Im Jahr 2019 geht Anthony Fennell an Bord des Kabelreparaturschiff Georges Lecointe, das in Kapstadts Hafen liegt und auf den Einsatz im Atlantik wartet. Er soll für ein online Journal einen Artikel über die Reparatur von Unterseekabeln schreiben, eine weitgehend unbekannte Tätigkeit, die jedoch für die digitale Welt von ungeheurer Wichtigkeit ist. Anthony Fennell ist Journalist, und reist für den neuen Auftrag nach Südafrika. Sein Ansprechpartner vor Ort und auf dem Schiff ist Missionschef Conway, der wie er aus Irland stammt und für die Suche und Reparatur von gerissenen Unterseekabeln verantwortlich ist. Nach wochenlangem Warten steht endlich ein Einsatz an. Der Kongo führt ungewöhnlich viel Wasser und hat in den Ozeancanyons vor Afrikas Küste einigen Schäden angerichtet. Die Wasser- und Erdfluten haben ein Kabel beschädigt, und während des Einsatzes auf See kommen noch zwei weitere Reparaturanforderungen dazu.Das Problem liegt unter Wasser, an einem tiefen, dunklen, unerreichbaren Ort, den wir nicht genau kannten.Conway ist von Fennells Anwesenheit wenig begeistert und tritt ihm mit Misstrauen entgegen. Er lässt keinen Zweifel daran, dass er ihn bei dem Einsatz nicht dabeihaben will. Doch Fennell lässt sich nicht abwimmeln. Sehr schnell wird klar, Conway ist ein kaum greifbarer Mensch, was Fennells Interesse an ihm anstachelt. Er vermutet hinter dem Mann, der die Mission mit Souveränität und Autorität leitet, dunkle Geheimnisse, denen er unbedingt auf die Spur kommen will. Dass sich beide nicht wirklich mögen, wird an Bord zum Problem und die Stimmung droht zu kippen, als Conway plötzlich verschwindet.Conways heimlicher Weggang beschäftigt Fennell über jedes vernünftige Maß und er macht sich auf der Suche nach dem Mann, der sein Spiegelspiel zu sein scheint. Es ist wohl die Aufgabe des Erzählers, die verstreuten Stücke einer Geschichte so zusammenzusetzten, dass sie irgendeinen Zusammenhang ergeben.Der Mythos Conway wird geboren.Meine persönlichen Leseeindrücke "Twist" ist ein Roman, der sicherlich manchen Leser verwundert zurücklässt. Wer eine klare Handlungsstrategie mit logischen Schlussfolgerungen sucht, ist hier nicht wirklich gut bedient. Vielmehr habe ich den Eindruck, dass es Colum McCann um die Fragilität des Internets geht, für dessen Funktionstüchtigkeit nicht Satelliten, sondern Unterseekabel, die entlang der Kontinente am Meeresboden der Ozeane gezogen wurden, zuständig sind. Ein Leben ohne Internet scheint für uns alle undenkbar, wenngleich es mit großen Einschnitten durchaus bewältigbar wäre, doch was genau zu tun ist, wenn so ein Kabel beschädigt wird, weiß ich erst jetzt, durch diesen Roman. Es geht aber nicht nur um Glasfaserkabelreparaturen, sondern auch oder vor allem um menschliche Bindungen, die schwerer zu kitten sind. Das hat mich an dem Roman fasziniert und das ist der Spannungsbogen, der beide Handlungsstränge verbindet. Fennell und Conway, zwei Iren, in ihrer Art wohl gleich gepolt, beide abgebrannt und am Ende ihrer persönlichen Ziele. Der eine kämpft mit dem Alkohol, und der Abwesenheit eines Sohnes tausende Kilometer entfernt, der andere scheint gedanklich woanders - oder er bereitet sich darauf vor.Es wird allgemein vermutet, dass das, was Conway zugestoßen ist, ein Abstieg in den reinen Wahnsinn war, und das, was er getan hat, die Tat eines Mannes, der die Kontrolle über sich verloren hatte.Mit dem Verschwinden gerät Fennells Berichtstrategie buchstäblich ins Wasser. Mit einem Schlag hat Fennell seinen Hauptdarsteller verloren, den Mann, der für die Reparaturen zuständig ist. Und nun ändert der Roman seine Strategie: von Tatsachen geht es über ins Hörensagen und Vermutungen. Der Twist ist da! Fennell rekonstruiert den letzten Teil von Conways Leben.Auffallend sind die bisweilen anzutreffende Satzphantasien, die vielleicht durch eine Übersetzungsentscheidung im Deutschen ungewohnt klingen. Gestört haben sie mich nicht und mit der Zeit habe ich mich an sie als Teil des Romans gewöhnt.FazitMit seinem neuen Roman "Twist" versucht Colum McCann die Fragilität der digitalen Welt mit jenen der menschlichen Beziehungen zu verbinden. Mit Conway und Fennell schafft er zwei Romanfiguren, die zum einen in einer Welt der Signale nicht mehr zurechtkommt und zum anderen die Bruchstellen zu kitten versucht."Twist" ist sicher nicht mein letztes Buch von Colum McCann.Irgendwann verliert das Alleinsein seinen Reiz.