Die Gestaltung des Buches ist unglaublich gut gelungen, ich bin ein großer Fan dieser neuen Art von Klappenbroschur, und auch innen ist es mit der Karte von Verona richtig hochwertig gestaltet.Im Original spielt Rosalin(d)e kaum eine Rolle, sie ist Romeos jüngste "Eroberung" & dient lediglich als Funktion, um Cousine Julia zu begegnen, für die er sie spontan verlässt. Deshalb finde ich es richtig interessant und eine tolle Idee, die Geschichte aus ihrer Sicht zu beschreiben.Sowohl Rosa (15) als auch Julia (13) sind wahnsinnig jung, wachsen isoliert auf & lassen sich deshalb leicht von Romeos Charme und hübschem Gesicht einlullen. Ich finde es in dem Alter und Kontext absolut realistisch, dass sie hier eher naiv agieren, es ist die erste Verliebtheit, und Rosa erkennt sein wahres Gesicht zu spät. Plötzlich wird sie die einzige, die ihre Cousine zu beschützen versucht & macht eine unglaublich große und reflektierte Entwicklung durch. Zwar geben sich die Nonnen, in deren Kloster sie gesteckt wird, als große Frauenfreundinnen, doch zwingen sie ihr letztlich ein Leben auf, das sie nicht möchte. Wobei fraglich ist, ob sie in dem Zeitalter eine andere Wahl hätte.Romeos Darstellung hier fand ich persönlich etwas überspitzt, das hatte in Kombi mit dem Mönch richtige soziopathische Züge zwischen Diebstahl, Vergew., Menschenhandel & Mord. Das hätte es mMn in dem Ausmaß gar nicht gebraucht. Er sollte wirklich bewusst als schlimmster aller schlimmsten Männer dargestellt werden mit 0 Aufmerksamkeitsspanne, obwohl er Julia im Original ja wirklich heiratet und nicht nur ausnutzt. Er blieb daher recht Schurken-eindimensional. Trzd war natürlich klar ersichtlich, worauf die Autorin hinauswollte.Die vielschichtige, clevere, mutige Rosa hingegen hat mir als Protagonistin richtig gut gefallen.Es wurde super herausgearbeitet, wie schwierig es damals für Frauen war, dass man quasi als Kind schon an alte Männer verkauft wird (Julia 13, Paris graue Haare), keine eigene Meinung oder Wünsche haben darf & sich zwischen Zwangsheirat & Kloster entscheiden kann, wobei Letzteres auch nicht unbedingt als save place dargestellt wurde. Aus feministisch-kritischer Sicht war diese Neuinterpretation daher mMn absolut relevant und gut gemacht, auch sprachlich konnte es mich überzeugen - es wurde nicht zu sehr modernisiert, was in dieser Form stilistisch prima gepasst hat.Ich liebe es, dass es immer mehr solcher Neuinterpretation aus weiblich-reflektierter Sicht gibt.