Gemeint ist eigentlich eine andere Frage, nämlich: Warum essen wir so gerne Zeug, das wir besser meiden sollten? Die banale Antwort lautet: Weil wir es können und weil es uns angeboten wird. Doch dahinter verbirgt sich noch ein versteckter Mechanismus, den man mit diesem Buch zu begreifen lernt. Eigentlich will unser Körper das nicht. Ja, er wehrt sich sogar dagegen. Wir merken das jedoch meistens nicht direkt, sondern nur über einen Umweg. Wenn wir nämlich nach einer Weile des Übermaßes immer noch dieselbe Portion des überflüssigen Zeugs zu uns nehmen, reagiert unser Gehirn nicht mehr so, wie bisher. Es sendet nicht mehr genügend Wohlfühlhormone ins Blut. Und genau das lässt uns die Portionsgröße steigern. So entstehen Süchte.Am besten erklärt das die Autorin am Heroin. Der Körper baut Andockstellen für bestimmte Folgeprodukte eines Heroinkonsums ab, weil er plötzlich zu viel davon in sich hat. Deshalb wirkt das Heroin nun nicht mehr so wie vorher, also muss für den gleichen Effekt die Dosis erhöht werden. Eine Spirale in die Sucht beginnt. Ähnlich läuft es (abstrakt gesehen) bei zu hohem Zuckergenuss, nur die biochemischen Vorgänge sind dabei anders.Wen solche Zusammenhänge interessieren, der ist bei diesem Buch genau richtig. Allerdings begibt er sich dabei auch "in den Dschungel der Informationen", wie die Autorin das in einem anderen Zusammenhang nennt. Sie arbeitet an verschiedenen Instituten zum Zusammenhang zwischen Ernährung und der Funktionsweise unseres Gehirns. In ihrem Buch kommt sie immer wieder auf ihre eigene Geschichte und die ihrer Familie zurück. Das ist nicht nur interessant, sondern auch im Kontext mit ihren Botschaften recht lustig, denn eigentlich ist sie selbst das beste Beispiel dafür, dass ihre Lehrsätze, so linear wie sie sie darstellt, nicht stimmen.Selbstverständlich kann man das immer auf die Genetik oder die Epigenetik schieben, die ja behauptet, dass bestimmte Gene ab- oder angeschaltet werden können. Und zwar durch äußere Umstände, wie zum Beispiel die Ernährung oder durch Umwelteinflüsse. Die Autorin stammt aus dem Aostatal, was sie nicht müde wird zu erwähnen. Mutter und Vater taten genau das, was zukünftige Eltern nicht machen sollten, nämlich ausreichend rauchen und Alkohol genießen. Herausgekommen ist dabei eine attraktive und sehr intelligente Frau. Ein Schaden ist also offenbar nicht eingetreten.Dessen ungeachtet existieren natürlich - rein statistisch gesehen - sehr wohl Zusammenhänge zwischen der Ernährung und anderen Verhaltensweisen in der Schwangerschaft und dem Zustand des Kindes und seinen späteren Gewohnheiten. So wird zum Beispiel die Lust auf bestimmte Speisen und Getränke bereits im Mutterleib vermittelt. Und zwar über das Fruchtwasser. Auch eine zukünftige Fettleibigkeit wird offenbar schon während der Schwangerschaft übertragen, obwohl man natürlich argumentieren könnte, dass sich die zukünftigen Kinder wohl nicht anders ernähren und bewegen werden als die Eltern, die ihnen das am eigenen Beispiel zeigen. Tatsächlich aber sind die Zusammenhänge doch etwas anders, wenngleich Verhaltensweisen dessen ungeachtet natürlich auch eine Rolle spielen.Kurz gesagt: Aus diesem Buch kann man viele solcher Zusammenhänge lernen, insbesondere wie unser Gehirn auf unsere Ernährung reagiert. Wer jedoch praktische Tipps erwartet, den quält das Buch mit vielen biochemischen Erklärungen. Ratschläge stehen immer irgendwo im Text, und sie sind nicht neu: Viel Obst und Gemüse aus sauberem Anbau verzehren, sich viel bewegen und weniger essen. Kein Alkohol, nicht rauchen oder noch schlimmere Dinge zu sich nehmen. Ob man durch eine geeignete Ernährung klüger wird, wage ich zu bezweifeln. Man verhindert höchstens ein Abgleiten ins Gegenteil. Aber das ist ja schließlich auch schon mal nicht schlecht.