Geschichten, die nur für eingefleischte Fans von Tolkien interessant sein dürften
Wie der Titel dieser Rezension bereits sagt, sind die beiden Werke nicht für jeden Leser geeignet. Wie in so manch anderen Bewertungen zu lesen ist, sind Manche enttäuscht, da sie etwas ähnliches erwartet hatten wie "der Herr der Ringe" oder "der Hobbit", oder auch "das Silmarillion". Die beiden vorliegenden Werke sind mit keinem der genannten Bücher zu vergleichen, stellen sie doch kein exakt abgeschlossenes Werk dar. Ich selbst muss sagen, dass es sich manchmal sehr zäh gelesen hat und ich habe gut 1 Jahr gebraucht, bis ich es durch hatte. Und dennoch muss ich glatte 4 Sterne hergeben, denn wer sich mal Gedanken über die Arbeit macht, die sich Christopher Tolkien hier angetan hat, dann ist das schon aller Ehren wert. Denn die vorliegenden Geschichten sind Sammlungen von handschriftlichen Notizen der frühesten Versionen von J.R.R. Tolkiens Mittelerde-Saga.Man könnte es fast ein bisschen mit der Edda vergleichen, jenem Buch der nordischen Sagen. Band 1 beinhaltet dabei die Göttersagen, Band 2 quasi die Heldensagen. Das bedeutet, dass Band 1 überwiegend die Valar behandelt, während Band 2 die Sagen der Elben und Menschen in den Mittelpunkt stellt.Alles ist in eine Rahmenhandlung gebettet, nämlich dass die Geschichten in der Hütte des vergessenen Spiels erzählt werden. Band 1 beginnt mit Eriol, dem Seefahrer, der auf der Elbeninsel Tol Eressar landet und dort den Geschichten lauscht. Er hört von der Musik der Ainur und damit der Erschaffung der Welt; von den Vala, die die Welt betreten und vom Aufruhr Melkos.In Band 2 werden überwiegend die Sagen um Turin Turambar, Beren und Luthien sowie die legendäre Stadt Gondolin in den Mittelpunkt gestellt.Wenn man genau aufpasst, liegt hier die ursprüngliche, die Vorgängerversion des Silmarillions vor. Der Geist der Geschichten ist noch ursprünglicher, und ich muss gestehen, manche Ideen hatten mir in ihrem Ursprung fast etwas besser gefallen. So wird Melko, der dunkle Feind und das personifizierte Böse, hier noch etwas roher dargestellt, was besonders in der Beschreibung seiner ersten Festung Utumna (hier schön zu sehen die Namensänderung) deutlich wird. Die Behausung ist ein finsterer Ort, der nur von Kohlefeuern erhellt wird und in dem sich abscheuliche Kreaturen tummeln.Mein absoluter Top-Favorit ist allerdings die Geschichte um die Stadt Gondoin in Band 2. Das Ereignis wird im Silmarillion deutlich kürzer dargestellt, doch in den verschollenen Geschichten wird geradezu ein Heldenepos erzählt. Die Erzählung um Tuor ist so ein starkes Werk, was mich sehr traurig stimmt, dass J.R.R. Tolkien es nie wirklich fertig gebracht hat. Es hätte ein weiteres Meisterwerk und ein Bestseller werden können.Die beiden Bücher sind jedoch nicht einfach als Sammlung von Erzählungen anzusehen. Wer das tut, ist hier wirklich falsch. Es ist überaus interessant zu erfahren, welche Entwicklungen manche Geschichten im Laufe der Jahre gemacht haben. Die Tatsache, dass Christopher Tolkien sich in jahrelanger Arbeit die Mühe gemacht hat, die Notizen seines Vaters durchzusehen und einigermaßen verständlich zusammen zu bringen, ist bemerkenswert. Denn damit hat er den Erfindungsreichtum seines Vaters erhalten. Ein Werk, das nicht für jeden geeignet ist, sondern man sollte sich bewusst sein, dass es kein abgeschlossenes Werk ist. Wer sich darauf einlässt, wird ein Lesevergnügen der besonderen Art haben.