Der vierte Roman mit Bernhard Gunther ist im Original 2006 unter dem Titel "The One from the Other" erschienen. Ein scheinbar leicht und schnell zu erledigender Auftrag, die Überprüfung, ob ein ehemaliger Kriegsverbrecher noch lebt, führt dazu, dass Bernhard Gunther in eine groß angelegte und raffiniert gestaltete Verschwörung verwickelt wird, die ihn in Lebensgefahr bringt. Leider gibt es ein paar Nachlässigkeiten zu bemängeln. So wird der Name eines Butlers abwechseln mal Medgyessi und mal Medgyessy geschrieben, zumindest in meinem Exemplar (Rowohlt Tb, März 2009). Ich wundere mich immer wieder, dass so etwas dem Lektorat oder wer immer eine Plausibilitätsprüfung macht, nicht auffällt.Kerrs Sprache ist bisweilen arg bildhaft, z.B. wenn er schreibt: "Die Diele war, genau wie im Stockwerk darüber, so groß wie ein Busbahnhof." (ebd., S. 344) Da wäre ein wenig mehr Zurückhaltung vorteilhafter gewesen.Kerr erwähnt in diesem Roman sehr viele Namen von Personen, die in Wirklichkeit existiert haben, er mischt Fiktion und Historie. Ich habe mindestens 78 historische Persönlichkeiten gezählt, die zumindest erwähnt werden. Daran krankt die Geschichte jedoch auch ein wenig. Es wirkt fast so, als habe Kerr versucht, möglichst viele Namen unterzubringen und sei es nur durch Nennung des Namens. Ich hätte mir gewünscht, dass er da etwas sparsamer vorgegangen wäre und dafür die Personen mehr in die wirkliche Handlung integriert hätte.Die Atmosphäre des Jahres 1949 hat der Autor in dem Roman gut getroffen, zumindest gleicht sie den Geschichtskenntnissen, die ich habe. Die Falle, die Bernie gestellt wird, ist sehr raffiniert ausgedacht, ja für meinen Geschmack etwas zu raffiniert, um lebensnah und auch nur annähernd realistisch zu sein. Sei drum, das kann einem Krimi auch mal guttun. Aber wie Bernie in ein Dilemma nach dem anderen läuft und sich jedes Mal mit Hilfe des stets im richtigen Moment die Bühne des Geschehens betretenden Zufalls daraus herauswindet, das ist ein bisschen zu viel des Guten, um noch gut zu sein. Drei Sterne.