Schattenjunge

Levin und Jessie sind beste Freunde, obwohl sie nicht viel gemeinsam haben. Sie haben nur einen gemeinsamen Traum - der homophoben Kleinstadt, in der sie leben, schnellstmöglich den Rücken zu kehren. Doch plötzlich verschwindet Jessie spurlos. Auf der Suche nach ihm, begegnet Levin auf einer Kostümparty einen attraktiven Fremden. Es entsteht eine starke und intensive Anziehungskraft. Ihn umgibt eine geheimnisvolle Aura, die Levin sofort fasziniert und seine ganze Welt auf den Kopf stellt. Er ist direkt und einnehmend, aber auch sehr einfühlsam. Bis Levin in einem dunklen Raum erwacht und sich nicht erinnern kann, wie er dort hingekommen ist. Er ist der Angst vor dem Unbekannten ausgesetzt und muss feststellen, dass es kein Entkommen gibt. Levin versucht seine Gefühle, die für seinen Entführer unweigerlich entstehen, zu unterdrücken. Er möchte fliehen, sein altes Leben zurückhaben. Jedoch hört ein kleiner Teil tief in ihm langsam auf, sich gegen ihn zu wehren. Es sind die Momente der Verbundenheit, die ihn halten. Denn auf eine absurde Art kann er das wachsende Verlangen nicht kontrollieren und die emotionale Distanz zu seinem Peiniger aufrechterhalten. So viele Geheimnisse schlummern ihn ihm - wer ist er wirklich? Emotional wird man sehr gefordert und an seine Grenzen gebracht. Bewegend, schockierend und brutal. Gespickt mit grausamen Entdeckungen, Dämonen der Vergangenheit und verwoben mit der gegenwärtigen Gefahr, die sich immer mehr steigert. Ich liebe die düstere Atmosphäre, die Vaelis Vaughan geschaffen hat. Dieses Buch beinhaltet so vieles. Es führt dich an der Nase rum, spielt mit deinem Kopf und deinem Herzen. 'Schattenjunge' ist durchtränkt von Spannung, Gefahr und Irrwegen. Aber am meisten hat mich das Ende niedergestreckt. Denn damit hab ich nie im Leben gerechnet. Geheimnisse werden gelüftet, und du kommst an einen Punkt, wo du dir selbst nicht mehr vertrauen oder gar glauben kannst. Angst, Gefühlschaos und unstillbare Sehnsucht liegen hier nah beieinander. Es entwickelte sich ein Sog, dem ich einfach nicht widerstehen konnte und wollte. Es regt zum Nachdenken und fördert Verständnis.

Jessie und Levin sind die Außenseiter ihrer Schule und so zu besten Freunden geworden. Beide haben eine Vorliebe für gut-aussehende Männer und wollen ihre homophobe Heimat so schnell wie möglich verlassen. Als Jessie nach der Begegnung mit einer Internetbekanntschaft spurlos verschwindet, macht Levin sich große Sorgen. Er will einfach nicht glauben, dass sein bester Freund ihn einfach im Stich gelassen hat. Daraufhin beschließt er auf eigene Faust nach Jessie zu suchen, aber was er dann erlebt, übertrifft alle seine schlimmsten Erwartungen. Dieses Buch hat es wirklich in sich. Selbst für einen Thriller ist die Geschichte von Levin heftig und geht einem direkt unter die Haut. Die Autorin schafft es mit vielen unerwarteten Wendungen die Spannung hoch zu halten. Zwischendurch gibt es aber auch immer mal wieder Szenen zum durchatmen. Gerade dieser Kontrast macht für mich erst deutlich wie düster und teilweise grauenvoll der Rest ist. Niemals hätte ich jedoch erwartet, dass die Geschichte so ausgehen wird. Levin finde ich als Charakter einfach nur gut gelungen. Als Außenstehender ist es leicht zu sagen, wie man sich in der jeweiligen Situation idealerweise verhalten sollte. Für Levin ist es aber eine Ausnahmesituation und so ist es für mich auch logisch, dass er nicht immer die richtigen Entscheidungen trifft. Seine Gedanken und Beweggründe werden allerdings gut dargestellt und so gibt er der Geschichte noch mehr Tiefe. Ian ist als Charakter zwar nicht wirklich sympathisch, aber er gehört einfach zu der Geschichte dazu und ohne ihn wäre sie auch nur halb so gut. Für mich daher eine klare Leseempfehlung für alle mit starken Nerven und einer Vorliebe für düstere Thriller.