Saudi-Arabien ist ein Land, wo ich jetzt nicht unbedingt alleine hinreisen würde. Neugierig hat es mich aber schon immer gemacht. Deswegen habe ich mich sehr über dieses Buch gefreut, dass tiefere und vor allem persönliche Einblicke in diesem Land gewährt. Obwohl die Politik natürlich immer noch eine Rolle spielt, lernt man hier die Gesellschaft in seiner Alltäglichkeit kennen. Man begegnet viele sympathische und hilfsbereite Menschen, lernt mehr über die verschiedene Traditionen innerhalb dieses Wüstenlandes und staunt über die vielen Gegensätze, die man eigentlich nicht erwarten würde.
Nadine Pungs nimmt uns mit quer durch Saudi-Arabien. Sie schreibt direkt und subjektiv. Man erlebt alles durch ihre Augen, trotzdem hat man das Gefühl, selbst dabei zu sein. Was mir sehr gut gefallen hat, ist ihre Ehrlichkeit. Falls sie Angst hatte oder ihr etwas nicht gefallen hat, hat sie das genauso aufgeschrieben, als ihre vielen tollen Erfahrungen. Auch wenn ein Ort, den sie besucht hat, nicht viel zu bieten hatte, hat sie das einfach offen erwähnt. Deswegen habe ich mich auch immer so mit ihr gefreut, wenn es dann doch noch eine schöne Überraschung gab, was in der Regel an den unglaublich gastfreundlichen Menschen gab, die sie begegnet ist.
Durch die Lektüre dieses Buches habe ich Saudi-Arabien auf jeden Fall viel besser kennengelernt. Mir ist klar geworden, dass es ein extrem komplexes Land ist mit vielen warmherzigen Einwohnern. Einerseits ist es eine absolute Monarchie, wo man sich hüten muss, etwas negatives über das Königshaus zu sagen. Andererseits hat sich das Land in den letzten Jahren sehr gewandelt. Es gibt mehr Möglichkeiten für Frauen sich bilden zu lassen oder Arbeiten zu gehen. Auch allgemein ist das Leben angenehmer geworden. Kinos zum Beispiel oder Musik sind nicht mehr verboten. Etwas, worüber sich die meisten Menschen in Saudi-Arabien sehr freuen.
Es gibt aber auch noch viele Traditionen, die in Ehre gehalten werden. Je nach dem wo man sich im Land befindet, wird strenger darauf geachtet. In Riad, der Hauptstadt, zum Beispiel ist alles viel lockerer als in Nadschran, wo die Stammeszugehörigkeit noch immer eine wichtige Rolle spielt. Die Geschichte des Mannes, der noch nie das Antlitz seiner Frau gesehen hat, weil sie immer Niqab trägt, sie aber schon sechs gemeinsame Kinder haben, finde ich schon bemerkenswert. Andererseits wird von vielen Frauen in dem Buch berichtet, dass sie eine Vollverschleierung als Freiheit empfinden. Sie können sich hinbewegen wohin sie wollen und werden nicht wiedererkannt. Als sie dann aber nur unter Frauen sind und ihre Abayas, Kopftücher und Niqabs ablegen, ist immer dieses Staunen da, wenn man seine Gesprächspartnerin zum ersten Mal ins Gesicht blicken kann. Übrigens tragen nicht alle Niqab. Das darf man als Frau in Saudi-Arabien mittlerweile selbst entscheiden.
Gegenüber der vielen Traditionen steht die hohe technologische Entwicklung, die man im Land beobachten kann. Vieles ist schon komplett digitalisiert worden und auch Apps wie SnapChat sind sehr beliebt. Große Bauvorhaben werden geplant und unglaublich viele junge Menschen haben einen Universitätsabschluss.
In diesem Land gibt es unglaublich viel zu entdecken. Historische Stätte, Museen, unglaublich schöne Architektur, leckeres Essen und sympathische, gastfreie Menschen. Man wird aber auch mit unschönen Sachen konfrontiert: die vielen Gastarbeiter, die oft als zweitrangig angeschaut und nicht immer gut behandelt werden oder, dass man oft vor verschlossenen Türen steht, wenn man was besuchen möchte, weil die Öffnungszeiten eher flexibel gehandhabt werden. Trotzdem bin ich der Meinung nach dem Lesen dieses Buches das Saudi-Arabien eine Reise wert ist und viel zu bieten hat. Egal ob man tatsächlich hinreisen möchte oder nicht, ist dieses Buch unglaublich lesenswert, wenn man dieses Land, seine Einwohner, seine Geschichte und seine Kultur besser kennenlernen möchte. Mir hat es auf jeden Fall unglaublich gut gefallen.