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Gestapelte Frauen

Roman

(34 Bewertungen)15
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Im entlegenen Amazonasgebiet verfolgt eine junge Anwältin Gerichtsverhandlungen zu Frauenmorden. Immer näher kommt sie dem Leben der Opfer, immer eindringlicher werden die Bilder. Um der Wirklichkeit zu entkommen, flüchtet sie in eine Traumwelt an die Seite von Amazonen. Doch in der Realität scheint der Kampf um Gerechtigkeit ungleich schwerer.

Sie verliebt sich schnell in Amir charmant, intelligent, interessiert. Die Unterhaltungen belebend, die Nächte im lebhaften São Paulo berauschend. Dann die Ohrfeige, die Beleidigung. Um so weit weg wie nur möglich von ihm zu sein, nimmt die junge Anwältin eine Stelle im entlegenen Cruzeiro do Sul an. Als Beobachterin nimmt sie an Gerichtsverhandlungen zu brutalen Frauenmorden teil. Immer näher kommt sie dem Leben der Opfer den Töchtern, den Müttern, den Freundinnen. Und immer eindringlicher verfolgen sie Bilder aus ihrer Kindheit, Bilder ihrer eigenen Mutter.

Um der Wirklichkeit zu entkommen, flüchtet sie sich in eine Traumwelt in geheimnisumwirkte Wälder und Flüsse, an die Seite von Amazonen, die die Täter verfolgen. In der Realität aber scheint die Gerechtigkeit unerreichbar.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
15. Februar 2021
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
256
Autor/Autorin
Patrícia Melo
Übersetzung
Barbara Mesquita
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
portugiesisch
Produktart
gebunden
Gewicht
375 g
Größe (L/B/H)
215/134/27 mm
ISBN
9783293005686

Portrait

Patrícia Melo

Patrícia Melo (*1962 in São Paulo) zählt zu den wichtigsten Stimmen der brasilianischen Gegenwartsliteratur. Nach ihrem Studium in São Paulo arbeitete sie beim Fernsehen. In ihrem sozialkritischen Werk, bestehend aus Kriminalromanen, Hörspielen, Theaterstücken und Drehbüchern, beschäftigt sie sich mit der Gewalt und Kriminalität in Brasiliens Großstädten. Melo wurde u. a. mit dem Deutschen Krimipreis und dem LiBeraturpreis ausgezeichnet, die Times kürte sie zur »führenden Schriftstellerin des Millenniums« in Lateinamerika. Sie lebt in Lugano.

Pressestimmen

»Patrícia Melo sprengt mit Energie und Farbe die Grenzen zwischen zwei Welten. Gestapelte Frauen vibriert vor Wut über die Femizide und leuchtet in halluzinatorischen Bildern von Jaguaren und Amazonen.« Martina Läubli, NZZ Bücher am Sonntag

»Gestapelte Frauen ist Patrícia Melos schwärzester Roman bisher und ihr bester, ein formaler und stilistischer Höhepunkt in ihrem Schaffen. Die Protagonistin findet einen Weg aus der Ohnmacht in ein selbstbestimmtes Leben. Literatur , sagt Melo, ist ein Raum für Widerstand , gerade in dunklen Zeiten. Er ist wieder notwendiger denn je.« Dagmar Kaindl, Buchkultur

»Patrícia Melo nimmt uns mit auf die Spurensuche, und sie zwingt uns dazu, ganz genau hinzusehen. Eine Recherche mit den Mitteln der Kriminalliteratur  bestechend und bestürzend.« Ulrich Noller, Jury der Weltempfänger-Bestenliste

»Patrícia Melo hat einen thematisch bedrückenden, doch sprachlich beeindruckenden Roman geschrieben. Gekonnt hat sie die städtische Welt mit ihrem dysfunktionalen Justizapparat mit der natürlichen Welt des Urwalds und der indigenen Völker verknüpft und auf diese Weise ein Netz der Gewalt gesponnen, gegen das sich die Frauen, ganz gleich welcher Herkunft, gemeinsam auflehnen. Barbara Mesquita hat sich der Sprachgewalt Melos gestellt. Gekonnt hat sie den Spagat zwischen dem radikalen Worttrommelfeuer und der Feinsinnigkeit von Mutter Natur geschafft, Protagonisten nuanciert charakterisiert und eine eindrucksvolle Übersetzung hervorgebracht, bei der jedes Wort durch Mark und Bein geht.« Lisa Mensing, TraLaLit

»Patrícia Melo verbindet kalte Analyse und lakonischen Protokollstil mit Mythen, Ritualen und Halluzinationen, schonungslose Gesellschaftskritik mit einem versöhnlichen Ende, mit Tanz und Freude und der Vision von einer friedliebenden, solidarischen Welt. Ein grausam schönes, packendes, empathisches, fantasievolles Buch.« Cornelia Zetzsche, Bayerischer Rundfunk BR2

»Gestapelte Frauen spielt in einem bedrückenden, aber zugleich paradiesischen Umfeld. Melo beschreibt den Amazonasregenwald als einen intensiv sinnlichen Ort. Ihr Roman ist auch eine Liebeserklärung an die Welt der amazonischen Ureinwohner.« Victoria Eglau, Deutschlandfunk

»Vieles an diesem Roman ist so erschreckend wie beeindruckend. Melos Brillanz besteht in der Sparsamkeit, mit der sie ihre erzählerischen Mittel einsetzt. Der gewohnt schnoddrig sarkastische Tonfall, der zu ihren großen Stärken gehört, findet sich auch hier, doch angesichts des Themas verliert er sich zunehmend. Ein wütendes, ein anklagendes Buch, aber es hat auch noch eine andere, eine fantastisch mythische Dimension.« Marcus Müntefering, Spiegel Online

»Erneut ist es an dieser Stelle in erster Linie der Stil, der die falschen Fährten legt. Als wäre man es selbst, der diese unheimlichen Nachrichten bekommt, die einen aus dem Tagesablauf herausreißen und jeden konzentrierten Gedanken im Keim zu ersticken drohen.« Katrin Doerksen, FAZ

»Patrícia Melo hat einen packenden und exzellent konstruierten Roman über ein aktuelles, brennendes Problem geschrieben.« Michi Strausfeld, literaturkritik.de

»Ein Roman mit immenser politischer Bedeutung, bei dem auch die literarische Qualität, die absolute Beherrschung des Handwerks begeistert.« Anita Djafari, Bücherfrauen

Besprechung vom 01.03.2021

Was ist ein Frauenleben wert?

Die Ausrede, es handele sich um Fiktion, greift nicht: Patrícia Melo sammelt die Schicksale realer Opfer - und offenbart so den Zustand der brasilianischen Gesellschaft.

Selbst wenn sie zur Psyche eines Mörders vordringen könnte - "ihren wirren oder krankhaften oder vorurteilsbeladenen Geist in einem Reagenzglas isolierte und mit eigenen Augen sähe, wo die Fähigkeit, auf den Abzug zu drücken, den Kopf einer Frau zu zersprengen, einer anderen den Hals umzudrehen ihren Ausgangspunkt hat" -, selbst dann, überlegt die junge Anwältin, wäre der Tod all dieser Frauen sinnlos. Es gibt keine Erklärung, Rechtfertigung, keine Katharsis, keine tröstliche Bedeutung, mit der sich ein gewaltsamer Tod nachträglich abmildern lässt. Diese Erkenntnis ist der vielleicht schwärzeste Moment in Patrícia Melos "Gestapelte Frauen", einem Buch, das immerhin auf gut zweihundertfünfzig Seiten Frauenmorde schildert, einer brutaler als der andere.

Brasilien hat ein Problem mit Femiziden. Oft dauert es Jahre, bis ein Gerichtsprozess eingeleitet wird und noch ein paar Jahre länger, wenn das Opfer arm, schwarz oder eine Indigene war. Melo macht in ihrem jüngsten Roman die Schicksale realer Opfer sichtbar. Das ist tröstlich einerseits und zugleich umso niederschmetternder, denn die Ausrede, das Gelesene sei doch nur Fiktion, gilt eben nicht. Eine Rechtsanwältin, von ihrem Ex aus dem vierten Stock geworfen. Eine Frau, im Streit um ein Videospiel vor den Augen des Sohnes vom Ehemann erschossen. Alles wirklich passiert.

Patrícia Melo und das Krimigenre verbindet eine Art Hassliebe. Sie schreibe über Verbrechen, um den Zustand der brasilianischen Gesellschaft zu erfassen, und nicht, um in eine Genreschublade gesteckt zu werden, betont sie immer wieder und wird doch hartnäckig als Krimiautorin etikettiert. Gleich zweimal erhielt sie den Deutschen Krimipreis, 1998 für "O Matador" und 2014 für "Leichendieb". Ihre Geschichten folgen mäßig sympathischen Tunichtguten mitten hinein in die kriminellen Unterbäuche der brasilianischen Metropolen. Die nunmehr Zwölfte wagt den Schritt in die Provinz - die wiederum empfindlich reagiert, wenn ihr idyllisches Image leidet.

Unsere Junganwältin reist in die von dichtem Wald umgebene Mittelstadt Cruzeiro do Sul, um dort für ihre Kanzlei den Prozess gegen die Mörder einer Indigenen zu beobachten. Der Abstand zu São Paulo kommt ihr gelegen, denn ihr Freund Amir - dieser charmante, intelligente Mann - hat ihr im Eifersuchtsrausch eine Ohrfeige verpasst.

Tatsächlich lässt sich "Gestapelte Frauen" nur schwerlich außerhalb des Krimigenres denken. Aber Melos Stilwillen, die Freiheit, mit der sie souverän um generische Versatzstücke herum schreibt, zeigt sich schon auf den ersten Blick in der variablen Struktur ihrer Kapitel. Einige sind mit den Buchstaben des Alphabets überschrieben. Andere sind durchnummeriert, beschreiben kurz und knapp verschiedene Mordfälle. Zuerst erinnert die Aufmachung an nüchternen Aktensprech, doch Melo bringt die Worte in einen singenden Rhythmus, ordnet sie in Versen an, so dass sie Poesie entfalten. Dann die dritte Kapitelform, diesmal nach den Buchstaben des griechischen Alphabets benannt: das sind die Abschnitte, in denen die Anwältin dem Ayahuasca zuspricht, einem Pflanzensud mit psychedelischen Nebenwirkungen.

Die phantasievollen, nicht selten brutal rachelustigen Visionen rücken "Gestapelte Frauen" in die Nähe des magischen Realismus. Aber mit dem Vorwurf des Kulturkolonialismus muss man Patrícia Melo nicht kommen. Sie nutzt die Szenen in den Dörfern der Indigenen auch, um deren schwierigen Stand in der Gesellschaft aufzuzeigen. Die Armut, die Diskriminierung, die ständige Gefahr, dass das verbliebene Land der nächsten Landstraße, der nächsten industriellen Anbaufläche zum Opfer fällt. Die Momente aber, in denen die Anwältin, berauscht von kriegerischen Amazonen, von fliegenden Körperteilen und immer häufiger auch von den verdrängten Traumata ihrer Kindheit phantasiert, bieten eine Möglichkeit, trotz der erklärten Abwesenheit komplexer Figurenpsychologie zu ihrem Kern durchzudringen. Die meiste Zeit über ist sie schwer zu greifen; nicht nur, weil sie namenlos bleibt, sondern auch, weil Melo ihren aufgewühlten Geisteszustand im Whodunit-Part der Geschichte, jenem Teil der Geschichte also, der einem klassischen Krimiplot am nächsten kommt, gekonnt benutzt, um ihre Leserschaft in die Irre zu führen.

Erneut ist es an diesen Stellen in erster Linie der Stil, der die falschen Fährten legt: Ständig erreichen die Anwältin Textnachrichten - manche mit Absender, manche anonym -, die die Autorin kursiv gedruckt und zunächst scheinbar zusammenhanglos in den Text einstreut, wo sie ihren immerzu hochfrequent aus allen Rohren feuernden Rhythmus aus Ellipsen und Aufzählungen für einen Augenblick stocken lassen. Als wäre man es selbst, der diese unheimlichen Nachrichten bekommt, die einen aus dem Tagesablauf herausreißen und jeden konzentrierten Gedanken im Keim zu ersticken drohen.

Wer Patrícia Melo liest, muss sich damit abfinden, dass man sich in ihren Texten kaum an Gewissheiten festhalten kann. Das einzig Faktische sind die Stapel getöteter Frauen.

KATRIN DOERKSEN

Patrícia Melo: "Gestapelte Frauen". Roman.

Aus dem Portugiesischen von Barbara Mesquita.

Unionsverlag, Zürich 2021.

256 S., geb., 22,- [Euro].

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon Elenchen_h am 06.09.2024
Als ihr Partner Amir ihr auf einer Party in der Kanzlei eine Ohrfeige gibt, nimmt sie eine Stelle im entlegenen Cruzeiro do Sul an. Sie soll als beobachtende Anwältin an Gerichtsprozessen zu Femiziden teilnehmen und diese für ihre Kanzlei dokumentieren. Einer der Fälle, der Mord an der 14-jährigen indigenen Txupira beschäftigt sie besonders. Die drei Täter, junge Männer aus reichen Elternhäusern, werden frei gesprochen. Sie setzt alles daran, doch noch eine Verurteilung zu erwirken, und tut sich mit einer lokalen Journalistin und der Rechtsanwältin zusammen. Als die Journalistin ermordet wird und Amir in Acre auftaucht, spitzen sich die Ereignisse zu.Die brasilianische Autorin Patrícia Melo schreibt in ihrem Roman "Gestapelte Frauen", übersetzt von Barbara Mesquita, über Femizide in ihrer Heimat, die von der vorwiegend männlichen Politik geduldet werden. Die brutalen Morde an Frauen, weil sie Frauen sind, werden gerichtlich kaum geahndet. Hier setzt Melo an und lässt ihre namenlose Ich-Erzählerin an Gerichtsprozessen teilnehmen, die Geschichten der ermordeten Frauen sammeln und dokumentieren. Von allen Seiten lauert in diesem Buch Gefahr: Amir, der gewalttätige Partner der Protagonistin, belästigt sie mit Telefonterror und lauert ihr in Acre, einer entlegenen Gegend Brasiliens, auf, der Vater der Protagonistin hat ihre Mutter ermordet, als diese gerade drei Jahre alt war, Männer aus dem Umfeld des Prozesses um die ermordete indigene Txupira bedrohen die Protagonistin und schrecken auch vor weiteren Morden nicht zurück. Trotz dieser schweren, gewaltvollen Thematik schafft Patrícia Melo einen spannenden, mit wechselnden Erzählstimmen ausgestatteten Roman, der im Kopf bleibt. Abgesehen von den an magischen Realismus grenzenden Kapiteln im Drogenrausch der Protagonistin habe ich "Gestapelte Frauen" mit Begeisterung gelesen, das Buch mutet fast wie ein Kriminalroman an, nur besser!
LovelyBooks-BewertungVon Christian1977 am 07.01.2024
Wichtig und wütend, leider aber auch drastisch, plakativ und vorhersehbar. Originell strukturiert.