Das liest sich oberflächig gesehen spannend und logisch, eignet sich als Unterhaltung, wenn einem die Sprache egal ist.
Erster Satz: "Die Frau und der Mann stehen zwischen dem Fließ, vor Jahrmillionen von schmelzenden Gletschern in den Boden gefräst, und dem Lagerfeuer, das ihr Werk ist."Der erste Satz hat mich gleich wieder aus dem Buch herauskatapultiert - die Frage war, ob ich weiterlesen soll. Der Himmel entlädt Sturzbäche, während Klaudia in der Nacht durch ländliches Gebiet fährt. Plötzlich rumpelt es und der Wagen bricht aus, landet im Gurkenacker. Sie steigt aus, findet eine tote Frau. Der erste Gedanke: Ich habe jemanden überfahren! Hier ist für mich der erste Logikfehler. Eine erfahrene Kommissarin, die mit der Lampe einen leblosen Körper begutachtet, prüft, ob die Frau noch lebt, müsste bemerken, dass der Mensch nicht gerade erst verstorben ist, sondern bereits vorher tot auf der Straße lag. Sei es drum, selbst die Rechtsmedizinerin vor Ort stellt das nicht fest, erst später, bei der der Obduktion. Warum muss Klaudia zunächst unter den Verdacht der Tötung fallen? Weil hier jeder etwas gegen jeden hat und man nicht gut miteinander auskommt, Klaudia die beinharte Alleingängerin ist, die macht, was sie will und auch noch mit der Herz-Lungenmaschine unter dem Arm weiter ermittelt. Nun stellt sich heraus, die gerade erst Verstorbene ist angeblich bereits seit zwei Jahren tot; für den Mord (warum eigentlich Mord, das wurde nie erklärt, passt nicht in die Logik: Totschlag im Streit, wobei beide bis zum Blackout alkoholisiert waren) wurde ihr damaliger Freund in einem Indizienprozess verurteilt. Er hatte auf Druck der Staatsanwältin gestanden, obwohl er sich an nichts erinnern kann. Muss wohl so gewesen sein, wie sie sagt. Wo hatte die junge Frau sich in der ganzen Zeit aufgehalten? Warum hatte sie sich versteckt? Eine Apotheke und eine Naturheilerin, die Auren spüren kann, und die in der Apotheke gern ihre Produkte verkaufen möchte, sind Dreh- und Angelpunkt des Geschehens. Das liest sich oberflächig gesehen spannend und logisch, eignet sich als Unterhaltung, wenn einem die Sprache egal ist."Die Scheibenwischer schafften es kaum, der Wassermassen Herr zu werden, die über die Windschutzscheibe flossen." Die sprachliche Qualität hat mich nicht überzeugt. Ständig erklärt die Autorin, was am Anfang des Satzes bereits steht oder im Nachsatz. Es wird auserklärt bis in die Tiefe, der Leser darf nicht denken, Zwischentöne fehlen völlig. Ständig stellen sich Nackenhaare auf oder kräuseln sich. Figuren werden erklärt, anstatt sie handeln zu lassen, sie zu zeigen. Das verdirbt den Lesespaß. Die Figuren sind alle hochbelastet mit Problemen, beschäftigen sich mit sich selbst, sind im Prinzip allesamt unsympathisch. Den Fall löst Klaudia im Alleingang, obwohl sie aus der Ermittlung herausgenommen wird. Eine zornige Ermittlerin, die mit Krankheit kämpft, sich vom letzten Fall noch lange nicht erholt hat, problembehaftet ist. Das erinnert an eine Kopie von düsteren Skandinavienkrimis, kann aber hier nicht anknüpfen, da jegliche Atmosphäre fehlt. Es heißt ja "Spreewaldkrimi", doch die Verortung hätte überall sein können - ohne den Titel wäre ich niemals auf den Spreewald gekommen. Von Auen- und Moorlandschaft nichts zu spüren. Kann man lesen, aber der große Wurf ist es nicht.Christiane Dieckerhoff lebt am nördlichen Rand des Ruhrgebiets. Nach über dreißig Berufsjahren als Kinderkrankenschwester und ersten erfolgreichen Veröffentlichungen wagte sie 2016 den Sprung in die Freiberuflichkeit. Sie hat bisher vier Spreewaldkrimis veröffentlicht.https://literaturblog-sabine-ibing.blogspot.com/p/vermisst-von-christiane-dieckerhoff.html