Nach seiner geplatzten Hochzeit unternimmt der Bremer Kriminalhauptkommissar Heiner Hölzle statt der geplanten Fernreise nach Australien einen Urlaub in den beschaulichen Harz. Hier möchte er sich entspannen und das Scheitern seiner Beziehung verarbeiten. Doch gleich am ersten Urlaubstag wird eine ermordete Frau gefunden, sie wurde enthauptet. Diese grausame Art der Hinrichtung erinnert Hölzle an mittelalterliche Methoden. Je mehr er den Harz erkundet, umso häufiger stößt er auf ungewöhnliche Todesfälle mit ähnlich gruseliger Tötungsart. Gibt es hier einen Zusammenhang und wie kann es sein, dass der Täter seit 20 Jahren unentdeckt morden konnte? Sein Ermittlerinstinkt ist geweckt und selbst im Urlaub kann er nicht anders als ermitteln.
Auch wenn Rabenfraß mittlerweile der vierte Band einer Reihe ist, konnte ich gefesselt und ohne Verständnisprobleme in die Handlung eintauchen.
Dabei gefällt mir der Ermittler Heiner Hölzle wirklich gut, er ist ein angenehmer, freundlicher und toleranter Mensch. Jemand, den man einfach gern haben muss. Seiner verpatzten Hochzeitsreise weint er nicht nach, stattdessen geniesst er bescheiden die Abgeschiedenheit, die Natur und Schönheiten der Harzregion und ganz besonders die lukullischen Köstlichkeiten mit Wildbret und Harzer Spezialitäten.
Die ermordete Frau bringt dann durch ihre mittelalterlich ausgeführte Mordmethode einen Stein ins Rollen und Hölzle findet sich auf dem Ermittlerpfad wieder. Natürlich nicht ohne Ausflüge und Wandertouren im Harzland zu machen, bei denen der Leser unmittelbar Reise- und Ortsbeschreibungen geniessen kann. Hier bekommt man für die eigene Harzreise viele Tipps und Hinweise zu Rabenstein, Goslar, Quedlinburg und weiteren Zielen. Schon allein dafür lohnt das Lesen dieses Krimis, denn diese Orte kann man sich durchaus gut in mittelalterlicher Zeit vorstellen. Die dunkle Jahreszeit, es ist November und Buß- und Bettag, tut ein Übriges, um sich hier ein wenig zu gruseln.
Nähere Einzelheiten erfährt man dank einer auskunftsfreudigen Stammtischrunde von Bewohnern des Harzgasthofes, in dem Hölzle abgestiegen ist. Hier fühlt er sich sehr wohl, auch wenn nach und nach einige schaurige Morde aufdeckt. Dank Hölzles einzigartiger Kombinationsfährigkeit stellt sich bei diesen Morden eine gemeinsame Verbindung heraus. Meiner Meinung nach hätten hier auch etwas weniger Morde geschehen können. Die Menge über einen so langen Zeitraum hin, wirkt etwas übertrieben.
Aber die Erkenntnisse über Opfer und Tatwerkzeuge sind so fesselnd, man rauscht regelrecht durch den Krimi hindurch. Dafür sorgt auch der realistische und dichte Schreibstil des Autorenduos.
Die Einbindung von Foltermethoden aus einem Buch über Harzer Henker gibt der Geschichte so richtigen Thrill. Hier werden brutale Behandlungen aufgezeigt, die wegen Unzucht, Diebstahl und Mord den Tätern im Mittelalter angediehen. Man bekommt einen deutlichen Einblick in Scharfrichters Handwerk und seine Werkzeuge, dass man nur schaudern kann.
Die Charaktere sind vielfältig, gut gezeichnet und ich hatte durch die Beschreibung jeweils ein Bild vor Augen. Die Einheimischen sind grundverschieden, manche sehr aufgeschlossen, andere zeigen aber auch intolerante Ansichten, die erschrecken. Es ist eben doch eine recht abgeschiedene Gegend, die sich nicht durch weltoffene Großstädte auszeichnet, sondern in manchem noch hinter dem Berg befindet.
Gern habe ich diese Reise mitgemacht und auch trotz der barbarischen Tötungsmethoden mich nur wenig gegruselt. Die Beschreibungen fallen nicht allzu blutig aus. Die Personen haben mich gut unterhalten, besonders Erika, die Pensionswirtin mochte ich gern. Auch die Auflösung ist sehr stimmig und überzeugend gemacht. Einige Wendungen bringen einige der Harzer mal in die Position des Täters. So kann der Leser ordentlich mitraten.
Dieser Krimi präsentiert längst vergangen geglaubte Tötungsmethoden, zeigt den Harz in voller Schönheit und gibt dem Leser die Chance auf die Tätersuche.