Im Gespräch mit Frauke Scheunemann

Frauke Scheunemann, geboren 1969 in Düsseldorf, ist promovierte Juristin. Sie absolvierte ein Volontariat beim NDR und arbeitete anschließend als Journalistin und Pressesprecherin. Seit 2002 ist sie freie Autorin. Ihre Romane um den kleinen Dackel Herkules waren monatelang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Frauke Scheunemann ist verheiratet und lebt mit ihrem Mann, ihren vier Kindern und dem kleinen Hund Elmo in Hamburg.

Sie wurden 1969 in Düsseldorf geboren und sind promovierte Juristin. Heute leben Sie mit Ihrer großen Familie in Hamburg, veröffentlichen erfolgreich Romane und haben Ihre Leser zuletzt mit der Dackel-Herkules-Serie bezaubert, eine Folge heiterer Romane, erzählt aus der Sicht eines Hundes. Wie kamen Sie als Juristin dazu, Geschichten zu schreiben?
Zum einen haben Jura und Sprache sehr viel miteinander zu tun: Wer vor Gericht überzeugen will, darf sich dabei nicht nur auf Paragraphen verlassen, er muss auch gut argumentieren und formulieren können. Zum anderen habe ich schon während meines Studiums und Referendariats als Journalistin gearbeitet und deswegen nach meiner juristischen Ausbildung noch ein Volontariat beim Norddeutschen Rundfunk gemacht. Ich habe mich also schon immer sehr gern mit Geschichten beschäftigt.

Im Frühjahr 2015 erschien der erste Band Ihrer neuen Romanreihe um die Anwältin Nikola Petersen der sich um eine kleine Anwaltskanzlei im quirligen Hamburger Karolinenviertel dreht. Was hat Sie auf diese Idee gebracht?
Nach dem Dackel Herkules wollte ich gern wieder aus Sicht eines Menschen schreiben - ich hatte Angst, dass ich sonst irgendwann anfange, zu bellen... Dem Genre der Familienkomödie wollte ich aber treu bleiben, weil mir dieses Thema einfach großen Spaß macht und ich das Gefühl habe, dass es da noch sehr viel zu erzählen gibt. Also dachte ich über eine Heldin nach, die als arbeitende Mutter und aufgrund ihrer speziellen Familiensituation immer wieder vor neuen Herausforderungen steht. Außerdem: Im Hamburger Karoviertel habe ich selbst einige Zeit gelebt, Juristin bin ich auch - was liegt für einen recherchefaulen Menschen da näher, als genau dieses Setting in einem Roman zu verwursten?

Können Sie Ihre neue Heldin und die Ausgangssituation, in der sie zu Beginn der Romanserie steckt, kurz beschreiben?
Im Mittelpunkt steht die 38-jährige Anwältin Nikola Petersen, Mutter des fünfjährigen Max und der zwölfjährigen Tessa. Nach dem frühen Tod ihres Mannes bewältigt Nikola ihren anstrengenden Job und den turbulenten Familienalltag mit Hilfe von Schwiegermutter Gisela, einer pensionierten Lehrerin mit eigenwilligen Ansichten in punkto Kindererziehung und Lebensführung. Als ihre neuen Nachbarn, zwei reizende Norditaliener, in Schwierigkeiten geraten, besteht Gisela darauf, dass Nikola ihnen mit allen Mitteln beispringt, die Recht und Gesetze bieten...

Mit welcher Art Fällen bekommt es Nikola in ihrer Kanzlei zu tun?
Nikola ist Fachanwältin für "Feld, Wald, Wiese"... sprich: Ihre Fälle sind wirklich das pralle Leben - vom Bauern, der seinen Führerschein verliert, der Mutter, die ihren geizigen Ex auf Unterhalt verklagt oder der Oma, die Ärger mit den Stadtwerken hat.

Also steht im Zentrum von weniger der juristisch-kriminalistische als vielmehr der menschliche Aspekt. Welche Rolle spielt dabei der Humor?
Wahrscheinlich haben Sie es schon erraten: Eine sehr große! Ehrlicherweise kann ich "ernst" so gar nicht. Habe ich schon mal versucht - aber selbst die traurigsten Stoffe werden bei mir komisch.

In Ihren Dackel-Herkules-Romanen entsteht Komik häufig durch die Dackelperspektive: Der Blick des Außenstehenden, in diesem Fall des Hundes, auf das, was wir Menschen tun, lässt uns das allzu Vertraute plötzlich unerhört, befremdlich oder absurd erscheinen. Kann eine ähnliche Wirkung entstehen, wenn man mit dem arglosen Gerechtigkeitsempfinden des Laien versucht, einen juristischen Sachverhalt zu durchdringen?
Ja, genau so ist es. Ich glaube, Deutsch-Hund / Hund-Deutsch ist leichter zu übersetzen als Deutsch-Anwalt / Anwalt-Deutsch...

Neben verzwickten Fällen in der Anwaltskanzlei sorgen auch Nikolas Schwiegermutter, ihre Kinder und nicht zuletzt ihre zahlreichen Verehrer für Chaos und amüsante Verwicklungen. Inwieweit ist Ihr eigener Familienalltag Inspirationsquelle für Ihre Romane?
Ich habe auch zahlreiche Verehrer. Ansonsten ist alles frei erfunden. Nein, im Ernst: Jeder, der Kinder hat und arbeitet UND vielleicht noch eine engagierte Mutter oder Schwiegermutter sein Eigen nennt, kann die ein oder andere Anekdote erzählen. Da geht es mir nicht anders und natürlich findet man ein wenig davon auch in meinen Romanen.

Woher stammen die Ideen für Ihre Charaktere, beispielsweise für Nikolas ersten Mandanten, den charmanten Norditaliener Tiziano, der zugleich ihr neuer Nachbar ist, oder für Schwiegermutter Gisela, eine energische pensionierte Hauptschullehrerin mit eigenwilligen Ansichten über Lebensführung?
Die letzten Jahre habe ich Teile des Sommers am Gardasee verbracht und mich spontan in die Menschen vor Ort verliebt - sehr freundlich, sehr charmant, sehr hilfsbereit. Genau so stelle ich mir Tiziano vor. Auch bei Gisela musste ich nicht lange nachdenken - meine Mutter hat über vierzig Jahre an einer Hauptschule unterrichtet und so konnte ich den ein oder anderen Charakterzug für Gisela ausleihen. Ansonsten ist meine Mutter allerdings völlig anders. Was aber Fiktion und was Zustandsbeschreibung ist, wird nicht verraten!

Sie sind verheiratet mit einem Journalisten, haben vier Kinder und einen kleinen Hund. Wie schaffen Sie sich die Freiräume zum Schreiben?
Schreiben ist in diesem Punkt ein Bürojob wie jeder andere auch: Ich arbeite, wenn die Kinder in der Schule und im Kindergarten sind, also ungefähr von 8 bis 16 Uhr.

Bisher waren Ihre Romane in der Großstadt angesiedelt. Nun liegt zwar die Anwaltskanzlei von Nikola mitten in Hamburg, aber ihre Familie lebt in einem alten Bauernhaus in Hove, einem ländlich geprägten Stadtteil an der Peripherie Hamburgs. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Landleben?
Ich bin ein Landei. Geboren zwar in Düsseldorf, aber dann zog es meine Eltern an den linken Niederrhein, genauer gesagt nach Büttgen, damals 5.000 Einwohner. Wenn man die Kühe und Schweine mitzählt.

In der Serie verbinden Sie vieles, was auch Ihr Leben bisher geprägt hat: die Ausbildung zur Juristin, die Freude am Schreiben, die Vorliebe für turbulente Komödien, die zentrale Bedeutung der Familie. Ist für Sie damit ein Traum in Erfüllung gegangen?
Fast. Der Traum geht in Erfüllung, wenn meine Leserinnen und Leser an diesem Buch so viel Spaß haben, wie ich, als ich es geschrieben habe.

Das Interview führte Elke Kreil.
Frauke Scheunemann