Besprechung vom 05.12.2022
Von dunklen Wassern
Joe R. Lansdale lässt Tote im See auftauchen
In einer Vollmondnacht steuert ein Mann seinen Wagen in den Moon Lake. Der Sohn, den er auf dem Beifahrersitz mit in die Tiefe stürzt, kann gerettet werden; Vater und Auto aber versinken in den Wellen. Eine Leiche wird nie gefunden. Zehn Jahre später, im Sommer 1978, lässt eine Dürre den Wasserpegel sinken, und aus den Fluten taucht nicht nur dieses Autowrack wieder auf. Der Junge, Daniel Russell, ist mittlerweile Journalist und kehrt in seine Heimatstadt in den Südstaaten zurück, um die Gebeine des Vaters entgegenzunehmen. Doch die Polizei hat im Wagen nicht nur dessen Knochen entdeckt.
Für den Kriminalroman "Moon Lake" bedient sich Joe R. Lansdale der Erzählmuster der Pulp-Tradition. Den ermittelnden Journalisten lässt er wie einst Chandlers Detektiv Marlowe aus der Ich-Perspektive erzählen. Er mag dabei nicht ganz so hart sein, weiß sich in diversen Schlägereien aber gut zu halten. Wenn er die Auswirkungen der Prügel beschreibt, mit denen ihn Kriminelle von den Recherchen abbringen wollen, dann malt er so hübsche Vergleiche wie das literarische Vorbild: "Mich zu bewegen war in etwa so leicht, wie ein verletztes Nashorn von der Straße zu ziehen und es in einen Schlafanzug zu stecken." Neben den klassischen Pulp-Zutaten (inklusive Femme fatale in Gestalt einer Bibliothekarin) mischt Lansdale einen kritischen Blick auf Rassismus und soziale Ungleichheit und aktualisiert das Genre so mit einer Leichtigkeit, dass man dieses Buch nicht vor dem Fest beginnen sollte, wenn man darüber nicht das Einpacken der Geschenke vergessen will. marw.
Joe R. Lansdale:
"Moon Lake". Thriller.
Aus dem Englischen
von Patrick Baumann.
Festa Verlag,
Borsdorf 2022.
464 S., geb.,
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