Man kann Regionalkrimis lieben oder auch nicht, aber Kommissar Fett, egal ob ehedem mit Schmelzer oder jetzt mit Conti im Duo der Ermittlung in und um Aachen, das sollte man sich nicht entgehen lassen.
Der Krimi beginnt, wie es sein muss, mit einer Leiche. Langsam entwickelt sich ein Bild der toten Louise Buchsbaum und der Lebenden um sie herum. Gespickt mit herrlichem Humor und vielen lesenswerten Szenen tastet sich Kommissar Fett vor. Romanisten und Möchtegernschriftsteller allenthalben. Da beginnen selbst Polizisten mit der Maigret-Lektüre. Abgelenkt wird Fett dann immer wieder von seiner schönen Lütticher Kollegin Chantal Kalumba, die erst einmal ahnungslos in den Fall hineingezogen wird. Alle Ermittler haben ein feines Gespür für die Zwischentöne, für das was nicht gesagt wird auch. Im Umfeld der Ermordeten findet sich so manche Spur, die erst der Polizei noch vorenthalten werden soll, aber nach und nach ergibt sich ein Bild vom Mörder, auch weil noch eine zweite Leiche im wahrsten Sinne des Wortes auftaucht.
Und dann plötzlich wird die Zeit knapp. Ab Kapitel 30 hatte ich das Gefühl, ein Bahnwärter Thiel hätte abrupt die Weichen auf eine schnelleres Gleis umgestellt. Es überschlagen sich Erkenntnisse und Einsatzorte, es wird gefährlich, es wird alles mobilisiert, was Beine und Flossen hat, ein irres Spiel beginnt, entsprechend dem Buchtitel natürlich auf dem Rursee. Diese letzten sechs Kapitel haben mich den Atem anhalten lassen, ich fand es spannend, wie selten in einen Krimi und perfekt beschrieben. Da am Ende die bei anderen Autoren üblichen Dankeselogen fehlen, habe ich mir schon Gedanken gemacht, wie ein Schriftsteller ein so perfektes Szenario beschreiben kann. Chapeau! Der zeitliche Ablauf war maximal eng, es würde mich interessieren, ob das in echt auch so gut funktionieren würde wie im Buch.
Der Krimi ist aber nicht bloß Krimi, er enthält auch ein wunderbares Stück Gesellschaftssatire, das Kapitel Kastrationsängste mit dem Gender-Tribunal und dem Ministerium für Gendergerechtigkeit sollte niemand überspringen, der so wie ich das Gendern aus tiefster Seele und Überzeugung meidet. Diesen Traum könnte ich mir als Feuilleton-Beitrag in einer renommierten Zeitung, die ich sonntags gerne lese, gut vorstellen, das wäre mal was! Da auch schon auf den ersten Seiten Studenten auftauchen und keine Studierenden, hatte mich der Autor dieses Krimis aber sowieso schon auf seine Seite gezogen, noch ehe die Tote überhaupt in Sicht war.
Gerne mehr von Fett aus Aachen! Nur die RWTH musste ich mal googeln, unter TH konnte ich mir ja gut etwas vorstellen, aber RW war für mich, aus Norddeutschland gesehen, sehr fremd. Man kann ja eben nicht alles wissen.
Fazit: Ein Kriminalroman, der mich ganz wunderbar unterhalten hat, der in gutem und humorvollem Deutsch geschrieben ist, der spannend war und den ich nun uneingeschränkt weiterempfehle.
Fünf Sterne mit Sahnehäubchen
#EndstationRursee #NetGalleyDE