sehr passend. Die Farben sind warm und ich musste sofort an Sand, Wärme und Wüste denken. Der Feder spricht für sich, weil sie auch im Titel dieser Kurzgeschichtensammlung vorkommt, aber was es mit dem Ziegenbock auf sich hat, erfährt man erst, wenn man die gleichnamige Geschichte Die goldene Feder liest. Im Buch bekommt jede Geschichte seine eigene Illustration. Die meisten haben mir gut gefallen und schaffen ist, die Handlung der Texte auf eine gelungen Art und Weise darzustellen. Was mir aber überhaupt nicht gefallen hat, ist der viel zu breite Bundsteg. So hat man auf jede Seite das Gefühl, dass es viel zu viel Weißraum gibt. Für Menschen, die während des Lesens Notizen machen möchten, ist dies bestimmt großartig, aber es sieht so schrecklich aus.
Zum Glück machen die Geschichten das kleine Übel wieder gut. Die sind nämlich wundervoll. Ich hatte ganz viel Spaß beim Lesen und habe mich gerne in diese Welten fallen lassen. Obwohl alle Texte sehr unterschiedlich waren, gab es doch einige Themen, die ganz oft zurückkamen, zum Beispiel das Thema der starken Frau, die kein Bock hat, nur zu Hause zu sitzen und zu tun, was die Männer von ihr wollen. Stattdessen lernt sie im Geheimen kämpfen oder begibt sich auf ferne Reisen, um so Abenteuer zu erleben. Öfters hat sie aber nur die Möglichkeit dazu, dies als Mann getarnt zu tun. Ich fand es aber toll, dass dies hier so oft thematisiert worden ist und die Geschichten aber trotzdem unterschiedlich und extrem spannend blieben.
Es ist schwierig zu sagen, welche Texte mir besser gefallen haben, weil sie alle so gut geschrieben waren. Ich habe mich gefreut über Namtar von Sascha Dinse. Eine etwas mysteriöse Geschichte, die den Leser mitnimmt zu einem Dorf, wo Jamaal und Aki eine geheimnisvolle Höhle betreten auf der Suche nach einem Schatz, aber schon schnell wird klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Dadurch, dass die Szenen in der Höhle und in dem Dorf abwechselnd erzählt werden, erfährt man als Leser nur nach und nach, was da los ist und bleibt erstaunt zurück.
Was mir auch sehr gut gefallen hat, war Arkadash von Vicent Voss, die letzte Geschichte des Buches. Das hat damit zu tun, dass dieser Text komplett anders ist als die Vorherigen. Hier befinden wir und nämlich in der Gegenwart und bringt der Autor Elemente von Tausendundeiner Nacht mithilfe eines Computerspiels in die Handlung. Es ist eine spannende Geschichte, in der verschiedene Personen versuchen, einen Anschlag zu verhindern. Sowohl durch das, was sie in der virtuellen Realität herausfinden, als direkt vor Ort in der analogen Welt.
Aber wie gesagt, auch die anderen Geschichten, wie zum Beispiel Blütenträume von Anaid Zach, wo man es mit einer verfluchten Stadt zu tun bekommt, oder Die Oase von AmSimam von Erik Klemusch, in der wir Saba während ihrer Reise begleiten oder Der Dschinn in der Teekanne von Marie-Kristin Jagst, in der Hannah sich plötzlich im alten Orient wiederfindet, statt in der Bibliothek in der Gegenwart, wo sie sich gerade eben befunden hat, sind extrem lesenswert. Viele Texte erwecken auch den Eindruck, als ob es die Möglichkeit zu einer Fortsetzung gäbe, was mir sehr freuen würde.
Insgesamt eine großartige Anthologie, die ich als sehr lesenswert empfinde. Ein wenig schade ist der viel zu breite Bundsteg, aber durch die wunderbaren Illustrationen und die spannenden, magischen und gut geschriebenen Geschichten vergisst man dies schnell und macht das Lesen trotzdem noch ganz viel Spaß. Meiner Meinung nach absolut empfehlenswert!