War Pestalozzi ein Sokratiker? Oder enthält sein Konzept der Menschenbildung zumindest Elemente einer sokratisch zu nennenden Lehrweise? Diesen Fragen geht der Verfasser in der vorliegenden Studie nach. Dabei bettet er seine hermeneutische Analyse in den Kontext der Pädagogik der Aufklärung ein. Besonderes Augenmerk richtet er auf die Sokrates-Rezeption Jean-Jacques Rousseaus und der Philanthropen. Vor diesem Hintergrund untersucht er im Gesamtwerk Pestalozzis (Schriften und Briefe) dessen explizite und implizite Bezugnahmen auf Sokrates, deckt Berührungspunkte auf, markiert Differenzen und zeigt, inwiefern Pestalozzis "Methode der Menschenbildung" ihn zwar nicht als Sokratiker im engeren Sinne, aber durchaus als einen "sokratischen Pädagogen" ausweist. Mit ihrem Fokus auf die Förderung des Selbstdenkens bietet diese Arbeit zudem Anknüpfungspunkte für pädagogische Herausforderungen der Gegenwart wie die Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz und die Gefährdung der Demokratie.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ........................................................................................................................... 5
1. Einleitung ................................................................................................................ 11
1.1 Die Forschungslage zur sokratischen Methode im 18. Jahrhundert
und Bezugnahmen dieser Forschung auf Pestalozzi ........................................ 12
1.2 Zur zeitgenössischen Pestalozzi-Forschung mit besonderer
Berücksichtigung seiner Methode der Menschenbildung ................................ 18
1.3 Aufbau der Untersuchung ................................................................................ 36
1.4 Leitende Untersuchungsfrage und methodisches Vorgehen ............................ 40
2. Die sokratische Methode in der Zeit der Aufklärung ......................................... 44
2.1 Sokrates und seine Methode der Gesprächsführung ........................................ 44
2.1.1 Sokrates als Philosoph ......................................................................... 45
2.1.2 Die Methode des Sokrates .................................................................... 46
2.1.2.1 Elenktik .................................................................................. 48
2.1.2.2 Aporie ..................................................................................... 52
2.1.2.3 Mäeutik ................................................................................... 53
2.1.3 Sokrates als Lehrer ............................................................................... 54
2.1.4 Zusammenfassung und kritische Würdigung ....................................... 57
2.2 Sokratik in der Aufklärung .............................................................................. 60
2.2.1 Das Interesse an Sokrates im Zeitalter der Aufklärung ........................ 60
2.2.2 Die Entwicklung des Interesses an der sokratischen Lehrart ............... 63
2.2.3 Abkehr von der alten Lehrart ............................................................... 66
2.2.4 Anregung zur Selbsttätigkeit und zum eigenständigen Denken ........... 68
2.2.5 Anforderungen an den sokratischen Lehrer ......................................... 69
2.2.6 Die Frage als Geburtshelferin ........................................................... 74
2.2.7 Die Gegenstände des sokratischen Unterrichts .................................... 80
2.2.8 Zusammenfassung ................................................................................ 83
3. Rousseaus Ansätze zu einer mäeutischen Didaktik ............................................. 86
3.1 Rousseaus Bezugnahme auf Sokrates .............................................................. 89
3.2 Sokratische Elemente in Rousseaus Konzept der negativen Erziehung ........... 94
3.2.1 Erstes Prinzip der negativen Didaktik: Nichts-Tun
die Zurückhaltung des Lehrers ............................................................. 95
3.2.2 Zweites Prinzip der negativen Didaktik: Selbsttätigkeit
die Aktivierung des Schülers ............................................................. 100
3.2.2.1 Rousseaus Kritik an der zeitgenössischen
Unterrichtspraxis .................................................................. 101
3.2.2.2 Erschließen der gegenständlichen Welt
Hinführung zur Natur ........................................................... 105
3.2.2.3 Erschließen der geistigen Welt
Einführung in die Gesellschaft ............................................. 110
3.2.3 Bewahrung vor geistiger Abhängigkeit .............................................. 117
3.2.4 Lehren und Lernen des Lernens ......................................................... 120
3.2.5 Das Instrument der Frage ................................................................... 121
3.3 Zusammenfassung ......................................................................................... 125
4. Philanthropische Pädagogik und sokratische Lehrart ...................................... 127
4.1 Johann Bernhard Basedow Vordenker philanthropischer Pädagogik ......... 129
4.1.1 Materiale Prinzipien: Verständlichkeit und Ordnung ......................... 132
4.1.2 Formale Prinzipien: Anschaulichkeit und Schüleraktivierung ........... 138
4.1.2.1 Anschaulichkeit .................................................................... 139
4.1.2.2 Schüleraktivierung ................................................................ 144
4.1.3 Zusammenfassung: Basedow ............................................................. 149
4.2 Ernst Christian Trapp Theoretiker und erster pädagogischer
Hochschullehrer ............................................................................................. 152
4.2.1 Schüler Basedows .............................................................................. 152
4.2.2 Trapps didaktisches Verständnis ........................................................ 153
4.2.3 Trapps Anmerkungen zur sokratischen Methode ............................... 156
4.2.4 Zusammenfassung: Trapp .................................................................. 164
4.3 Johann Stuve und Philipp Julius Lieberkühn Lehrer, Unterrichtsreformer
und sokratische Praktiker ............................................................................... 166
4.3.1 Anschauung und Erfahrungsorientierung ........................................... 168
4.3.2 Selbsttätigkeit und Verstehen ............................................................. 171
4.3.3 Fragen und Gespräche ........................................................................ 176
4.3.4 Zusammenfassung: Stuve und Lieberkühn ........................................ 183
4.4 Karl Friedrich Bahrdt programmatischer Förderer
der sokratischen Methode .............................................................................. 184
4.4.1 Bahrdt als Mensch und Pädagoge ...................................................... 184
4.4.2 Der Stellenwert der sokratischen Lehrart ........................................... 193
4.4.3 Die drei wesentlichen didaktischen Elemente
der sokratischen Lehrart ..................................................................... 198
4.4.3.1 Erstes Prinzip: Selbstfinden (-Lassen) .................................. 199
4.4.3.2 Zweites Prinzip: Handlungsorientierung .............................. 202
4.4.3.3 Drittes Prinzip: Induktion ..................................................... 204
4.4.4 Der sokratische Lehrer ....................................................................... 212
4.4.5 Sokratische Fragebücher .................................................................... 220
4.4.6 Kritik an Bahrdts Unterrichtsplänen .................................................. 222
4.4.7 Zusammenfassung: Bahrdt ................................................................. 232
4.5 Zusammenfassung ......................................................................................... 233
5. Johann Heinrich Pestalozzi ein sokratischer Pädagoge? ............................... 234
5.1 Die Schriften und Briefe Pestalozzis als Zeugnisse
seines pädagogischen Denkens ...................................................................... 234
5.2 Pestalozzis Weg zur Pädagogik ..................................................................... 238
5.3 Pestalozzis direkte Stellungnahmen zur sokratischen Methode ..................... 248
5.3.1 Echtes Sokratisieren ........................................................................... 254
5.3.2 Ursprüngliches Katechisieren ............................................................ 257
5.3.3 Die neue sokratische Lehrart als Mischform ...................................... 264
5.3.4 Zwischenfazit: Kritisch-distanzierte Würdigung ............................... 274
5.4 Rehabilitierung des Katechisierens? Arten des Fragens in
einzelnen Schriften Pestalozzis ...................................................................... 275
5.4.1 Kinderlehre der Wohnstube in Lienhard und Gertrud ....................... 275
5.4.2 Christoph und Else ............................................................................. 278
5.4.3 Von den Lichtstrahlen ........................................................................ 281
5.4.4 Wie Gertrud ihre Kinder lehrt ............................................................ 283
5.4.5 Die Elementarbücher .......................................................................... 291
5.4.6 Ein Unterrichtsbeispiel im Journal für die Erziehung ....................... 299
5.4.7 Moralische Fragen im Stanser Brief ................................................... 305
5.4.8 Zwischenfazit: Fragen als didaktisches Mittel ................................... 309
5.5 Denken lernen die Ausbildung der Denkkraft ............................................. 316
5.5.1 Das Kräftepotenzial des Menschen .................................................... 317
5.5.2 Wecken und Entfalten der Denkkraft ................................................. 322
5.5.2.1 Das Erwachen der Denkkraft und ihr
Selbstentfaltungsdrang .......................................................... 324
5.5.2.2 Die Entfaltung und Entwicklung der Denkkraft ................... 325
5.5.3 Fördern und Stärken der Denkkraft .................................................... 336
5.6 Hineinlegen oder Herausholen wie mäeutisch ist
der Ansatz von Pestalozzi? ............................................................................ 356
5.7 Der sokratische Geist der Methode Pestalozzis
durch Selbsttätigkeit zur Selbständigkeit ....................................................... 380
5.8 Zusammenfassung ......................................................................................... 392
6. Schlussbetrachtung .............................................................................................. 395
6.1 Was bedeutet sokratisch ? ........................................................................... 395
6.2 Die Sokrates-Rezeption in der Geschichte der Pädagogik
bis zur Aufklärung ......................................................................................... 398
6.3 Die Sokrates-Rezeption in der Pädagogik der Aufklärung ............................ 398
6.4 Die Rezeption des Sokrates und seiner Lehrweise bei
Johann Heinrich Pestalozzi ............................................................................ 400
6.4.1 Pestalozzi und Sokrates ...................................................................... 400
6.4.2 Abkehr von der alten Lehrweise die Frage-Methode
im Unterricht ...................................................................................... 402
6.4.3 Die mäeutische Intention .................................................................... 403
6.4.4 Erziehungsziel: Geistige Aktivierung die neue Rolle
des Lehrenden .................................................................................... 403
6.4.5 Erziehungsziel: Selbstdenken und Lebenstüchtigkeit ........................ 405
6.4.6 Erziehungsziel: Moralische Urteils- und Handlungsfähigkeit ............ 406
6.4.7 Förderliches Lernklima Pestalozzis Erkenntnis
über Sokrates hinaus .......................................................................... 407
7. Fazit und Ausblick ............................................................................................... 409
Literaturverzeichnis .................................................................................................. 414