Mein Eindruck:
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"Ich habe in diesem Buch die Geschichten von zwölf Patientinnen und Patienten mit dir geteilt, und das aus ganz verschiedenen Gründen: wegen der jeweils unterschiedlichen Lektionen, die ich von ihnen gelernt habe. Ich bin jedem einzelnen von ihnen dankbar." (S. 208)
Eigentlich wollte Hadley Schriftstellerin werden. Doch das Schicksal führte sie als junge alleinstehende Mutter zunächst zum Beruf der Krankenschwester und schließlich zu ihrer Berufung als Palliativpflegerin. In diesem Buch erzählt sie von 12 besonderen Begegnungen mit ihren Patienten.
Obwohl sie gläubig aufgewachsen ist, hatte sie auch oft Zweifel daran, ob nach dem Tod etwas kommt oder was den Menschen beim Sterben erwarten könnte. Sie schildert sehr offen und ehrlich ihre eigenen Gefühle und Unsicherheiten im Umgang mit ihren sterbenden Patienten. Durch die Gespräche mit ihnen bekommt sie nicht nur Einblicke in das Leben der anderen, sondern entdeckt neue Seiten an sich selbst. Ihre Tätigkeit hilft ihr, mit ihren Problemen besser zurechtzukommen und innerlich zu heilen.
Mir gefiel besonders, dass in jedem Kapitel auch ein Stück ihrer eigenen Biografie erzählt wird, sodass der Bezug zum jeweiligen Patienten und die "Lektion", die sie aus der Begegnung erfahren hat, deutlich werden.
Deutlich wird auch, dass zum Sterben auch ein Leben gehört und dass auch im Abschied vom Leben Humor durchaus sein darf. Es ist wichtig, sich mit dem Thema Tod und Sterben auseinanderzusetzen. Zum einen hilft es einem, das eigene Leben besser zu leben, zum anderen ist der Tod unvermeidlich und verliert durch die Auseinandersetzung vorher seinen Schrecken.
Und letztendlich entsteht bei Hadley die Erkenntnis:
"Ich spürte einen gewissen Zwiespalt zwischen meiner Erziehung und dem, was ich jetzt hier erlebte. Jeder schien die unterschiedlichsten Vorstellungen von Gott und Religion zu haben, davon, welchen Sinn all das haben mochte. Woher sollte ich wissen, wer recht hatte und wer nicht? In meiner Kindheit hatte man mir beigebracht, auf Gott zu vertrauen und nicht am göttlichen Plan zu zweifeln so wie dieser Mann hier in der Notaufnahme. Aber ich verstand auch Theresas Standpunkt. Bereits in der kurzen Zeit, die ich in der Notaufnahme verbracht hatte, hatte ich einige wirklich schlimme Dinge zu sehen bekommen. Und das war nichts im Vergleich zu Theresa, die diese Arbeit schon seit Jahren machte.
In der Hospizarbeit allerdings lernte ich etwas völlig anderes kennen. Patienten, die allen möglichen Religionen angehörten oder gar nicht religiös waren, machten spirituelle Erfahrungen, die ich nicht ignorieren konnte. Patienten, die ich kennengelernt hatte, die ich mochte und denen ich vertraute. Allmählich dämmerte mir, dass das Schwarz-Weiß-Bild, das ich mir gemacht hatte, zu einfach war. Es gab tatsächlich etwas dazwischen." (S. 58)
Die Autorin wohnt und arbeitet in den USA. So erhält man nebenher auch viele Einblicke in das Gesundheitssystem dort, das ganz anders aufgebaut ist als das deutsche.
Mir war Hadley sehr sympathisch, ihre Erzählungen und ihre Offenheit berührten mich. Ich würde mir wünschen, dass alle (Palliativ)Pfleger mit so viel Herzblut ihre Arbeit machen würden. Das Buch beschäftigt sich mit dem Thema Sterben und Tod unabhängig von Religionszugehörigkeiten. Ich kann jedem empfehlen, es zu lesen und sich seine eigenen Gedanken zu machen.
Fazit:
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Eine Palliativpflegerin mit Herz erzählt ihre Erlebnisse mit 12 ihrer Patienten, die berühren und zum Nachdenken anregen.