Weiß hier irgendjemand was ein Nachtalb ist? Nein? Ich kannte diese faszinierenden Wesen bisher auch noch nicht, obwohl mir schon viele phantastische Geschöpfe in Büchern über den Weg gelaufen sind. Nachtalbe dringen nachts, wenn die Menschen schlafen, in deren Träume ein, um eben diese zu stehlen. Dadurch entsteht sogenannte Albgalle, die, wenn sie nicht wieder abgegeben wird zu einer tödlichen Vergiftung für den Alb führen kann. Aus diesem Grund sind die Albe gezwungen dieses Abfallprodukt mit Hilfe von Albträumen wieder abzugeben. Der Mensch bekommt bis auf die vielleicht unruhige Nacht mit schlechtem Traum nichts von dem ganzen Prozess mit.
Isra, die Protagonistin aus dem Roman Nachtlügen der deutschen Autorin Lisanne Surborg, ist ein solcher Nachtalb. Sie lebt eigentlich zwei Leben, eines am Tag und eines in der Nacht. Sie hat eine Liste mit Menschen, die sie regelmäßig besucht und denen Sie Albträume schenkt. Als einer ihrer Träumer zu Tode kommt, muss sie unbequeme Fragen gegenüber der Albgesellschaft beantworten. Für Isra beginnt ein Lauf gegen die Zeit auf der Suche nach der Wahrheit. Und was hat ihre Familie mit der Sache zu tun?
Lisanne Surborg hat mit Nachtlügen einen spannenden Fantasy-Roman geschrieben, der auf den ersten Blick gar nicht so phantastisch daherkommt. Das liegt vor allem daran, dass der Roman in der Menschenwelt spielt und die Albe ohne deren Wissen eben wie Menschen mit ihnen
koexistieren. Die Autorin hat den Alben eine eigene Gesellschaft spendiert. Von dieser erfährt man als Leser immer zwischen den Kapiteln, den Intermezzi. Hier kommen in einer Art Kurznachricht Persönlichkeiten zu Wort oder bekannte Schriften aus der Albenwelt werden zitiert. Dies lockert den Lesefluss der eigentlichen Geschichte auf.
Leider genügt das nicht, um vollends zu überzeugen. Obwohl das Buch knapp 450 Seiten hat, passiert zu wenig, um den Leser/in bei der Stange zu halten. Der Schreibstil ist zwar sehr ausschweifend und informativ , aber der Inhalt fesselt nicht. Die Lust, die Ursache für den Tod von Isras Träumern zu erfahren, lässt mit der Zeit nach. Das Ende geht dann zwar auch völlig in Ordnung, hängen bleiben wird davon aber nicht viel. Das ist schade, da die Ausgangslage so spannend ist. Da wäre mehr drin gewesen. Die Geschichte könnte man sich besser als Graphic Novel oder Film vorstellen. Da würde das Potential voll zur Geltung kommen.
Fazit: Die Zielgruppe sollte Nachtlügen auf jeden Fall mal antesten. Richtet sich das Buch doch auch eher an die jüngeren Romantasy/Dark Romance Leser/innen, ohne jedoch allzu viel auf Gefühlsduselei aus zu sein. Auch wenn das Potential der Geschichte nicht vollends ausgeschöpft wird, unterhalten tut der Roman dennoch. Solide!