3,5 aufgerundet
Ungewollte Kinderlosigkeit, ein Thema, das für viele Frauen sehr schmerzhaft sein kann, speziell dann, wenn die biologische Uhr langsam an zu ticken beginnt und im Freundeskreis eine Freundin nach der anderen Mutter wird. So geht es Katharina in Kathrin Weßligs Roman Sonnenhang.
Der Single-Frau ist zwar der passende Mann noch nicht begegnet, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Doch dann die heftigen Schmerzen im Bauchraum, die Diagnose und die Hysterektomie. Und dann die Gewissheit, nie mehr ein Kind gebären zu können. Eine Situation, die ihre Zukunftsplanung komplett auf den Kopf stellt, sie in eine Krise stürzt. Torschlusspanik in allen Bereichen. Anfangs wechseln sich Trauer, Scham und Galgenhumor ab, aber jeder persönliche Tiefpunkt birgt in sich auf die Möglichkeit, den Status Quo zu verändern und damit dem Leben Sinn zu verleihen.
Wie es der Zufall so will, bekommt sie vom Wirt ihrer Stammkneipe einen Tipp. Ein Altenheim für Gutbetuchte sucht eine ehrenamtliche Hilfskraft, die das Freizeitprogramm der Bewohner an den Wochenenden managt. So kommt sie in die Seniorenresidenz Sonnenhang. Die anfängliche Befangen- und Distanziertheit legt sich dank Würfelspiel, Prosecco und Eierlikör ziemlich schnell. Es sind die verbotenen Aktionen, die zusammenschweißen. Gespräche, in denen die Senioren ihre Lebenserfahrung, aber auch ihren Humor in die Waagschale werfen. Die gegenseitige Akzeptanz, die ohne Wertung auskommt. All das sorgt dafür, dass Katharina ihrer Stärke und ihren Lebensmut wieder findet und diese Phase der Perspektivlosigkeit hinter sich lassen, sich neu sortieren und die richtige Entscheidung treffen kann.
Anders als in ihren bisherigen Romanen schreibt Weßling diesmal aus einer auktorialen Perspektive, wechselt anfangs zwischen Trauer und Verzweiflung der Protagonistin, aufgelockert von Passagen, in denen der Galgenhumor Katharinas durchscheint, kappt damit die Spitzen, die die Schwere des Themas mit sich bringt. Fast komplett ändert sich dann der Tonfall an den Samstagen, die die Protagonistin in der Residenz verbringt. Zwar schrammen diese von Wärme und Verständnis getragenen Beschreibungen manchmal nur haarscharf am Klischee vorbei, wirken aber durch die vielen kleinen Schritte hin zu Freundschaft und Vertrautheit (trotz der einen oder anderen verzichtbaren Albernheit) überwiegend stimmig, aber dennoch vorhersehbar.