"Das letzte Opfer des Nationalsozialismus" sagt die englische Pflegemutter, als sich Robert Borger das Leben nimmt. Jahre später stößt sein Sohn, Autor des Buches, auf ein Zeitungsinserat im Manchester Guardian, wo ein Zuhause für seinen Vater gesucht wurde. Und von solchen Anzeigen gab es einige. Eltern, die die Gefahr in Wien erkannt haben und ihre Kinder in Sicherheit schicken wollten.
Ein bisher unterrepräsentiertes Kapitel von Opfern des Nationalsozialismus bekommt hier Raum. Denn die Opfer dachten, sie hätten kein Recht zu klagen, sie waren ja nicht in den KZ.
Stattdessen haben ihre Traumata noch Generationen später auf die Familien Einfluss.
Der Autor recherchiert aufwendig die Schicksale von Kindern, deren Annoncen er gefunden hat. Dabei wird auch die Zeit in Wien um den "Anschluss" herum beleuchtet und wir reisen nach Frankreich, in die Niederlande und bis nach Shanghai.
Nicht nur inhaltlich ist das Buch ein ganz schöner Brocken - Bildungslücken werden geschlossen und unglaubliche Wahrheiten erzählt. Aber auch vom Lesen her muss man sich Zeit nehmen und Konzentration mitbringen. Denn die Biografien werden teilweise verwoben und man muss überblicken, bei welcher Person man gerade ist.
Insgesamt ein gutes Buch, das eine Generation von opfern beleuchtet die zum Teil mit der "Schuld" leben musste, am Leben zu sein.