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Was ist Wahrheit? Was ist Wirklichkeit? Wie wurden wir, wer wir sind?

In »Strafe« beschreibt Ferdinand von Schirach zwölf Schicksale und zeigt, wie schwer es ist, einem Menschen gerecht zu werden und wie voreilig unsere Begriffe von »gut« und »böse« oft sind.
Ferdinand von Schirach verurteilt nie. In ruhiger, distanzierter Gelassenheit und zugleich voller Empathie erzählt er von Einsamkeit und Fremdheit, von dem Streben nach Glück und dem Scheitern. Seine Geschichten sind Erzählungen über uns selbst.
Gelesen von Ferdinand von Schirach.
(Laufzeit: 4h 22)

Produktdetails

Erscheinungsdatum
05. März 2018
Sprache
deutsch
Auflage
Ungekürzte Lesung
Ausgabe
Ungekürzt
Dateigröße
210,63 MB
Laufzeit
262 Minuten
Autor/Autorin
Ferdinand von Schirach
Sprecher/Sprecherin
Ferdinand von Schirach
Verlag/Hersteller
Produktart
MP3 format
Dateiformat
MP3
Audioinhalt
Hörbuch
GTIN
9783844529425

Portrait

Ferdinand von Schirach

Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen »großartigen Erzähler«, die New York Times einen »außergewöhnlichen Stilisten«, der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei »eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur«. Die Erzählungsbände »Verbrechen« und »Schuld« und die Romane »Der Fall Collini« und »Tabu« wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück »Terror« zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschien von ihm im Herbst 2017 unter dem Titel »Die Herzlichkeit der Vernunft« ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge.

Pressestimmen

Besprechung vom 10.03.2018

Scheiblettenkäse im Taucheranzug
Erschrecken über sich selbst: Ferdinand von Schirach bewirtschaftet mit "Strafe" erneut menschliche Abgründe

An einem Sonntagabend sieht der Schriftsteller im Fernsehen eine Reportage über Sexpuppen. Noch während die Sendung läuft, schaltet er den Laptop ein und beginnt, eine Kurzgeschichte darüber zu schreiben. Die Hauptfigur nennt er Meyerbeck. Zack, einfach nur mit Nachnamen, möglichst kurz und kalt. Die Puppe kommt per Post. "Zehn Tage nach Lydias Ankunft schläft Meyerbeck zum ersten Mal mit ihr. Drei Wochen später bestellt er für sie über das Internet Kleider, Dessous, Schuhe, Nachthemden und einen Schal. Meyerbeck lernt kochen, um abends nicht ins Restaurant gehen zu müssen, er will bei ihr sein. Oft sieht er sich jetzt Liebesfilme mit ihr an."

Dieser Meyerbeck ist echt eine arme Sau. Von seiner Frau plötzlich verlassen, zum Geburtstag eine vorgedruckte Karte von der Sparkasse - da muss man ja depressiv werden und Sexpuppen bestellen. Und dann kommt auch noch ein missgünstiger Nachbar ins Spiel. Sieht Meyerbeck mit seiner Puppe, bricht bei ihm ein und verwüstet alles, schreibt mit Lippenstift auf den Tisch "Perverse Sau". Ist doch klar, dass Meyerbeck nun die Sicherung durchbrennt. Bestellt sich einen Baseballschläger und schlägt dem Nachbarn die Zähne ein. Der Schriftsteller beschreibt nicht den Vorgang, sondern nur das Ergebnis: Schule der Neuen Sachlichkeit.

Dann kommt Meyerbecks Fall vor Gericht. Ein Sachverständiger darf die Sexpuppenreportage nacherzählen. Und dann sogar noch - es ist ein ungewöhnlicher Anfall von Weichheit des Schriftstellers - frei nach Max Frisch die Bildnisthematik beim Sichverlieben erklären. "Die kritische Phase beginnt, wenn dieses Bild von der Realität eingeholt wird, wenn wir also erkennen, wer der andere wirklich ist." Aua! Der Schriftsteller haut sich selbst auf die Finger. Auf keinen Fall hypotaktische Sätze, hatte er sich doch gesagt. Geht ja gar nicht. Lieber jetzt mal Schluss mit dieser Geschichte, Punkt machen und nächstes Thema. Gibt ja zum Glück so viele Abgründe der menschlichen Seele.

Also eine Story über Selbststrangulier-Onanisten. "Ist das ein qualvoller Tod?" - "Nein, es geht sehr schnell." Und eine über einen abgehalfterten Anwalt, der am System zweifelt, aber noch eine Chance bekommt. "Früher war Schlesinger ein guter Anwalt gewesen. Er hatte immer geglaubt, er stehe auf der richtigen Seite." Mehrere Geschichten über Rache ohne Reue. Und noch eine. Und noch eine. Dem Schriftsteller gehen die Plattitüden nicht aus. Weil das Leben schrecklich banal ist, dürfen seine Sätze es auch sein. Läuft. Ist ja auch schon der dritte Erzählband, nach "Schuld" und "Verbrechen" jetzt "Strafe". Angeblich der letzte Teil einer Trilogie, so heißt es zumindest, um ihn zu bewerben. Aber wenn die Leser wüssten! Da ist noch Stoff für so viel mehr.

Moral gibt es auch darin, nämlich von der Stange. Vor Gericht kommt nicht immer die Wahrheit heraus. Der Firnis der Zivilisation ist dünn. Strafverteidigung ist ein einsamer Job, aber einer muss ihn machen. Manchmal gibt es keine Erklärung für ein Verbrechen. Manchmal allerdings unfreiwillige Komik bei der Schilderung von Ekel-Tatorten: "Sind solche Dinge wie der Scheiblettenkäse und der Taucheranzug nicht merkwürdig?" - "So was passiert immer wieder."

Der Schriftsteller weiß, dass die Menschen schlecht sind, und vom Schlechtesten geht er immer aus. Wenn ein Paar seit vielen Jahren zusammen ist, muss er deshalb schon dazusagen: "Sie hatten nie aufgehört, miteinander zu sprechen."

Der Schriftsteller gibt seit Jahren dieselben Interviews über das Böse im Menschen, raucht dabei Kette und schaut in die Ferne. Erzählt von seinem früheren Leben, in dem er selbst Strafverteidiger war. Fährt für die "Bild"-Zeitung mit dem Auto durch Berlin. "Fahren Sie noch an die Orte des Verbrechens?" - "Heute nicht mehr." Aber: "Ich weiß ein bisschen etwas vom Scheitern des Menschen, von seiner Einsamkeit und seinem Erschrecken über sich selbst. Ich schreibe darüber, weil mir das nah ist." Der Leser soll glauben: Dem macht keiner was vor, das Leben ist Mist, und dann stirbt man.

Damit es auch wirklich der Letzte kapiert, schreibt der Schriftsteller alle paar Seiten Erkenntnissätze in sein Buch. "Die meisten Menschen kennen den gewaltsamen Tod nicht." Stimmt. Die meisten sind nur ständig davon umgeben, wenn sie den Fernseher anschalten oder in die Auslage der Bahnhofsbuchhandlung schauen.

JAN WIELE

Ferdinand von Schirach: "Strafe". Stories.

Luchterhand Literaturverlag, München 2018. 192 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon Schmiesen am 15.04.2019
Erneut sehr spannende und ergreifende Geschichten. Nur als Sprecher taugt der Autor wirklich nicht.
LovelyBooks-BewertungVon dominona am 19.09.2018
Ich weiß schon, warum ich die Schreibe so mag. Es beginnt immer sehr stimmungsvoll und oft auch harmlos. Es wird sich Zeit gelassen, um ein umfassendes Bild der Charaktere zu entwerfen und dem Hörer erschließt sich nach und nach auch die Titelwahl. Der Stoff eignet sich wunderbar für Kurzgeschichten und sie lassen einen meist auch wie gewohnt den Kopf schütteln - Ich hoffe, der Autor versorgt uns weiter mit Lesestoff.